LEITARTIKEL: Rabatte„à gogo“

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Auch wenn der Winterschlussverkauf erst gestern begonnen hat: Riesige Prozentzeichen, Schilder mit den Aufschriften „Schlussverkauf“, „Sale“ oder „Solden“ kleben schon seit ein paar Wochen an den Schaufenstern. / René Hoffmann

Der Winterschlussverkauf beginnt immer früher, auch in Luxemburg.
Seit ein paar Jahren setzen viele Geschäfte die Preise ihrer Waren schon Ende November herab und versprechen sich auf diese Weise ein gutes Weihnachtsgeschäft. Da muss man sich die Frage stellen, was eigentlich noch der Sinn der „Solden“ ist?
Laut den Verantwortlichen der Geschäftsverbände lief das Wintergeschäft hervorragend. Keine Spur von Krise, so zufriedene Ladeninhaber. Deshalb erwarten sie sich aber einen weniger einträglichen Winterschlussverkauf. „Kein Problem“, meinen die meisten Verkäufer. Die Stocks wurden bereits ordentlich abgebaut, die Gewinnspanne ist schon hoch.
In Luxemburg ist der „klassische“ Winterschlussverkauf seit 2002 verschwunden, seitdem die sogenannte Karenzzeit abgeschafft wurde. Sie bedeutete, dass während einer bestimmten Zeitspanne, vor und nach den Solden, keine Preisreduktionen vorgenommen werden durften. Jetzt können die Händler die Preise ihrer Waren das ganze Jahr über herabsetzen. Aber nur während des offiziellen, vom Gesetz festgelegten Schlussverkaufs haben sie das Recht, ihre Ware mit Verlust zu verkaufen. Das neue Gesetz bewirkt auch die Abschaffung der klassischen Sortimentsbeschränkung.
Die Abschaffung der Karenzzeit hat nun aber Vor- und Nachteile. Ein Nachteil betrifft sicherlich die kleinen Geschäfte, die nicht über die notwendigen Mittel verfügen, um die großen Massen auf ihre Preisnachlässe aufmerksam zu machen. Die wichtigen Handelsketten verfügen über das eindeutig höhere Werbebudget. Die Bedeutung der Schlussverkäufe könnte auf diese Weise abnehmen, weil die Marketingstrategien immer stärker von den Konzernzentralen bestimmt werden. Und diese sind daran interessiert, das ganze Jahr attraktive Preise anzubieten.

Sozialer Aspekt

Auch wenn die Solden weniger Stress für zahlreiche Händler mit sich bringen, bedeuten sie jedoch oft größeren Stress für die Kunden. Denn diese finden durch den früheren „Rush“ auf die Geschäfte oft nicht mehr die Ware ihrer Wahl. Wie oft kommt es zum Beispiel vor, dass man in einem Kleiderladen eine Jeans gesehen hat, die einem gefällt, die aber in der Größe, die man braucht, nirgends mehr zu finden ist? Oder dass man merkt, dass der Artikel, den man gerade eben erworben hat, in einem anderen Geschäft billiger angeboten wird? Deshalb ein guter Rat: Nichts überstürzen und immer die Preise vergleichen. Hurra-Gefühle und Desillusionen liegen oft nah beieinander.
Macht also der Winterschlussverkauf (ebenso wie der Sommerschlussverkauf) überhaupt noch Sinn?
Ja, sagen die Marktforscher. Erstens sind die meisten Kunden daran gewöhnt. Zweitens bleiben an verschiedenen Momenten im Jahr immer Restbestände in den Lagern, die geleert werden müssen, auch wenn manchmal die Qualität der Ware zu wünschen übrig lässt. Und drittens sind die Solden ein soziales Ereignis, wo die Menschen sich treffen, miteinander kommunizieren.
Vieles hängt jedoch vom Wetter ab. Bei kaltem, aber trockenem Wetter boomt das Geschäft. Regen oder massiver Schnee jedoch ist weniger beliebt bei den Ladenbesitzern, weil bei solchen Witterungsverhältnissen die Leute es vorziehen, zu Hause zu bleiben. Man kann also nur hoffen, dass der Wettergott mitspielt. Denn eine positive Bilanz der Wintersolden könnte eine positive Signalwirkung auf die wirtschaftliche Lage und Zukunft des Einzelhandels, ergo der ganzen Wirtschaft haben.

rhoffmann@tageblatt.lu