LeserbriefKlimagerechtigkeit für unseren „Fonds de compensation“

Leserbrief / Klimagerechtigkeit für unseren „Fonds de compensation“
 Foto: Bloomberg

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Blackrock, die weltgrößte Investmentfirma, will Nachhaltigkeit zu ihrer zentralen Investmentstrategie machen. Dies hat ihr CEO, Larry Finck, in seinem jährlichen öffentlichen Brief angekündigt. Immerhin verwaltet Blackrock mehr als sieben Billionen US Dollar. Blackrock will dabei nicht mehr in Firmen investieren, die ein relevantes Nachhaltigkeitsrisiko vorweisen. Kohleproduzenten gehören nicht mehr zum Investitionsuniversum von Blackrock und Nachhaltigkeit soll also das neue Herzstück des Riskmanagements werden. Kein Wunder, in den USA haben Investoren allein im Jahr 2019 über 20,6 Milliarden Dollar in nachhaltige Fonds investiert – viermal mehr als im Jahr 2018. Der Klimawandel sowie die Umweltverschmutzung sind dabei die Motoren, die das Investitionsverhalten der Anleger neu definieren. Privatinvestoren sind heutzutage nicht nur auf der Suche nach Rendite, sondern wollen mit ihrem Geld auch einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft und das Klima haben, sprich nachhaltig investieren. Eine nachhaltige Investitionsstrategie ist dabei nicht mit weniger Rendite verbunden.

Im Gegensatz: Fondsmanager setzen auf nachhaltige Fonds, um Risiken zu minimieren. Eine börsenkotierte Gesellschaft, die ihr Business-Modell nicht an nachhaltige Kriterien anpasst – sprich Risiken, die unter anderem mit dem Klimawandel entstehen, nicht wahrnimmt –, schadet auf lange Sicht sich selbst und kann nicht als clevere Anlage wahrgenommen werden. Globale Anleger sind also mit einer Entscheidung konfrontiert: Entweder rechnen sie damit, dass ihre Investitionen stark beeinträchtigt werden, sollten negative Aspekte des Klimawandels ihre Industrie belasten, oder sie passen ihr Business-Modell an und setzen auf Nachhaltigkeit. Letztere Option ist ein reizvoller Grund für Investoren, um ihr Geld in eine Anlage zu verwandeln.

Da großen Fondsmanagern ein Teil der Firmen gehört, können jene so auch Druck ausüben und die Richtung des Business-Modells anpassen. Dies ist eine einzigartige Möglichkeit, um nicht nur ein Zeichen zu setzen, sondern die Firmen in ein nachhaltigeres Business-Modell zu führen. Der norwegische Pensionsfund hatte zum Beispiel eine Reihe Firmen aus seinem Investmentuniversum ausgeschlossen. Die Gründe hierfür sind divers: das Nichteinhalten von Menschenrechten, die Waffenindustrie, Kohleproduzenten oder andere umweltschädliche Produkthersteller. Im Jahr 2014 hatte das Management des Fonds beschlossen, seine Anlagen aus 53 Kohleproduzenten herauszuziehen.

Auch der luxemburgische Pensionsfonds arbeitete seit 2010 darauf hin, eine nachhaltige Investitionspolitik zu verfolgen. 2017 sollte dann eine Vertiefung dieser Strategie stattfinden, wo man sich genau anschaut, in was man investiert, um die Pariser Verträge einzuhalten. Als der zuständige Minister der „Sécurité sociale“ gefragt wurde, wie hoch die CO2-Bilanz des Fonds ist, wollte er nicht antworten. Antworten auf Fragen, welche Maßnahmen ergriffen werden, um die Pariser Verträge, genauer gesagt Artikel 2.1.c., einzuhalten, oder ob der Fonds die Klimafinanzrisiken der verschiedenen Anlagen prüft, bleiben offen. Auch Jeremy Rifkin, ein Mann, der immerhin vom Parteikollegen des Ministers konsultiert wurde, schreibt in seinem neuen Buch über die Notion „Stranded Assets“ – also Investitionen, die auf Dauer einem extremen Risiko ausgesetzt sind, weil sie abhängig sind von einem Geschäftsmodell, das die Umwelt belastet.

Dabei sind die finanziellen Risiken, die mit dem Ölgeschäft zusammenhängen, offensichtlicher denn je. Während der Corona-Krise fielen Ölaktien in Rekordtiefe. Nach einem Machtkampf zwischen Russland und Saudi-Arabien fluteten Letztere den Markt mit billigem Öl. Der stärkste Preisverfall seit 1991 sorgt für Kollateralschäden bei OPEC-Ländern, den USA und Europa. Hinzu kommt der durch den Shutdown stark reduzierte Brennstoffkonsum.

Auch der norwegische Pensionsfonds hat nach seiner Devestition aus der Kohlenindustrie mehr in Öl- und Gasfirmen investiert. Blackrock ist nach Bloomberg-Informationen noch immer einer der größten Fossilen-Brennstoff-Investoren. Unser Pensionsfonds scheint nicht anders zu sein. Der luxemburgische staatliche Pensionsfonds („Fonds de compensation“, FDC) investiert weiterhin in Shell, Total, BP, Chevron, Equinor, Fortum und andere Unternehmen für fossile Brennstoffe, obwohl er behauptet, „grün“ zu sein. Ein Vergleich mit der Global Coal Exit List (GCEL) zeigt, dass die Investitionen des FDC in große Kohleunternehmen im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr um 21% gestiegen sind. Im Vergleich zu 2015 sind es 60% mehr. Der FDC erhöhte auch seine Investitionen in Carbon Majors (die 100 aktivsten Hersteller fossiler Brennstoffe, darunter ExxonMobil, Shell, BHP Billiton und Gazprom). Oft wird im Jahresbericht von der Integration ESG gesprochen, am Ende sieht es jedoch danach aus, als geschehe recht wenig.

Man wird also das Gefühl nicht los, es handele sich hier um eine Art Greenwashing. Oft werden Konzepte wie „Best in Class“ in die Asset-Auswahl einbezogen. Best-in-Class-Investitionen (ESG) beziehen sich auf die Zusammensetzung von Portfolios durch die aktive Auswahl nur der Unternehmen, die eine definierte Ranking-Hürde erfüllen, die durch Umwelt, Sozial- und Governance-Kriterien festgelegt wurde. In der Regel werden Unternehmen nach verschiedenen Kriterien bewertet. Um verschiedene Industrien nicht komplett auszuschließen, nimmt man die Firma mit dem besten ESG-Rating. Den besten Schüler aus der Klasse, sozusagen.

Es ist ein Widerspruch, den Steuerzahler zur Kasse zu bitten, indem dieser mehr für sein Benzin bezahlen soll, sprich Steuern in die Staatskasse fließen zu lassen, und auf der anderen Seite aktiv in Ölfirmen zu investieren. Der Bürger wird hier mehr Transparenz verlangen und einen klaren Plan, wie man solche Investitionen rechtfertigen kann. Ein Fonds, der für die Zukunft investieren soll, kann diese nicht mit seinen eigenen Investitionen zerstören. Klimapolitik ist ein weltweites, multivariables Puzzle. Investitionen zu steuern, kann gegebenenfalls eine leichte Aufgabe einer umfassenden Klimapolitik sein. Es wäre ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.