Die Oktoberrevolution wird wegretuschiert

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über Neoliberale Geschichtsschreibung.

In einem längeren Artikel gedachte das Luxemburger Wort am Mittwoch, dem 25. Oktober, der russischen Oktoberrevolution. Pardon, die gab es ja eigentlich gar nicht, so die Lesart des Moskau-Korrespondenten Stefan Scholl.

Sie war nämlich gar keine (richtige) Revolution (so wie die in Libyen, in Syrien oder auf dem Maidan?), sondern „nicht mehr als ein mittelmäßiger Militärputsch“.
Warum dann der Aufwand eines ganzseitigen Artikels, hundert Jahre nach einem so unbedeutenden Ereignis, ist man versucht zu fragen.

„Unbedeutender Militärputsch“?

Um der These vom unbedeutenden „Militärputsch“ ein Körnchen Glaubhaftigkeit zu verleihen, wird dieser Wendepunkt der Weltgeschichte, der das gesamte 20. Jahrhundert prägte wie kein anderer, auf die Einnahme des Winterpalastes durch die bolschewistischen Arbeiter und Soldaten reduziert. Der historische Kontext, nämlich die im Blut erstickten Revolutionen in Ungarn, Deutschland usw., wird übergangen.

Der sich anschließende Bürgerkrieg, aus dem die Revolution siegreich hervorging, wird nur am Rande erwähnt, wohl um auf den „roten Terror“ hinweisen zu können. Die fremden Expeditionskorps, welche die Revolution im Auftrag der imperialistischen Mächte militärisch abwürgen sollten – USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Serbien, Finnland, Rumänien, die Türkei, Griechenland und Japan schickten ihre Truppen – kommen bei Herrn Scholl überhaupt nicht vor.

Herr Scholl übersieht geflissentlich, dass die Oktoberrevolution ihre Fortsetzung in grandiosen Aufbauleistungen fand, in einer erfolgreichen Industrialisierung, in einer bis dahin beispiellosen Alphabetisierung und Bildung der ärmeren Schichten des Volkes (1), in wissenschaftlich-technischen und kulturellen Glanzleistungen (2 ) unter schwierigsten Bedingungen.

Er schweigt sich darüber aus, dass sie ein welthistorisches Großereignis war, das einläutete, was man mit Fug und Recht einen „Welt-Bürgerkrieg“ genannt hat. Er übersieht, dass zu ihren Folgen sowohl der deutsche „Weltanschauungskrieg“ gegen die Sowjetunion als auch die schließlich daraus resultierende Befreiung der Völker vom Faschismus gehören.

Gleiches gilt für den erfolgreichen antikolonialen Befreiungskampf der unterdrückten Völker nach dem Zweiten Weltkrieg und die chinesische Revolution. (Aber vielleicht war auch die nur ein unbedeutender „Militärputsch“?)

Ohne Oktoberrevolution kein „Sozialstaat“

Der wahren Bedeutung der russischen Oktoberrevolution wird sehr viel eher Serge Halimi gerecht, der seinem Beitrag zum Thema in der Zeitschrift Le Monde diplomatique den expliziten Titel „Das Jahrhundert Lenins“ gab.

Darin hebt Halimi hervor, dass „Diese Tatsache bleibt: Trotz seiner Niederlagen, selbst in seinen entartetsten Formen, hat das gesellschaftliche System, das ein Drittel des Planeten beherrschte, und mit ihm die wichtigste politische Bewegung des vergangenen Jahrhunderts, praktisch überall die Abschaffung des kapitalistischen Besitzes an den Produktionsmitteln, die Entwicklung der Bildung, die kostenlose medizinische Versorgung, eine Emanzipation der Frauen, die Unterstützung [… ] der antikolonialen Bewegungen und der von ihnen gegründeten unabhängigen Staaten bedeutet.“ (3)

Vor allem aber erwähnt er, unter Berufung auf den Weltbank-Ökonomen Branko Milanovic, die nicht ganz unwesentliche Tatsache, dass seit dem Zerfall der Sowjetunion, den man in manchen Kreisen als Untergang des Kommunismus feierte, der weltweite Zuwachs an Reichtum gleichzeitig eine stetig wachsende soziale Ungleichheit bewirkt. Bis dahin, seit 1914 bzw. 1917, war das exakte Gegenteil der Fall gewesen.

Dies war den sozialen Kämpfen der Arbeiterbewegung in den kapitalistischen Ländern geschuldet, aber ebenso der Existenz einer sozialistischen Alternative und der Konkurrenz zwischen den Systemen, also letztlich dem Roten Oktober.

Er war eine Ermutigung, eine Quelle der Kraft und der Hoffnung für Millionen unterdrückter Menschen auf der ganzen Welt. Nun, hundert Jahre nach der Oktoberrevolution, fühlen sich die Mächtigen wieder sicher, und ihre Lohnschreiber erlauben sich, die Verflossene symbolisch zu fleddern, indem sie sie als mittelmäßigen Militärputsch darstellen.

Allerdings stellt Serge Halimi am Ende seines Artikels fest, was angesichts der Krisen und der Klassenkämpfe, die die neoliberale Weltordnung immer wieder erschüttern, hoffen lässt: „die Gespenster sind zurückgekehrt, und die Mumie der Revolution bewegt sich noch.“

Das Ende der Geschichte, das man uns aus den USA prophezeite, weil der Kapitalismus auf ewig gesiegt habe, war eine Illusion. Das letzte Wort ist längst nicht gesprochen.

Albert Ettinger

1)Man lese dazu von Nicolas Fornet: „Priorité à l’éducation des masses“ in Le Monde diplomatique, Oktober 2017, S. 6, 7
2) Evelyne Pieiller: „Alors l’art se souleva“ in Le Monde diplomatique, Oktober 2017,
S. 10-11
3) Serge Halimi, „Le siècle de Lénine“, in Le Monde diplomatique, Oktober 2017, S. 5

Serenissima, en Escher Jong
14. November 2017 - 13.53

Völker hört die Signale usw...nein danke, das will heute keiner mehr hören, obwohl das Zarenregime in Russland, weil es eben autokratisch war, einfach abgewirtschaftete....trotzdem ist Stalin, mit Hitler und Mao die 3 grössten Verbrecher seit Menschen gedenken, die haben Millionen Mensche umbringen lassen und alles nur wegen abstrusen Ideen /Wertvorstellungen..

Bike Repair Café
10. November 2017 - 20.21

????❤️❤️????

De Gemengeluussert
10. November 2017 - 16.59

Am Oktober 2018 erliéwt Gambia och eng Revolutioun hei am Ländschen !