Aktien, Aktien, Aktien und ein wenig Anleihen, das könnte eine Strategie sein, die das Investmenthaus Schröders im kommenden Jahr fahren wird. Möglicherweise wird es aber auch ganz anders: Anleihen, Anleihen, Anleihen und dazu Aktien. Immerhin, sagt Patrick Vogel, der verantwortliche Kredit-Stratege für Europa und Großbritannien, habe Schroders massiv in den Bereich der Obligationen investiert. Das bisherige, fast reine Aktienhaus, das sich auf 90 Analysten für Aktien stützt, hat sich nun 30 Analysten für den Festzinsbereich zugelegt und arbeitet in diesem Bereich mit zwei großen Plattformen. Im Aktienbereich verwaltet das Finanzunternehmen 79 Milliarden Euro, im Obligationenbereich 39 Milliarden. Unter dem Strich ergibt sich ein deutlicher Aufholbedarf bei den Obligationen.
Vogel ist Experte für den Kreditbereich und untersucht hier Qualität. „Die Qualität von Krediten lässt eine Aussage über Unternehmen zu“, sagt Vogel und erläutert, dass seine Mannschaft im Kreditbereich Szenarien erstellt, mit denen – hoffentlich – die Zukunft abgebildet werden kann. Europa, gibt er freimütig zu, macht ihm das Leben dabei nicht leicht. „Der europäische Markt scheint jedes Jahr für drei Monate zu schließen, weil es immer irgendeine Krise gibt“, sagt er.
Europäischer Markt ist nicht einfach
Einfach macht der europäische Markt es ihm aber auch nicht, weil die Entwicklungen sehr unterschiedlich sind. Dazu zwei Tendenzen: Die Europäische Zentralbank hat sich zu einer US Zentralbank nach europäischem Muster entwickelt. Verständlich sei auch, dass Deutschland nach zehn Jahren Anstrengung nun keine Lust habe, sich nun auf die Rolle des Zahlmeisters einzulassen.
Und dann kommt die Charge in Richtung Frankreich. Der Experte für die Schwellenländer würde derzeit eher in Schwellenländern denn ich Frankreich investieren, denn dort sei der „return“ besser. Vogel wird keine weiteren französischen Staatsanleihen kaufen, weil seine Portfolios gut besetzt sind, dafür aber in Unternehmensanliehen investieren. Eine gewisse Unsicherheit im Bezug auf Frankreich will er nicht abstreiten. „Der Markt spricht bereits laut über Frankreich“, Sagt Vogel und fügt an: Frankreich wird auf der Fiskalseite (sprich Staatshaushalt) nun zu liefern haben“. Vogel gibt auch zu, dass er als Stratege und Entscheider bei Schroders zu den Marktteilnehmern gehört und daher seine Entscheidungen auch schon getroffen habe.
Zusammensetzung des „Marktes“
Vogel, der erst im August von der Deutschen Asset Management, der Anlagegesellschaft der Deutschen Bank nach London gewechselt ist, bewegt sich in einem Markt von 1,5 bis zwei Billionen Euro. „Der Markt“, sagt er in einem der Seminare, die während der internationalen Medientage angeboten werden, „besteht zu 40 Prozent aus Finanzinstitutionen, 20 Prozent aus Versorgern aus Energie und Wasserwirtschaft, aber auch Gas und Netzgesellschaften, die wegen der neuen Energien auf den Markt treten.“
Unternehmen wenden sich von den Banken ab finanzieren sich über den Anleihenmarkt. Gerade fünf Prozent kommen aus der Industrie wie etwa Automobil oder globalen Gesellschaften. Die Aufstockung der Analysten im Bereich der Anleihen ist für ihn absolut nötig. „Wenn Sie heutzutage eine Anleihe eines Telekom-Unternehmens kaufen wollen, dann befinden sie sich in einer neuen Welt. Früher hatte man einen Festnetzanschluss, heute gibt es in einer Familie sechs und mehr Handies, die dauernd wechseln. Aus der Stabilität von früher ist für die Telekom-Gesellschaften die Volatilität von heute geworden. Schroders legt kein eigenes Geld an, sondern das der Kunden, die Fondsanteile kaufen. Analysten müssen die jeweilige Welt verstehen, die je nach Branche unterschiedlich kompliziert ist. Deutlich wird immerhin, dass die periphären Euro- oder auch Krisenländer von Finanzhäusern wie Schroders nicht allein gelassen werden. Die Finanzwelt investiert in die Wirtschaft der Staaten. Insgesamt hat Vogel mit seinem Team die Summe von zehn Milliarden Euro für Investitionen zur Verfügung.
Die „Austerität“ wirkt nicht, urteilten die Ökonomen der Finanzgesellschaft. Sie sehen vielmehr in der westlichen Welt einen Bruch in der Entwicklung. Deutschland und die USA befänden sich in einem klaren Aufwärtstrend, die Eurozone in einem Abwärtstrend. Das gälte auch für Spanien und für Italien, sagen der Chefvolkswirt Keith Wade und der Europa Volkswirt Azad Zangana. In Großbritannien sehen sie einen Aufwärtstrend, weil hier eine deutliche Rückführung der Staatsausgaben erfolgt sei.
Unterschiede
Ein Unterschied in der Entwicklung sei zwischen den USA und Europa zu erkennen. In der Eurozone ginge die Kreditvergabe immer noch zurück, wie auch in Großbritannien. In den USA hingegen zeige die Kreditvergabe nach oben. Diese Auffassung vertritt auch der Währungsexperte Haardep Dogra, der die Geldströme in den USA untersucht hat. Dogra zeigt in seinem Seminar, dass das Geld, das die Federal Reserve in den Markt gepumpt hat, nun von den Banken langsam als Kredite in Industrie und Konsum weitergeleitet wird. Die USA stünden am Beginn eines Aufschwungs. Dafür spreche auch, dass die Häuserpreise in den USA anziehen. In Europa hingegen sollen zahlreiche Banken weiterhin das von der europäischen Zentralbank ausgeschüttete Geld auf Konten der EZB liegenlassen.
Die Schroders Volkswirte gehen davon aus, dass es im kommenden Jahr in den USA ein Wachstum von plus 0,4 Prozent geben wird. Sollte die Eurokrise im kommenden Jahr gelöst sein, könnte es in Europa ein Wachstum von 0,8 Prozent geben. Die Zinskurve wird 2013 „flach wie ein Pfannkuchen sein“. Keith Wade: „Wer sein Geld als Bargeld behält oder es aufs Sparbuch legt, verliert Geld.“
Ganz unbehindert fanden die zehnten internationalen Medientage nicht statt. Zahlreiche Flüge wie der der Luxair wurden von London City nach London Stansted wegen schlechter Sicht umgeleitet. Ein Flug aus Zürich nach London fiel gleich ganz aus. London im November: Die Stadt und die Finanzwelt versanken im Nebel.
De Maart

Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können