Auf Kollisionskurs

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(Reuters/Ibraheem abu Mustafa)

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Palästinensische Messerattacken sorgen in Israel für Angst. Beide Seiten schieben sich gegenseitig die Schuld zu. Auf US-Kritik an den Sicherheitskräften reagiert Israel empört.

Nach einer Welle der Gewalt hat sich der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern gefährlich zugespitzt. Die Führungen beider Seiten beschuldigen sich gegenseitig des Terrorismus. Israels Justizministerin Ajelet Schaked warf dem Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas am Donnerstag vor, er hetze sein Volk zu immer neuen Gewalttaten gegen Israel auf und bezeichnete ihn als „Terroristen“.

Während einer Fernsehansprache am Mittwochabend hatte Abbas dem jüdischen Staat eine Politik der Aggression und „Siedlerterror“ vorgeworfen. Israel habe „Kinder kaltblütig hingerichtet“, sagte der Palästinenserpräsident und nannte dabei als Beispiel einen 13-jährigen Palästinenser, der am Montag nördlich von Jerusalem schwer verletzt worden war. Nach israelischen Angaben hatte der Junge vorher bei einem Anschlag gemeinsam mit einem 15-Jährigen ein gleichaltriges israelisches Kind lebensgefährlich mit einem Messer verletzt. Der ältere Jugendliche wurde von israelischen Sicherheitskräften erschossen.

Jerusalem rechtfertigt sich

„Der (palästinensische) Junge, von dem er spricht, ist am Leben und liegt im (israelischen) Hadassah-Krankenhaus“ teilte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Donnerstag mit. Entgegen palästinensischen Vorwürfen halte Israel den Status quo auf dem Tempelberg in Jerusalem ein. Abbas missbrauche hingegen Religion auf zynische Weise und verleite sein Volk damit zum Terrorismus, hieß es in der Mitteilung.

Der Streit um den Tempelberg gilt als einer der Auslöser für eine Serie palästinensischer Schuss- und Messerattacken, bei denen seit Monatsbeginn sieben Israelis getötet und Dutzende verletzt worden sind. Mehr als 30 Palästinenser wurden getötet, knapp die Hälfte davon Attentäter, die im Zuge ihrer Anschläge erschossen wurden. Die anderen starben bei Unruhen im Westjordanland oder bei Zusammenstößen mit dem israelischen Militär am Grenzzaun zum Gazastreifen. Rund 1500 Palästinenser erlitten nach Angaben des Roten Halbmonds bei Konfrontationen Verletzungen.

Religiösen Krieg verhindern

Abbas rief die internationale Gemeinschaft zum Eingreifen auf, um einen religiösen Krieg zu verhindern. Prinzipiell dürfen nur Muslime auf dem Tempelberg beten, der aber auch Juden heilig ist. Die Palästinenser befürchten, dass Israel immer mehr Juden eine Sondergenehmigung für Besuche auf dem Areal erteilt und damit die Kontrolle der Muslime über die drittheiligste Stätte im Islam aushebelt.

Die USA äußerten sich am Mittwoch „tief besorgt“ über die neue Gewalt in Nahost. Außenminister John Kerry sei sehr entschlossen, bald in die Region zu reisen, sagte sein Sprecher John Kirby in Washington. Menschen auf beiden Seiten in dem israelisch-palästinensischen Konflikt seien schuldig, „Akte des Terrorismus“ begangen zu haben. Israels Sicherheitskräfte hätten möglicherweise in einigen Fällen „übertriebene Gewalt“ angewandt.

Israel reagierte empört auf die US-Kritik. Polizeiminister Gilad Erdan von der konservativen Regierungspartei Likud sagte dem israelischen Armeesender am Donnerstag, das US-Außenministerium sei „traditionell feindselig“ Israel gegenüber eingestellt. Auch Verteidigungsminister Mosche Jaalon (Likud) kritisierte die US-Äußerungen scharf. „Wir setzen übertriebene Gewalt ein? Wenn jemand ein Messer zückt und man ihn tötet, ist das übertriebene Gewalt?“ Die USA hätten offenbar eine „verzerrte Sicht“ des Konflikts, sagte er dem Armeesender.

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