Von unserer KorrespondentinBirgit Holzer, Paris
Die Schlinge um Frankreichs Arbeitsminister Eric Woerth, dem die Verwicklung in den Steuerskandal um die Milliardärin Liliane Bettencourt vorgeworfen wird, zieht sich immer enger zusammen.
Heute ist es seine eigene Aussage, die Schlagzeilen macht: Ja, gab er nun zu, er habe im Frühjahr 2007 dem damaligen Innenminister Nicolas Sarkozy in einem Brief vorgeschlagen, Patrice de Maistre den Verdienstorden der französischen Ehrenlegion, die ranghöchste Auszeichnung des Landes, zu verleihen. Das sei aber völlig banal: „Ich habe gehandelt wie viele Abgeordnete.“
Ganz so banal ist es wohl aber doch nicht: Woerth stritt bislang eine Eigeninitiative an der Ehrung, die er selbst durchführte, und jede Beteiligung an der Affäre Bettencourt ab.
Gefälligkeit für den Minister
Patrice de Maistre ist Hauptberater der L’Oréal-Erbin, die die Regierungspartei UMP mit Parteispenden förderte – entgegengenommen vom einstigen UMP-Schatzkanzler Eric Woerth. Ihrer Ex-Buchhalterin zufolge soll er sogar 150.000 Euro illegale Parteispenden für Sarkozys Präsidentschaftswahlkampf angenommen haben, was er bestreitet.
Gespräche zwischen De Maistre und Bettencourt, die ihr Butler heimlich aufgezeichnet hat, deckten außerdem den gewaltigen Steuerbetrug der L’Oréal-Erbin auf.
Eine Steuerprüfung gab es nicht – dabei hatte der damalige Finanzminister Eric Woerth gnadenlose Jagd auf Steuerflüchtlinge angekündigt.
Seine Frau wiederum arbeitete bei Bettencourts Vermögensverwaltung, die Patrice de Maistre untersteht. Die Gesprächsmitschnitte lassen keinen Zweifel daran, dass der Job für die Gattin eine Gefälligkeit für den Minister darstellte.
Woerth und die Rentenreform
So bizarr und belastend die Zusammenhänge auch wirken, Woerth beteuert seine Unschuld und sieht sich als Opfer einer „medialen Steinigung“.
Dabei prüft sogar der Generalstaatsanwalt des Kassationsgerichts, Jean-Louis Nadal, ob er vor einem Sondergericht für die Vergehen von Regierungsmitgliedern ein Verfahren wegen des Verdachts auf Begünstigung und Amtsmissbrauch einleiten soll.
Und das zum unpassendsten Zeitpunkt: Ab Dienstag stellt Woerth die Eckpunkte für die umstrittene Rentenreform vor, die das Renteneintrittsalter, das bislang bei 60 Jahren liegt, hinaufsetzen soll. Die Gewerkschaften haben zu einem nationalen Streiktag aufgerufen.
Es handelt sich um das Prestige-Projekt des angeschlagenen Präsidenten, der damit seine Durchsetzungskraft unter Beweis stellen will. Doch der Bettencourt-Skandal beschert Sarkozy nicht nur einen geschwächten Arbeitsminister. Er gerät auch selbst ins Zwielicht.
Präsidentschaftswahl finanziert?
Längst ist aus der skurrilen Familienfehde eine Staatsaffäre geworden. An ihrem Ursprung stand eine Klage von Bettencourts Tochter Françoise gegen den exzentrischen Künstler François-Marie Banier, er habe die Schwäche der alten Dame ausgenutzt, und ihr Geschenke im Gesamtwert von 993 Millionen Euro abgeluchst. Erst kürzlich entschloss sich Bettencourt, ihren Günstling zumindest doch nicht zu ihrem Haupterben zu machen.
In Baniers Tagebuch, in dem er Gespräche mit Bettencourt als Material für einen Roman aufschreibt, fanden die Ermittler nun den Hinweis, Sarkozy habe am 26. April 2007 und damit zwischen den beiden Etappen der Präsidentschaftswahl, eine Spende bei Frankreichs reichster Frau erbeten. Das widerspricht Baniers früherer Beteuerung, die Namen Sarkozy und Woerth seien nie gefallen.
Das deckt sich aber mit Aussagen der ehemaligen Buchhalterin, die von einem „wahren Défilé“ der Politiker in der Milliardärsvilla in Neuilly-sur-Seine und zunächst auch von Besuchen des damaligen Bürgermeisters, Nicolas Sarkozy, sprach. Das nahm sie später zurück.
Medienberichten zufolge wollte auch Banier die Notiz, die den Staatschef in Verlegenheit bringt, der Polizei gegenüber nicht weiter erklären: „Vielleicht war es ja nicht für ihn.“
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