Dienstag18. November 2025

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Luxemburg hat eine neue Attraktion: GridX – ein privates 300-Millionen-Euro-Monsterprojekt aus 46.000 Kubikmetern Beton. Früher grasten hier Kühe, jetzt röhren V8- und V10-Karossen im Konsumpalast. Einer der Kernbereiche trägt den schönen Namen „Mobility“. Klingt nach Zukunft, klingt nach Innovation. Das Mobilitätsrad wurde aber nicht neu erfunden – in Wickringen quietscht es nur lauter und glänzt spektakulärer. „Retailtainment“ nennt man das.

Zur Eröffnung rollten vier Herren in einem Hippie-Bus vor – sind es die „GridBoys“ oder die Blumenkinder, die sich hier selbst feiern? Am Tag darauf folgte eine weitere Eröffnungsfeier unter dem Motto „Peace & Love“. Symbole einer Bewegung, die einst Konsum und Kapitalismus radikal infrage stellte, werden hier zur Staffage für die Einweihung eines Luxustempels zwischen zwei Dörfern. So echt wie ein Blumenkranz aus Plastik.

Weil ein Hippie-Bus allein nicht reicht, verwandelte sich das GridX ein paar Tage darauf in ein lebensgroßes Monopoly-Brett. Eine ehrliche Inszenierung der Wirklichkeit: Wer Kapital hat, kauft sich die Schlossallee und ein paar teure Autos. In einem Beitrag zum GridX war von den Initiatoren zu lesen, Luxemburger seien leidenschaftliche Autoliebhaber mit großen Budgets – genau dieses Bild wird hier zur Spielfläche. Und wer keines hat, erledigt seine Nahversorgung und Dienstleistungen zum Überleben ohnehin woanders – das von GridX selbst so gepriesene „Ecosystem“ funktioniert vor allem als Wirtschaftskreislauf für Premium-Marken und High-End-Dienstleistungen. Monopoly in real life.

Nachhaltigkeit? Aber sicher. Auf der eigenen Webseite schreibt GridX, ein Besuch sei „bequem und stressfrei“. Sogar mit dem Flugzeug: weniger als zwei Stunden per Direktflug aus London, Mailand, Berlin und Paris. Paris? Gute zwei Stunden mit dem TGV wären offenbar zu banal.

Luxemburg hat damit sein eigenes Monopoly in Beton gegossen – eine goldene Kuh auf der ehemaligen Weide. Gefüttert wird sie mit großen Versprechen und glänzenden Schlagworten. Gemolken wird sie von denen, die es sich leisten können.

Letztlich wird sich zeigen, ob Luxemburg sich weiter von privaten Prestigeprojekten dieser Dimension prägen lässt oder ob es gelingt, Prioritäten anders zu setzen und Räume zu schaffen, die nicht nur dem Konsum huldigen, sondern auch sozial, kulturell und ökologisch tragfähig sind. Bis dahin: Peace, Love und Würfeln bis zur Rendite.