Dienstag11. November 2025

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Lebendsbedrohlich

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Internationale Tage, deren prinzipielles Ziel es ist, ein Thema ins Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken und auf diesem Weg über diesbezügliche Problemlagen zu informieren, gibt es wie Sand am Meer.

Mittlerweile ist nahezu jeder Kalendertag für mindestens eine spezielle Thematik reserviert. Dabei hat jeder Aktionstag auf seine eigene Weise sicherlich seine Daseinsberechtigung, allerdings sind die einzelnen Aktionstage – ohne eine hierarchische Klassifizierung vornehmen zu wollen – nicht immer von der größten beziehungsweise von der gleichen Wichtigkeit.
Ein internationaler Tag, dessen thematische Dringlichkeit aber unbestreitbar ist, ist der Internationale Tag der Organspende(r), der jedes Jahr am ersten Samstag im Juni (dementsprechend am kommenden Samstag) stattfindet.

Organspenden beziehungsweise Transplantationen können Leben retten, und im Laufe seines Lebens wird jeder Mensch mit großer Wahrscheinlichkeit direkt oder indirekt mit diesem Thema konfrontiert. Dringlich ist die Situation deshalb, weil mehr Menschen auf ein lebenserhaltendes Spenderorgan warten als zur Verfügung stehen. Mit dem Ergebnis, dass europaweit durchschnittlich vier Patienten pro Tag sterben, weil kein passendes Organ für sie bereit steht.

Auch und vor allem in Luxemburg ist die Spendenbereitschaft ungenügend. Hierzulande gibt es – über die vergangenen zehn Jahre betrachtet – weniger Organspenden als in den meisten EU-Staaten. Oder um es in Zahlen auszudrücken: Optimal wäre laut Experten eine Spenderquote von 25 Organspenden pro Jahr und pro Million Einwohner. Dies würde für Luxemburg bedeuten, dass, um der Nachfrage rein theoretisch nachkommen zu können, rund 13 Organe pro Jahr gespendet werden müssten. Von diesen Zahlen ist man derzeit aber sehr weit entfernt. Sogar in dem für hiesige Verhältnisse „sehr guten“ Jahr 2008 gab es laut Jorge De Sousa, einem der insgesamt vier Koordinatoren von „Luxembourg Transplant“, neun Spenden.

Katastrophale Situation

Geradezu katastrophal präsentierte sich in Sachen Organspenden das vergangene Jahr. Zwar wurden, so De Sousa, 18 oder 19 entsprechende Prozeduren eingeleitet, doch kam es in keinem dieser Fälle zum Abschluss. In anderen Worten heißt dies, dass es 2009 in Luxemburg keine einzige Organspende gab.

Auf den ersten Blick ist diese Situation unverständlich. Denn das aus dem Jahr 1982 stammende Gesetz zur Regelung von Organspenden kann an und für sich als fortschrittlich bezeichnet werden. Es beruht vom Prinzip her nämlich auf der sogenannten Widerspruchsregelung, will heißen, dass a priori jeder für eine Organspende in Frage kommt, der sich nicht zu Lebzeiten explizit dagegen ausgesprochen hat. Frei nach dem Motto „Qui ne dit mot consent“.

Warum also das schlechte Ergebnis? Hierfür gibt es mehrere Gründe. Einen ersten stellten, zumindest bis zum vergangenen Jahr, die schwerfälligen (medizinischen) Prozeduren zur Feststellung des obligaten Hirntods dar. Im Frühjahr 2009 wurden die diesbezüglichen Regelungen dann aber vereinfacht und den in den übrigen europäischen Ländern üblichen Standards angepasst.

Eine weitere Ursache für die geringe Anzahl an in Luxemburg entnommenen Organen ist dann aber, dass das oben erwähnte Gesetz praktisch so nicht zur Anwendung kommt. Das heißt, dass in der Praxis, auch wenn der potenzielle Spender sich zu Lebzeiten positiv zu einer eventuellen Entnahme geäußert hatte, in fast allen Fällen immer noch die Familienangehörigen befragt werden. Zum Beispiel waren 2009 rund die Hälfte der prozeduralen Abbrüche auf das Nein der Familie zurückzuführen.

Da die Verantwortlichen hierzulande aber nicht auf den Weg von zum Beispiel Spanien gehen und das Gesetz strikt, sprich ohne Rücksicht auf den Willen der Hinterbliebenen anwenden wollen, sind die Mittel, die zur Verfügung stehen, um eine Verbesserung der Spendensituation zu erreichen, begrenzt. Sie führen in jedem Fall aber über eine bessere Information. Dass diese wirkt, zeigt die Tatsache, dass nach jeder Sensibilisierungskampagne die Zahl der Anträge für einen Spenderausweis und zeitgleich die Zahl der Spenden steigt. So gesehen zum Beispiel im „Superspendenjahr“ 2008. Allerdings sind solche Kampagnen aufwendig. Auch und vor allem finanziell. Ein Appell demnach an die Politiker.

Tom Wenandy
[email protected]