Mehr Rechte für Telefon- und Internetkunden

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Nach rund einem halben Jahr Verhandlungen zwischen dem Ministerrat und dem Europäischen Parlament erhielt gestern das so genannte Telekom-Paket die letzte Zustimmung der EP-Abgeordneten. / Von unserem Redakteur Guy Kemp, Straßburg

Strittig war insbesondere die Frage, unter welchen Bedingungen der Zugang zum Internet für Einzelne gesperrt werden kann.

Eigentlich hätte das gesamte Paket bereits im Mai angenommen werden sollen. Doch nahmen die EU-Parlamentarier eine wesentliche Änderung an dem mit dem zuständigen EU-Ministerrat ausgehandelten Kompromiss vor. Die EU-Parlamentarier wollten nicht hinnehmen, dass allein die Internetanbieter darüber entscheiden dürften, wann ein Kunde vom Netz, also vom Zugang zum Internet abgeschnitten werden soll. Was sie in einem von Liberalen und Grünen eingebrachten Änderungsantrag zum Ausdruck brachten.
Über diese Frage musste dann schließlich in einem Vermittlungsverfahren zwischen Ministerrat und Parlament eine Lösung gefunden werden. Wobei sich die EP-Abgeordneten im Prinzip durchsetzen konnten. Demnach darf künftig der Zugang zum Internet nur nach einem „vorherigen, fairen und unparteiischen Verfahren“ eingeschränkt werden. Das bedeutet, dass der Kunde sich vor den zuständigen Justiz- oder Verwaltungsbehörden verteidigen kann, bevor es zu einer Internetsperrung kommt. Bis es jedoch so weit ist, gilt die Unschuldsvermutung, und es liegt am Beschwerdeführer, die Beweise für einen eventuellen Verstoß gegen geltendes Recht vorzulegen.
Welche Verstöße im Zusammenhang mit der Nutzung des Internets zu einer Sperrung führen können, können die EU-Mitgliedstaaten selbst entscheiden, dazu gibt es keine Vorgaben in der Rahmen-Richtlinie. Eine Internetsperrung ohne diese vorherige Anhörung dürfte jedoch möglich sein, wenn beispielsweise terroristische oder kinderpornografische Inhalte verbreitet werden.

KlarereInformationen

Die EU-Parlamentarier wollten mit ihrer Forderung, diese Änderung vorzunehmen, deutlich machen, dass der Zugang zum Internet ein grundlegendes Recht ist, da er den freien Zugang zu Informationen und die Meinungsfreiheit betrifft.
Die beteiligten politischen Akteure zeigten sich gestern nach der Abstimmung im Straßburger Plenum zufrieden darüber, dass das Gesetzgebungsverfahren nach zwei Jahren Verhandlungen abgeschlossen werden konnte. Die sozialistische EP-Abgeordnete Catherine Trautmann erklärte, dass die nun vorliegenden Garantien für die Internetnutzer ein Maximum seien, das bei den Verhandlungen mit dem Ministerrat erreicht werden konnte. Trautmann hob dabei hervor, dass die EU damit eine weltweite Vorreiterrolle bei den Rechten im Telekommunikationsbereich einnehme.
Wovon insbesondere auch die Telefonkunden profitieren sollen. So werden diese künftig die Möglichkeit haben, innerhalb eines Werktages den Anbieter von Kommunikationsdiensten zu wechseln und dabei ihre Rufnummer mitzunehmen. Auf Letzteres hat der Kunde jetzt bereits ein Recht, jedoch war das immer wieder mit langen Wartezeiten verbunden. Im Allgemeinen sollen die Betreiber den Kunden klarere Informationen über ihre Verträge geben, etwa über die Vertragslaufzeit, die Preise und Tarife oder wenn zu bestimmten Diensten und Inhalten kein Zugang besteht.
Weiter sollen die von einem Betreiber verlangten Preise und Tarife mit jenen anderer vergleichbar sein. Zudem sollen die Anbieter dafür sorgen, dass sie den Kunden zu angemessenen Preisen einen Mindestdienst anbieten können. Dieser „Universaldienst“ umfasst neben Telefongesprächen und Telefaxen auch den Zugang zum Internet. Der Zugang zu Notrufnummern wie der 112 soll ebenso kostenlos sein wie ein Telefonauskunftsdienst. Die Kunden sollen bei Datenpannen, also wenn beispielsweise ihre persönlichen Daten im Internet einem Diebstahl zum Opfer gefallen sind, unverzüglich vom Anbieter informiert werden.

Mehr Investitionenerwartet

Für die zuständige luxemburgische EU-Kommissarin Viviane Reding war die Abstimmung gestern im EP ein „großer Sieg für den Binnenmarkt“. Es werde mehr Wettbewerb geben und die Telekommunikations-Industrie erhalte mit den neuen Regeln mehr Rechtssicherheit. Reding erwartet sich nun vor allem mehr Investitionen in Hochgeschwindigkeits- bzw. Breitbandnetze, von denen noch viele Regionen in der EU ausgeschlossen sind. Dies wird durch eine Reform der Frequenzvergabe und den Übergang von der Analog- zur Digitaltechnik ermöglicht. Dadurch werden viele Frequenzen frei, die ebenfalls für neue Anwendungen genutzt werden können.
Die EU-Mitgliedstaaten werden rund eineinhalb Jahre Zeit haben, die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen. 

NEUE RECHTEFÜR DEN KUNDEN

o Betreiberwechsel Wechselt ein Telefonkunde zu einem anderen Anbieter, muss dies innerhalb eines Werktages geschehen können.

o Vergleich Die Preise und Tarife eines Anbieters sollen so vorliegen, dass sie mit jenen andererAnbieter verglichen
werden können.

o Cookies Internetnutzer müssen ihre Zustimmung geben, bevor Cookies gesetzt werden können. Cookies sind Profildateien oder Programme, die von Internetseiten auf dem Computer gespeichert werden.

o Notrufnummern Notrufnummern wie die 112 oder Dienste der Telefonauskunft sollen dem Kunden kostenlos zur Verfügung stehen.

o Mobiltelefon gestohlen Es soll eine einheitliche europäische Telefonnummer eingerichtet werden, über die ein gestohlenes Handy gemeldet und sofort
gesperrt werden kann.
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o Ab wann Diese und andere Bestimmungen (siehe Text) sollen spätestens ab April und Mai 2011 gelten.