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Israelische Soldaten töten pro-palästinensische Aktivisten

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Die israelischen Streitkräfte haben am Montag einen internationalen Schiffskonvoi mit Hilfsgütern für den Gazastreifen gestürmt und neunzehn Aktivisten getötet. Mehrere Dutzend Menschen, darunter einige Soldaten, wurden nach Angaben der Streitkräfte verletzt.

(aktualisiert 31.05.2010, 14.28 Uhr)

Die internationale Gemeinschaft reagierte empört, die Türkei berief ihren Botschafter ab. Was genau sich in den frühen Morgenstunden im Mittelmeer abspielte, war unklar. Ein Reporter berichtete von einem der Schiffe, die Israelis hätten schon geschossen, bevor sie an Bord gekommen seien. Die israelischen Streitkräfte wiederum erklärten, die Soldaten seien mit Messern, Eisenstangen und scharfer Munition attackiert worden.

„Die haben diesen Angriff geplant“, sagte ein Militärsprecher. Generalstabschef Gabi Aschkenasi erklärte, gewalttätige Aktivisten hätten die Soldaten zum Schusswaffengebrauch gezwungen. Verteidigungsminister Ehud Barak machte die Organisatoren des Hilfskonvois für die Gewalt verantwortlich. Er sprach von einer „politischen Provokation“. Die Organisation Free Gaza, die den Konvoi zusammengestellt hatte, nannte das israelische Vorgehen „abscheulich“. „Wir sind Zivilisten“, sagte Sprecherin Greta Berlin auf Zypern.

Auch Schriftsteller Mankell dabei

Über die Identität der Opfer wurde zunächst nichts bekannt. An Bord der Flottille waren etwa 700 Menschen, darunter europäische Politiker,  ebenso wie der Bestsellerautor Henning Mankell und die Friedensnobelpreisträgerin Mairead Corrigan Maguire aus Nordirland.

Die sechs Schiffe, auf denen sich 10.000 Tonnen Hilfsgüter und 700 Aktivisten befanden, wurden von der israelischen Marine ins Schlepptau genommen und in die Hafenstadt Aschdod eskortiert. Hubschrauber brachten die Verwundeten in israelische Krankenhäuser. Die Bundesregierung reagierte „bestürzt“. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit müsse gewahrt bleiben, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. „Der erste Anschein spricht nicht dafür.“  Außenminister Guido Westerwelle forderte eine umfassende Untersuchung. Er sei „sehr besorgt angesichts des schweren Vorfalls“.

Sondersitzung der EU-Außenminister

Die Europäische Union verurteilte die „exzessive Gewaltanwendung“. Eine Untersuchung müsse nun klären, wie es zu der Tragödie gekommen sei, erklärte EU-Außenpolitikchefin Catherine Ashton. Die EU-Botschafter in Brüssel beraumten für den Nachmittag eine Sondersitzung an. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas rief im Westjordanland drei Tage der Trauer aus und forderte eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates und der Arabischen Liga.
Siehe auch:
Luxemburgs Aussenminister
verurteilt Angriff

Der Ausgang der Militäraktion in internationalen Gewässern ist ein Alptraum-Szenario für Israel, dessen internationales Ansehen weiter beschädigt wird. Zudem belastet der blutige Zwischenfall die ohnehin schon angespannten Beziehungen zur Türkei, und das für Israel unangenehme Thema Gaza rückt noch stärker in den internationalen Blickpunkt. Türkische Aktivisten hatten an der Solidaritätsflotte großen Anteil.

In der Türkei war die Empörung über das israelische Vorgehen darum besonders groß. Die türkische Regierung erklärte, Israel habe internationales Recht verletzt und müsse mit Konsequenzen rechnen. Der türkische Botschafter wurde aus Israel abberufen, drei gemeinsame Militärmanöver mit Israel wurden abgesagt. In Istanbul zogen etwa zehntausend Türken vom israelischen Konsulat zum Stadtzentrum. Die Polizei verhinderte die Erstürmung des Konsulats. Israel warnte seine Bürger vor Reisen in die Türkei. Israelis, die sich bereits dort aufhielten, sollten sich bedeckt halten und größere Menschenansammlungen in den Innenstädten meiden, hieß es.


Blockade vor drei Jahren verhängt

Der Konvoi hatte am Sonntag vor Zypern die 400 Kilometer lange Reise zum Gazastreifen begonnen. In dem von der militanten Hamas beherrschten Gebiet leben 1,5 Millionen Palästinenser. Die Schiffe sollte ihnen Güter bringen, die wegen der israelischen Blockade dort nicht mehr hingelangen, beispielsweise Zement und anderes Baumaterial. Israel hatte die Blockade nach der Machtübernahme der islamisch-fundamentalistischen Hamas im Jahr 2007 verhängt. Es war bereits der neunte Konvoi, den die Aktivisten in Richtung Gaza auf den Weg schickten, um international auf die Lage der Palästinenser in dem Gebiet aufmerksam zu machen. Die jetzt attackierte Flotte war die bislang größte ihrer Art.

AP