Hinzu kommt, dass es – rein arithmetisch – eine Mehrzahl von Menschen gibt, die an dem bestehenden, rückwärtsgewandten und in keinster Weise den sozialen Realitäten und Entwicklungen entsprechenden gesetzlichen Istzustand etwas ändern könnten.
" class="infobox_img" />Tom Wenandy
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Im Klartext: Mit den Stimmen von DP, „déi gréng“, „déi Lénk“, LSAP und zumindest einer zu erwartenden Stimme aus den Reihen der ADR könnte eine echte Fristenlösung, wie sie übrigens nicht nur vom Kollektiv „Si je veux“, sondern auch von der Menschenrechtskommission und dem Staatsrat befürwortet wird, leicht eine Mehrheit im Parlament erreichen.
Aber dies ist graue Theorie, die der Komplexität der Politik und/oder der menschlichen Natur nur ungenügend Rechnung trägt. Will heißen: Obwohl es eigentlich eine klare parlamentarische Mehrheit in der Abtreibungsfrage gibt, scheint es derzeit unmöglich, eine solche auf „Chamber“-Ebene auch durchzusetzen. Symptomatisch für die wie es scheint festgefahrene Situation ist die Sitzung des parlamentarischen Justizausschusses vergangene Woche.
Während Grüne und Liberale die Abtreibungsreform noch vor der Sommerpause auf die Tagesordnung setzen wollten, sprach sich die CSV gegen diese Forderung aus. Die LSAP enthielt sich bei dem entsprechenden Votum, wodurch eine Pattsituation entstand.
Das Thema war damit vom Tisch, eine Entscheidung auf irgendwann verschoben. Wo aber liegt das Problem, warum ist die Situation so, wie sie ist?
Unterschiedliche Meinungen in der CSV
Zu behaupten, in der Koalition gebe es zum Thema Abtreibung keine einhellige Meinung, ist sicherlich richtig, doch um es nett auszudrücken, nicht unbedingt die feinste Analyse.
Denn obwohl die LSAP in der Abtreibungsfrage zweifelsohne in den vergangenen Monaten, sagen wir, ein paar eher unelegante Pirouetten bezüglich ihrer Position vollzogen hat, ist mittlerweile klar, dass die Sozialisten – wenn auch nur auf Druck von innen und außen – zu ihrer ursprünglichen Forderung nach einer Fristenlösung zurückgekehrt zu sein scheinen. Erinnern wir in diesem Zusammenhang daran, dass LSAP-Fraktionschef Lucien Lux Mitte Mai in einem Tageblatt-Interview erklärt hat, dass es in der Abtreibungsfrage an der CSV sei, sich zu bewegen. Tue sie das nicht, werde es nicht zu einer Reform kommen. Nun kann man natürlich sagen, dass unabhängig von der CSV die LSAP in Sachen Abtreibung ähnlich selbstbewusst und konsequent wie in der Euthanasie-Frage auftreten und damit eine Entscheidung herbeiführen könnte. Wie aber auch die angesprochene Abstimmung im Justizausschuss zeigt, kennt der derzeitige Widerstand der LSAP gegen den Koalitionspartner klare Grenzen.
Ob es eine einfache Mehrheitsfrage in der Regierung ist oder ob (bzw. wie) die CSV gezielt Druck auf ihren Juniorpartner ausübt, wissen wir nicht, fest steht aber – und das hat die CSV, wenn auch in anderen Worten, nach den Koalitionsgesprächen 2009 so auch angekündigt –, dass sie eine „Niederlage“ wie seiner Tage bei der Abstimmung zur Sterbehilfe nicht mehr tolerieren wird.
Nichtsdestotrotz könnte es aber dennoch zu einer Mehrheit bezüglich einer (richtigen) Reform des Abtreibungsrechts reichen.
Denn verschiedene CSV-Abgeordnete scheinen mittlerweile gewillt, sich z.B. in dem umstrittenen Punkt der zweiten obligatorischen Beratung der Meinung der Mehrheit anzuschließen.
Vieles deutet auch darauf hin, dass es mehr die Unstimmigkeiten innerhalb der CSV als jene innerhalb der Regierung sind, die derzeit eine Neuregelung verhindern. Es bleibt demnach die (zugegebenermaßen vielleicht etwas naive) Hoffnung, dass einige (CSV-)Politiker sich schnellstmöglich darauf besinnen, dass ihre Hauptaufgabe (wenn nicht sogar ihre einzige Aufgabe) darin besteht, im Sinne der Allgemeinheit, der Bevölkerung und nicht im Sinne irgendeiner Ideologie oder persönlichen Meinung zu entscheiden und zu handeln.
De Maart
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