Abgeordnete verlangen Hilfe für EU-Autoindustrie

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Das Europäische Parlament wird sich heute mit der Frage beschäftigen, wie der von der Krise betroffenen Automobilindustrie und ihren Zulieferern geholfen werden kann. Der luxemburgische EU-Parlamentarier und Vizepräsident der Sozialisten im Europäischen Parlament, Robert Goebbels, präsentierte gestern die Haltung seiner Fraktion zu diesem Thema./Guy Kemp

Der Sektor ist in einer riesigen Krise“, sagte Robert Goebbels und dokumentierte dies anhand einer Reihe von Zahlen (siehe Kasten). Darunter würden nicht nur die Autobauer, sondern in einem stärkeren Maße die Lkw-Sparte leiden. „Wir müssen daher Mittel und Wege suchen, wie wir dieser zentralen Industrie in der Europäischen Union helfen“, so Goebbels weiter, wozu die EP-Abgeordneten ihre Ideen in einer gemeinsamen Resolution vorlegen wollen.
Die Krise in der Automobilindustrie sei nicht nur eine konjunkturelle, sondern auch eine strukturelle. Daher sollten finanzielle Hilfen und Investitionen dazu genutzt werden, die Automobilproduktion auf die neuesten technologischen Entwicklungen umzustellen, etwa um energieeffizientere Motoren herzustellen. Mit den Belegschaften der in Not geratenen Unternehmen und ihren gewerkschaftlichen Vertretungen solle in den kommenden Wochen und Monaten „ein echter europäischer Sozialdialog“ geführt werden, fordert die SPE in ihrem Resolutionsentwurf, weshalb die EP-Abgeordneten in diese Betriebe gehen müssten, um dort mit den Leuten zu reden, erläuterte Goebbels. Er plädiert dafür, so wenig Stellen wie möglich in den entsprechenden Betrieben abzubauen und den Beschäftigten Weiterbildungsmaßnahmen anzubieten. „Alles andere wäre nicht nur eine Tragödie für diese Leute, sondern auch ein wirtschaftlicher Fehler. Denn wenn in ein, zwei Jahren die wirtschaftliche Erholung wieder einsetzt, dann werden diese Leute gebraucht“, so Goebbels.

Diebstahlgeistigen Eigentums

Die Finanzierung der Restrukturierungsmaßnahmen in der Automobilbranche müsste über die Europäische Investitionsbank (EIB) erfolgen, fordert die SPE. Denn keine Geschäftsbank würde derzeit das Risiko eingehen und mehr als 50 Millionen Euro Kredit gewähren, erklärte Goebbels. Die EIB, die sich in seinen Augen „immer mehr zu einem zentralen Arm der europäischen Wirtschaftspolitik entwickelt“, wolle allein in diesem Jahr 66,4 Milliarden Euro in die europäische Wirtschaft investieren. Davon sollen acht Milliarden Euro in die Automobilindustrie fließen, die jedoch einen Bedarf von rund 16 Milliarden Euro angemeldet habe, führte Goebbels weiter aus. Seine Fraktion habe daher eine Kapitalaufstockung der EIB vorgeschlagen, denn „jede Milliarde der EIB kann mindestens verfünffacht werden“, so der luxemburgische SPE-Politiker weiter. In diesem Sinne sollten ebenfalls jene fünf Milliarden Euro verwendet werden, die die Europäische Kommission als europäischen Anteil an den nationalen Konjunkturprogrammen auf den Tisch legen will, forderte Goebbels. Seine Fraktion schlägt zudem vor, die bereits in neun EU-Staaten, darunter auch Luxemburg, angebotene Abwrackprämie in der gesamten EU einzuführen. Damit würden vor allem jene Fahrzeuge gefördert, die weniger Treibstoff verbrauchten.
Nicht alle Autoproduzenten seien gleichermaßen von der Krise betroffen. „Einige sind jedoch total eingebrochen“, sagte Goebbels mit Verweis auf die europäischen Tochterfirmen des US-Autoproduzenten General Motors. Als „skandalös und inakzeptabel“ bezeichnete der SPE-Politiker in diesem Zusammenhang den Umstand, dass GM europäische Patente in US-Gesellschaften transferiert habe und diese wiederum die Patente bei der US-Regierung als Garantie für Hilfen hinterlegt haben. „Da ist etwas geschehen, das ziemlich nahe an Diebstahl geistigen Eigentums grenzt“, meinte Goebbels und forderte, dass die EU-Kommission sich hier einschalten und die Europäer gemeinsame Front machen müssten.

KRISE DIE AUTOMOBILINDUSTRIE
 o Produktion In der EU werden laut Angaben von Robert Goebbels jährlich rund 18 Millionen Autos
gebaut.

o Produktionsstätten Es bestehen 250 Produktionsstandorte in 16 Ländern.

o Beschäftigte Unmittelbar sind zwei Millionen Menschen bei den Autoherstellern
beschäftigt. Auf zehn Millionen werden die
indirekt vom Autobau
abhängig Beschäftigten geschätzt.

o Rohstoffe Die Autoindustrie verbraucht 20 Prozent der europäischen Stahl- und 35 der Aluminiumproduktion.

o Verkaufsrückgang Von Januar 2008 bis
Januar 2009 ging der Verkauf von Neuwagen um 1,2 Millionen Einheiten zurück. Die Verkaufszahlen für Lkw fielen im selben Zeitraum von 38.000 auf 600.