„Und lernen wir besser uns freuen, so verlernen wir am besten, andere wehe zu tun und Wehes auszudenken.“ (Friedrich Nietzsche)
„Jetzt kommt er wieder mit seinen Zitaten“, höre ich manchen raunen. Gleichwohl. Nietzsche konnte es besser formulieren als ich und er soll uns deshalb Gewährsmann sein: Hört auf, euch wegen politisch-religiöser Überzeugungen zu töten! Frustanhäufung und Gewalt scheinen mit dem Aufkommen sozialer Medien noch einmal zugenommen zu haben. Sind wir zu Sklaven und Vollzugsgehilfen der Algorithmen geworden, die uns in Filterblasen isolieren und das Aufklärungsprojekt torpedieren?
Nein, liebe Vertreter des Zeitgeists, das hier ist keine Fanpost für Charlie Kirk. Nein, liebe Moraltrompeter von links, dies ist auch kein Aufruf zur Rache, im Gegenteil. Und: Nein, liebe Konservative, es ist auch kein Freischein für Absolutheitsansprüche. Versöhnung muss her in unseren westlichen Demokratien oder dem, was im Diskurs davon übrig ist.
Aber wie soll diese Versöhnung herbeigeführt werden? Nietzches Aufruf zu einem diesseitsbezogenen Leben ist nicht zu verwechseln mit Hedonismus oder sonstigem Frönen in sinnlicher Lust. Das hat er als Student versucht und fand es nach kurzer Zeit dröge und spießig als Contrarian und Einzelgänger, der er war. Womit der Kern seines Aufrufs freigelegt wäre: Begebt euch nicht in die Fänge irgendwelcher Herden, seien es Religionen, Parteien oder Ideologien. Sowohl Kirk als auch die sog. „extreme Linke“ wabern in jeweiligen Paralleluniversen und haben vor allem eines: Angst. Neurotisch mutet das Gebaren der Trump-Administration auf der Jagd nach vermeintlichen woken Fallstellern an. Ebenso neurotisch waren die Zehnerjahre mit ihrer woken Moralathletik: Kampf gegen den vermeintlich bösen weißen Mann. Warum diese Herden, woher diese Ängste? Die „fixe Idee“, von welcher Max Stirner in seinem epochalen Buch „Der Einzige und sein Eigentum“ spricht, sie riskiert, uns alle in den Abgrund zu reißen.
Rhetorikunterricht wie im Alten Athen und Rom, lebenslange „éducation sentimentale“, ästhetische Erziehung statt nur Ballast zum Auswendiglernen, schließlich eine Verbotskultur gegenüber sozialen Medien. Das sind nur einige der Wege, die es vielleicht zu gehen sich lohnte.
De Maart
"die uns in Filterblasen isolieren" Dank sozialer Medien. Richtige Diskussion unter Kontrahenten wurde damit abgeschafft.