Donnerstag6. November 2025

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Geplatzte Blogosphäre

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Was ist ein Blogger? Solche, die die Zukunft der Nachrichtenverbreitung einzig und allein als kostenlosen Service im Internet sehen, halten die Blogger für die Heroen einer neuen Art vom schnellen, unabhängigen und individuellen Journalismus.

Kritiker meinen eher, Blogger seien Menschen, die in ihren Pyjamas zu Hause rumsitzen und über Nachrichten reden, ja quasseln.

Logo" class="infobox_img" />Sascha Bremer
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Gewiss, beide Ansichten sind überzogen. Allerdings wird die öffentliche Meinung seit letztem Wochenende und der Affäre um die angebliche syrische Regimekritikerin und lesbische Bloggerin Amina Arraf – in Wahrheit ein verheirateter amerikanischer Student in Schottland – jetzt eher zur Pyjama-Ansicht neigen.

Die Aufdeckung des Betrugsfalls „Amina Arraf“ und des Nebenfalls „Paula Brooks“ zeigt, wie einfach es eigentlich ist, die Internetuser über die eigene Identität zu betrügen. Das Problem mit dem Netz, auch in Zeiten von Facebook und Twitter, bleibt die Usurpation der Identitäten. Dies ist besonders schlimm, wenn es die Sensibilität der Nachrichtenverbreitung betrifft. Das Internet kann in vielen Bereichen als technisches Hilfsmittel zu mehr Transparenz im öffentlichen Raum beitragen – z.B. die Plagiatsaffäre um Karl-Theodor zu Guttenberg. Allerdings ist dies noch lange keine Garantie, dass im Netz eben nicht geschummelt wird. Im Gegenteil.

Gerade die virtuelle Welt des Internets bedingt aber, dass die Identitäten der User zu einem großen Teil eben virtuell sind oder sein können. Das mag zwar einerseits die Anonymität der Forumnutzer und Blogger gewähren, eine Sache, die an sich nicht schlecht ist. Damit wird andererseits aber auch, wie das Beispiel von Amina Arraf sowie der tumben und doofen Forums-„Braddeler“ zeigt, viel Schindluder getrieben.

Die Konsequenzen des Amina-Arraf-Betruges sind vielschichtig. Auf den Schaden für die Aktivisten der Rechte der Schwulen und Lesben wollen wir hier nicht eingehen, sondern uns auf die Glaubwürdigkeit der Nachrichtenvermittlung zwischen den sogenannten alten (warum eigentlich?) und neuen Medien beschränken.

Zerstörte Glaubwürdigkeit

Der Betrug trifft die Gemeinde aller Blogger, auch die seriösen, dort, wo einige von ihnen angeblich mit dem professionellen Journalismus aufräumen wollten: bei der Glaubwürdigkeit. Nicht nur die, die sich eben als Helden eines scheinbar neuen journalistischen Zeitalters verstanden haben, sehen ihre – wie auch immer gewonnene – Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt. Bis auf Weiteres sieht man kaum, wie diese für die gesamte Gemeinde wieder zurückgewonnen werden kann. Ganz einfach weil es zu unübersichtlich, ja intransparent ist, mit wem man es im Falle eines Bloggers zu tun hat.

Natürlich haben auch einige Journalisten in diesem Betrugsfall Federn lassen müssen, allerdings weit weniger als die gesamte Blogger-Gemeinde, und das hat seinen Grund.

Falschmeldungen und auch manchmal Betrugsfälle gab es und wird es auch in Zukunft bei den sogenannten klassischen Medien geben. Im besten Fall, der eigentlich der Normalfall sein müsste, werden diese berichtigt. Die Leser und die Zuhörer regen sich berechtigterweise auf. Doch werden dadurch nicht der gesamte Journalismus und alle möglichen Zeitungstitel in Verruf geraten. Die Leser, die Zuhörer und -schauer wissen, im Gegensatz zu irgendeinem Internetauftritt, mit wem sie es zu tun haben. Die Qualitätsansprüche der „User“ an die Medien und an die professionellen Journalisten mögen unterschiedlich sein. Im Gegensatz zum Internet und zu den Blogs werden solche aber gestellt und stoßen dabei auf Gegenseitigkeit, weil die Nachrichtenvermittlung für die Journalisten nicht nur Leidenschaft bedeutet, sondern auch ihren Beruf und ihr Brot.

Dadurch, dass die Journalisten ihren Namen, ihre Qualitätsansprüche und ihr Talent an eine Zeitung, eine Radio- oder Fernsehanstalt, deren Geschichte und deren Qualitätsansprüche binden, entsteht eine für den Nutzer dieser Medien leicht zu erkennende Identität und damit Glaubwürdigkeit. Den Bloggern, diesen heute gescheiterten „Journalisten“, die sich weiterhin als virtuelle Individuen verstehen wollen, wird dies unter diesen Umständen nicht gelingen können.