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Der Rücktritt des französischen Premierministers Sébastien Lecornu nach nur 27 Tagen im Amt ist ein deutliches Symptom der tiefen Krise der Fünften Republik. Nach einer missglückten Regierungsbildung hat Frankreich die kürzeste Regierungsperiode seiner Geschichte erlebt. Ein Land, das einst für staatliche Stabilität und politische Größe stand, taumelt heute von einer Regierungskrise in die nächste. Fünf Premierminister in weniger als zwei Jahren – das hat es in der Geschichte der Republik noch nie gegeben. Der 39-Jährige versuchte das Unmögliche: ein Land zu regieren, dessen „Drahtzieher“, Präsident Macron, über keine parlamentarische Mehrheit mehr verfügt und dessen Parteienlandschaft in drei unversöhnliche Lager zerfallen ist. Doch kaum hatte Lecornu sein Kabinett vorgestellt, zerbrach die fragile Balance. Die Linke sah in der neuen Regierung nichts weiter als einen Erfüllungsgehilfen Macrons, während die Rechtspopulisten lautstark Neuwahlen forderten. Lecornu selbst sprach von einer „Blockadehaltung“ aller Parteien – und traf damit den Nagel auf den Kopf.

Emmanuel Macron trägt eine erhebliche Mitverantwortung für dieses politische Desaster. Die Auflösung des Parlaments nach der Europawahl 2024 erfolgte überstürzt. Dadurch wurde die Grundlage seiner Macht entzogen. Er hat die Belastbarkeit des institutionellen Systems überschätzt und die tiefe Zerrissenheit des Landes zugleich unterschätzt. Mit seinem autoritären Führungsstil hat der Präsident das Vertrauen vieler Franzosen verspielt. Seitdem blockiert das Parlament seine Initiativen. Heute steht Macron weitgehend isoliert da. Ist Frankreich jetzt endgültig unregierbar geworden? In der politischen Kultur des Landes gibt es weder Koalitionen noch Kompromissbereitschaft oder ein gemeinsames Verantwortungsbewusstsein. Jeder kämpft für sich – und gegen die anderen. Ohne parlamentarische Unterstützung sind jedoch alle Versuche zum Scheitern verurteilt.

Wie es weitergehen soll, ist völlig offen. Dieses Land kann sich einen solchen Stillstand jedoch nicht leisten: Mit einer Verschuldung von über 3,4 Billionen Euro ist Frankreich der EU-Mitgliedstaat mit der höchsten Verschuldung. Das Haushaltsdefizit liegt bei fast sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Wirtschaft droht zu stagnieren. Weder vorgezogene Parlamentswahlen noch die Wahl eines neuen Präsidenten oder einer neuen Präsidentin dürften die Voraussetzungen für einen echten Neuanfang schaffen. Frankreich braucht eine grundlegende Erneuerung seines politischen Systems. Die Fünfte Republik ist an ihre Grenzen gestoßen. Ohne ein neues Gleichgewicht zwischen Parlament und Regierung sowie ohne eine Kultur des Kompromisses kann sich das Land nicht weiterentwickeln. Es bleibt zu hoffen, dass letztlich Vernunft und Verantwortungsbewusstsein über Machtstreben und Parteitaktik siegen.

fraulein smilla
8. Oktober 2025 - 19.37

" Emanuel Macron est très intelligent , sauf dans un domaine : la politique "
Alain Duhamel