ForumGemeinsam und schnell handeln: Zur Krise im Wohnungsbau

Forum / Gemeinsam und schnell handeln: Zur Krise im Wohnungsbau
 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Nach der Pandemie und der Krise durch den russischen Überfall auf die Ukraine rollt jetzt eine weitere Krise auf uns zu: die Krise auf dem Wohnungsmarkt und im Bausektor.

Dabei ist die heutige Situation nicht ganz neu. Schon vor über 20 Jahren, am 4. Juli 2001, legten wir konkrete Vorschläge anlässlich einer LSAP-Interpellation im Parlament vor. Es folgte eine Orientierungsdebatte und dann eine lange Funkstille. Ein neuer Anlauf wurde mit der Orientierungsdebatte von 2015 genommen.

Dies nur ein kleiner Rückblick, um zu untermauern, dass Schuldzuweisungen nach dem Motto „nachher hat man vorher schon alles besser gewusst“ heute wenig bringen. Die jetzige Situation, mit der viele Familien und Teile des Bausektors konfrontiert sind, verlangt vielmehr ein schnelles und gemeinsames Handeln all jener, die dazu beitragen können, dass die 3. Krise, die von den zwei vorausgegangenen verschärft wurde, nicht in eine hausgemachte Katastrophe ausartet.

Ein Teufelskreis

Wenn bis vor drei Jahren den enorm gestiegenen Preisen wenigstens extrem niedrige Zinsen auf Wohnungsbaukrediten gegenüberstanden, so haben die rezenten Zinserhöhungen auf Baudarlehen zum Teil dramatische Folgen für alle, die ein Darlehen aufgenommen haben oder eins aufnehmen wollen. Dies in Zeiten, in denen die hohe Inflation den Haushalten ohnehin zu schaffen macht.

Obwohl also viele sich etwas anschaffen oder mieten wollen, bricht die Zahl der Verkäufe, der neuen Projekte, der Baugenehmigungen, der Baulandkäufe regelrecht ein. Viele, die kaufen wollen, erhalten keinen oder einen geringeren Kredit von den Banken, weil sie nicht genügend angespart haben oder von den Zinsen erdrückt würden. Die Zahl der von den Banken genehmigten Immobilienkredite ist dramatisch um rund 50 Prozent zurückgegangen. Auch die Zahl der Verkäufe ist stark zurückgegangen, sodass besonders Personen mit einem Übergangskredit in Bedrängnis geraten. Nicht auszuschließen ist, dass es zu Zwangsversteigerungen kommt.

Der Bausektor möchte gerne bauen, aber potenzielle Interessenten erhalten keine Kredite. Projekte werden storniert oder die Prozeduren dauern zu lange und die Wohnungsproduktion bricht ein. Der Staat und die Gemeinden möchten, dass Wohnungen gebaut werden, aber die jetzige Flaute bewirkt das Gegenteil.

Wichtige Reformen beschlossen

Die begrüßenswerten Maßnahmen wie „Pacte logement 2.0“ sowie eine deutliche Verbesserung der Wohnungsbeihilfen werden erst mittelfristig Wirkung zeigen. Daneben müssen wichtige Gesetze wie die zum Baulandvertrag oder der Mobilisierungssteuer und ein neues Mietgesetz (wo nachgebessert werden muss) schnellstmöglich verabschiedet werden.

Dabei muss darauf geachtet werden, dass diese Hilfen schnell und bei jedem, der Anrecht darauf hat, ankommen und Neuerungen müssen auf ihre Wirksamkeit geprüft werden. Außerdem muss in der jetzigen Situation der Staat bei der Anschaffung des Eigenheimes auf Einnahmen verzichten können, die Wohnungen noch teurer machen. Es muss verhindert werden, dass Handwerk und Bausektor mit einer Konkurs- und Entlassungswelle konfrontiert werden.

