Montag3. November 2025

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Leserforum / Wer schützt den Frieden heute noch?

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Es ist still geworden um den Pazifismus. Dabei hätte er gerade jetzt eine Stimme verdient. In einer Zeit, in der nahezu alle politischen Kräfte – von links bis grün – Aufrüstung und Militarisierung mittragen, in der öffentlich-rechtliche Medien kaum noch Widerspruch zulassen und selbst Kulturprogramme in dieselbe Kerbe schlagen, fehlt es an echten Gegenstimmen. Wer heute wagt, sich offen gegen Waffenlieferungen oder Eskalationsrhetorik zu stellen, riskiert Ausgrenzung. Und das oft nicht einmal durch direkte Repression – sondern durch ein gesellschaftliches Klima, das kaum noch Raum für Zweifel lässt. Was ist aus der Opposition geworden? Aus jenen, die früher mit Nachdruck für Diplomatie und Abrüstung eintraten? 

Auch viele Christ:innen, die sich auf die Bergpredigt berufen könnten, schweigen. Warum? Und warum melden sich ausgerechnet Umweltverbände nicht zu Wort, wenn Rüstungskonzerne hofiert werden – von Handelskammern, von Regierungen –, während die gleiche Energie selten in die Förderung ökologischer Technologien oder friedlicher Innovationen fließt?

Wer Waffenindustrie normalisiert, trägt auch Mitverantwortung für zerstörte Lebensräume, nicht nur im ökologischen, sondern auch im menschlichen Sinn. Wir erleben eine beunruhigende moralische Entkernung politischer Debatten. Die Grünen, lange Zeit Symbol für Friedenspolitik, setzen heute mehr auf Waffen als auf Vermittlung. Kritik an NATO-Strategien, an westlicher Kriegslogik, an Doppelmoral wird aber kaum noch gesendet. Sie findet schlicht keinen Raum mehr – weder in Zeitungen noch in Talkshows. Die mediale Gleichförmigkeit, die wir heute erleben, ist keine offene Debatte mehr, sondern eine flächendeckende Erzählung mit sehr engen Grenzen.

Wer heute nach einer ethischen Instanz sucht, nach einer unabhängigen, politischen Stimme, die die Einseitigkeit vieler Parteien offen anspricht – sucht oft vergeblich. Wo ist die Kommission, die sich nicht an Machtinteressen, sondern an moralischen Maßstäben orientiert?

Und was die Außenpolitik betrifft: Wer glaubt, man könne Russland durch Sanktionen oder Drohgebärden „in die Knie zwingen“, verkennt die geopolitische Realität. China und Russland stehen in einer strategischen Partnerschaft – nicht aus Sympathie, sondern aus nüchterner Interessenabwägung. Der Westen täte gut daran, endlich diplomatische Realitäten zur Kenntnis zu nehmen, statt sich in Wunschdenken zu verlieren.
Pazifismus ist kein romantisches Ideal. Er ist eine politische Notwendigkeit – in Zeiten, in denen die Logik des Militärischen zur Normalität geworden ist. Und er beginnt bei der Frage: Wer stellt sich heute noch offen gegen den Krieg?