Freitag7. November 2025

Demaart De Maart

Rechtes Potenzial

Rechtes Potenzial

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Vor fast genau 75 Jahren – im Juli 1936 – begann der Spanische Bürgerkrieg. Außer der Tatsache, dass sich 102 luxemburgische Freiwillige nach Spanien aufmachten, um gegen den Faschismus zu kämpfen, liefert uns dieser Konflikt eine interessante Lektion.

Freiwillige aus der ganzen Welt engagierten sich in Spanien an der Seite der Republik für Werte wie Brüderlichkeit und Solidarität. An der Front, so erzählten später Überlebende, spielte die Nationalität des Einzelnen keine Rolle, nur die Einstellung und Überzeugung zählten. Die Kämpfer aus aller Herren Länder integrierten sich in einer Truppe.

Logo" class="infobox_img" />Claude Molinaro [email protected]

75 Jahre später stehen die Themen Integration und Solidarität, wenn auch in einem anderen Umfeld, noch immer auf der Tagesordnung.

Der Bürgermeister der Stadt Luxemburg, Paul Helminger, sagte einigen Journalisten am Rande des parlamentarischen Saisonrückblicks seiner Partei, seiner Meinung nach sei die Integration der Nicht-Luxemburger mittelfristig das wichtigste Problem unserer Gesellschaft. Wo er recht hat, hat er eben recht, der Herr Helminger.

Bei einem Ausländeranteil von bald fünfzig Prozent müsste man auch schon sehr dicke Scheuklappen tragen, um dies nicht zu erkennen. Luxemburg – wie übrigens auch Europa insgesamt – braucht die Migranten. Schon ganz einfach deshalb, weil unsere Gesellschaft altert. Wollen wir aber Gettos und ethnische Konflikte vermeiden, ist die Integration ein Muss, koste es, was es wolle.

Charismatischer Führer gesucht

Themen wie Immigration, und die damit zusammenhängende Integration, bergen leider auch – wie man in anderen Ländern sehen kann – Zündstoff für reichlich Konflikte, wenn sie denn nicht entschärft werden. Brandstifter und Provokateure gibt es auch bei uns: Luxemburg ist keine Insel. Bis dato können wir nur von Glück reden, dass die extreme Rechte hierzulande keinen charismatischen Führer hat, denn rechtsradikales Potenzial ist vorhanden; man braucht sich bloß die Stammtischkommentare der Nachrichtenblogs im Internet anzuschauen.

Auf politischer Ebene lässt die „Alternativ Demokratesch Reformpartei“ (ADR) keine Gelegenheit aus, die nationale Identität und die luxemburgische Sprache hochleben zu lassen. Gut, wir haben eine schöne Sprache und Kultur, andere Völker aber auch.

Die ADR entwickelt sich immer mehr in die Richtung einer sehr rechtslastigen Gruppierung, die nationale und soziale Themen geschickt vereint. Das Resultat dieser Operation sind soziale Nationalisten. Hinzu kommen, wie man vorige Woche anlässlich der Debatte bei der Ratifizierung der UN-Konvention zu den Rechten von Behinderten sehen konnte, ultra-konservative Überzeugungen in Sachen Gesellschaftspolitik; der Abgeordnete Fernand Kartheiser vermischte wahllos die Themen Abtreibung, Euthanasie und Rechte der Behinderten, worauf ihm zu Recht die Empörung der grünen, liberalen und sozialistischen Abgeordneten entgegenschlug. Kartheiser erwähnt ebenfalls bei jeder Gelegenheit, er sei ein guter Katholik. Ist dies so zu interpretieren, dass „gute Katholiken“ alle solche konservativen Wertvorstellungen haben müssen?

Auffallend war die Reaktion der CSV bei der besagten Debatte: Von deren Fraktion sah niemand die Notwendigkeit zum Protest. „Qui ne dit mot, consent“? Die Erklärung der CSV, dem Abgeordneten Kartheiser nicht unnötige Aufmerksamkeit schenken zu wollen, kann nicht überzeugen, denn es bedeutet nichts anderes, als den Kopf in den Sand zu stecken. Das Problem des Rechtspopulismus verschwindet jedoch nicht, indem man nicht hinsieht. Oder will die CSV nicht, dass es verschwindet?