Wohnrecht in der neuen Verfassung

Gemäß der fundamental erneuerten Verfassung „sorgt der Staat dafür, dass jeder Mensch über eine angemessene Wohnung verfügt“. Die Verfassung erklärt das Wohnrecht also zu einem Staatsziel, zu einer Priorität, die jeden verpflichtet, der zu diesem Ziel beitragen kann, allen voran den Staat.

Es gilt zu handeln, sofort und ohne a priori!

Wir brauchen einen Vollzeit-Wohnungsbauminister, dem alle betroffenen Ressorts zuarbeiten. Wir plädieren für die sofortige Einsetzung eines „Wohnungstisches“, der alle Akteure zusammenbringt und in die Verantwortung nimmt: Regierung, mit allen betroffenen Ministerien, Gemeinden, Bausektor und Promoter, Banken, Großgrundbesitzer, öffentliche Bauträger, Sozialinitiativen, Pensionsfonds, Sozialpartner, Mieterschutz und Vertreter der Wohnungssuchenden.

Hier gilt es, alle Karten auf den Tisch zu legen und jeden dazu zu verpflichten, seinen Beitrag zur Abwendung einer tiefen Krise zu leisten. Es gilt also nicht, nebeneinander und aneinander vorbeizudiskutieren, sondern zu klaren, verbindlichen Abkommen zu finden.

Fördern statt verhindern!

Dabei wird es nicht darum gehen, Pflaster auf ein hölzernes Bein zu kleben, sondern konsequent die Ursachen der Krise zu bekämpfen.

Es gilt, Menschen die notwendigen Kredite für den Erwerb eines Eigenheims wieder zugänglich zu machen. Jemand, der fähig ist, regelmäßig seine Miete zu zahlen, müsste auch fähig sein, seinen Baukredit zurückzuzahlen. Staat und Banken müssen über erweiterte Staatsgarantie, flexible Rückzahlungsmodelle, Abfederung der Zinsexplosion, besonders auch bei teuren Überbrückungskrediten, stärkere Berücksichtigung der Rückzahlungsfähigkeit sowie gerechte Sparzinsen dazu beitragen.

Ursachen für überlange Prozeduren müssen ergründet und beseitigt werden. Aus Spekulationszwecken zurückgehaltenes Bauland muss erschlossen und bebaut werden. Bauformen wie Fertigbau oder Übergangswohnungen und Betriebswohnungen dürfen kein Tabu sein.

Es versteht sich von selbst, dass der Staat, die Gemeinden und die gemeinnützigen Initiativen die Mittel erhalten müssen, um genügend bezahlbare Mietwohnungen bereitzustellen. Der Ankauf von Projekten, die angesichts der jetzigen Krise nicht verwirklicht werden, sind ein Mittel dazu.

Da vor den Wahlen alle Interessenvertreter und Parteien mehr oder weniger konkrete Vorschläge auf den Tisch gelegt haben, dürfte der Wohnungstisch auf eine gute Basis zurückgreifen können. Fest steht, dass niemand allein die Krise im Wohnungs- und Bausektor stemmen kann. Deshalb müssen wir diese Herausforderung im Sinne der Verfassung gemeinsam und schnell angehen.

Damit der Traum von der bezahlbaren Wohnung nicht zum Albtraum wird und es nicht zu einer Konkurs- und Entlassungswelle kommt.

Mars di Bartolomeo und Yves Cruchten sind Abgeordnete der LSAP 
Mars di Bartolomeo und Yves Cruchten sind Abgeordnete der LSAP  Foto: privat
 Foto: privat

jung.luc.lux
2. Oktober 2023 - 15.01

Diese Krise ist alt. Zwei Mal Gambia und nichts ist besser. Wohnungspolitik der letzten 10 Jahren verdient eine glatte Null.

Romain
2. Oktober 2023 - 11.32

Natur erhalten. Ein Werbetext jeder Partei. Aber alles zubetonieren