Die Plattenlabels hingegen sind gezwungen, umzudenken, sich in ihr Schicksal zu fügen, behut- und wachsam Prognosen zu erstellen und alles Mögliche zu versuchen, sich selbst, die Künstler, vor allem aber die Urheberrechte, die sie vertreten, nachhaltig zu schützen, vorausgesetzt sie hegen den bescheidenen Wunsch, überleben zu wollen. Denn mit dem Triumphzug der Digitalisierung haben sich blutsaugende Parasiten in der Unterhaltungsindustrie eingenistet: die Raubkopierer, die mit ihrem illegalen Fishing Jahr für Jahr Schäden in Milliardenhöhe verursachen.
" class="infobox_img" />Emile Hengen [email protected]
Vergangene Woche veröffentlichte die Deutsche Gesellschaft für Konsumforschung ihre Jahresbilanz. Ihr Befund, ein unheilbarer Stich ins Herz: 185 Millionen einzelne Titel, 46 Millionen vollständige Alben, 54 Millionen Streifen, sechs Millionen Hörbücher und sagenhafte 14 Millionen E-Books wurden im vergangenen Jahr allein in Deutschland illegal aus dem Netz gezogen. Gewiss, die Dunkelziffer liegt weitaus höher. Warum aber stehlen die Menschen? Warum bedienen sie sich derart maßlos? Psychologen glauben, die Antwort auf diese verzwickte Frage zu kennen: „Weil sich Piraten hinter ihrem Rechner in Sicherheit wähnen und weil ein Großteil der illegalen Fischer zu glauben wissen, was sie zu tun haben, um keine Spuren im weltweiten Netz zu hinterlassen.“
Doch sie irren sich. Auch wenn knifflige Kodierungen mittels spezialisierter Software leicht zu umgehen sind und sich der Datentausch zunehmend in verschlüsselten Netzwerken auslagert, sind ihnen die Fahnder dicht auf den Fersen und fordern eine strengere Gesetzgebung. Wiederholungstätern soll in unseren Nachbarländern gar die Internetverbindung gekappt werden.
Die Erstellung einer privaten Kopie eines legal erworbenen Kulturguts zu unmittelbaren oder mittelbaren nicht kommerziellen Zwecken steht an dieser Stelle nicht zur Debatte. Lediglich dem wahllosen Filesharing in den digitalen Tauschbörsen soll – und muss – ein Riegel vorgeschoben werden.
Zum Stehlen konditioniert
Viele Befürworter des illegalen Downloads sind immer noch der Ansicht, dass sie mit der unverfrorenen Einstellung „Nehmen, ohne zu geben“ keiner Fliege etwas zuleide tun. Nur fragt man sich: In welcher Realität leben diese Menschen? In einer Welt ohne jegliche Tabus, in der man jeden nach Belieben bestehlen darf? Selbst ihre Aussage, dass Menschen, die sich pausenlos in illegalen Tauschbörsen tummeln, letzten Endes mehr legale Tonträger erwerben, ist nichts anderes als eine triviale Farce, ohne stichhaltige Beweise. Die Menschen werden konditioniert und regelrecht dazu erzogen, bedenkenlos Kulturgüter aus dem Netz zu ziehen, ohne auch nur einen Gedanken an all die Menschen zu verschwenden, die sie mit ihrem gesetzeswidrigen Handeln schädigen.
Ein kleines und auf Luxemburg bezogenes Beispiel, das man nach Belieben auf andere Künstler – selbst auf Majors – beziehen darf und das illegale Fischer zum Nachdenken anregen soll: Vier Wochen lang weilten vier ambitionierte Musiker aus Esch in Seattle, wo sie gemeinsam mit einem einflussreichen Produzenten ihre neue Platte aufzeichneten. Die vier Soundtüftler, von ihrem Talent und Ehrgeiz überzeugt, haben sich höchstwahrscheinlich hoch verschuldet, um dieses waghalsige Projekt überhaupt Wirklichkeit werden zu lassen. Ihr Label, kurz nachdem es die Platte für Tausende von Euro gepresst hat, versucht nun, diese zu vertreiben, mit möglichst vielen Partnern, die sich auf diesem Gebiet spezialisiert haben. Die neue Scheibe findet ihren Platz in Plattenläden, kann zeitgleich bequem via Mailorder bestellt, gar legal auf iTunes, eMusic und unzähligen anderen legalen Plattformen zu einem fairen Preis heruntergeladen werden.
Wird ihre neue Platte aber lediglich geshared, und dies in einer Größenordnung, dass die Kosten der Produktion nicht mehr gedeckt werden können, bedeutet dies das Aus, für die Musiker, die allen Mut und Hoffnung, von ihrer Tonkunst leben zu können, verlieren, für das Label, das wieder einmal Opfer von dreister Piraterie wurde, und für die Vertriebe, die keine Platten mehr an den Mann bringen. Gewinner gibt es in diesem „virtuellen Spiel“ keine. Nur Verlierer. Und das sind wir.
De Maart
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können