Technik ist nicht alles

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Ein schwedischer Elch verhalf dem Elektronischen Stabilitätsprogramm, kurz ESP genannt, zu Berühmtheit. Die Liste der Innovationen im Bereich der Fahrzeugsicherheit ist lang … und wird immer länger. Sicheres Fahren ist neben der Umweltfreundlichkeit und dem Komfort immer noch das Hauptverkaufsargument der Automobilindustrie. Die Leistung rückt nach und nach in den Hintergrund.

Die Fahrer werden von immer mehr Elektronik umgeben, auch im Bereich des Unfallschutzes. Aktive Sicherheitstechniken (ESB, ABS, Lenkung usw.) sollen so unter anderem helfen, Kollisionen zu vermeiden. Passive Sicherheit (Airbags, Gurtstraffer, „Knautschzonen“ usw.) hat als Ziel, die Unfallfolgen für die Insassen so gering wie möglich zu halten.

Die Technik macht es möglich: Da wird dafür gesorgt, dass Hindernisse auf der Straße in tiefster Nacht frühzeitig erkannt werden. Es gibt Systeme, die für den richtigen Abstand zum Vordermann sorgen, einen auf der richtigen Spur halten oder das Einparken für den Fahrer übernehmen. Die Statistiken beweisen effektiv, dass die Fortschritte in der Sicherheitstechnik die Zahl der Unfallopfer senken helfen.

Fahren lernen

Sogenannte intelligente ESB-Systeme, Radaufhängungen, Federungen, welche die Unebenheiten der Straße kompensieren, können jedoch auch gefährlich sein, weil sie dem Fahrer ein Gefühl falscher Sicherheit vermitteln und ihn, weil er die Straße nicht mehr „spürt“, zu einem gefährlichen Fahrstil verführen können.

Wie oft kommt es vor, dass man zu schnell in eine Kurve fährt, weil man die Fliehkraft nicht mehr wahrnimmt und so riskiert, die Kontrolle über seinen Wagen zu verlieren? Wie oft fährt man zu nah hinter einem anderen Wagen, weil man fälschlicherweise überzeugt ist, dass die innovativen Bremsassistenten einen vor einem Auffahrunfall schützen?

Der Fortschritt im Bereich der passiven und aktiven Sicherheit ist notwendig. Er soll und muss stetig weiter vorangetrieben werden. Aber neue Techniken entbinden den Autofahrer nicht von seiner Verantwortung. Denn erstens sind diese Hilfen nur nützlich, wenn sie einwandfrei funktionieren. Die Autohersteller betonen sicherlich, dass ein Fehlverhalten quasi ausgeschlossen ist. Doch auch heute gilt noch immer, dass ein Autofahrer sich nicht blind auf die Assistenzsysteme verlassen soll.

Zweitens entbindet die Integration von immer mehr Sicherheitstechnik in die Autos den Fahrer nicht von seiner Verantwortung auf versicherungstechnischem Plan. Auch wenn die Technik eine Rolle spielt – es ist der Fahrer, und nur er, der einen Crash verursacht oder verhindert.
Deshalb ist es wichtig, Autofahrer permanent an ihre Verantwortung zu erinnern. Und sie nicht nur mit den Grundlagen des Autofahrens vertraut zu machen, sondern ihren Wissensstand ständig zu erweitern und auf den letzten Stand zu bringen.

Neben der technologischen Entwicklung sind eine bessere Ausbildung und eine Weiterbildung der Fahrer notwendig. Diese soll nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch sein. Ziel ist es, den „Chauffeurs“ den verantwortungsbewussten Umgang mit dem Wagen, mit all seiner Technik zu vermitteln. Auf diese Weise kann man der Illusion der totalen Sicherheit und der totalen Kontrolle hinter dem Lenkrad entgegenwirken und so einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Verkehrssicherheit leisten. 

René Hoffmann
rhoffmann@tageblatt.lu