Flagge zeigen

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(Tageblatt/Isabella Finzi)

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Hype ist wohl der treffende neudeutsche Begriff für das Aufsehen, das derzeit eine nicht ganz klar definierte Gruppe vor allem in Deutschland erregt.

Was das genaue selbst gesteckte Ziel der mehr oder weniger jungen Menschen ist, die sich unter dem Namen Piratenpartei zusammengefunden haben, weiß man nicht genau, derzeit gelingt ihnen aber, was lange Zeit in dieser Form, vor allem aber in diesem Ausmaß, unmöglich schien. Nämlich die aktuelle Politik mitsamt der etablierten Parteien gehörig aufzumischen.

Tom Wenandy twenandy@tageblatt.lu (Bild: Tageblatt)

Neuesten Umfragen zufolge würden die „Freibeuter“ derzeit auf Bundesebene mit bis zu 25 Prozent Stimmenanteil zur drittstärksten Partei avancieren. Bislang nahmen die großen Parteien diese Entwicklung noch ostentativ gelassen zur Kenntnis, eine gewisse Nervosität können sie mittlerweile aber nicht mehr verheimlichen.
Nun ist Deutschland nicht Luxemburg und nicht alles, was jenseits der Mosel an „Wellen“ entsteht, schwappt auch ins Großherzogtum über. Aus den Ergebnissen in Deutschland zu schließen, dass auch die Luxemburger Piraten in der Wählergunst steigen werden, wäre zu einfach. Dass die hiesigen „Piraten“ aber dennoch vom Sympathiebonus, den der deutsche große Bruder derzeit genießt, profitieren könnten, ist allerdings nicht ganz auszuschließen.

Schließlich gibt es einen rezenten Präzedenzfall: Nach der Atomreaktorkatastrophe von Fukushima schnellten die deutschen Grünen auf der Beliebtheitsskala nach oben. Selbstverständlich begleitet von der entsprechenden auch in Luxemburg vernommenen medialen Berichterstattung. Und siehe da: Auf einmal zeigte auch die Tendenz von „déi gréng“ in den Umfragen (s. Tageblatt-Politbarometer bzw. Tageblatt-Sonndesfro) einen ähnlichen Verlauf wie in Deutschland.

Ursache und Wirkung

Dass es sich in der Tat um eine direkte Relation zwischen Ursache (Fukushima) und Wirkung (bessere Umfragewerte bzw. Wahlergebnisse) handelt, daran besteht kaum ein Zweifel. Konkrete politische Vorschläge oder Handlungen von „déi gréng“, die durch ihre innovativen Ideen bestochen hätten und damit ihren (theoretischen) Stimmenzuwachs erklären könnten, waren und sind nämlich nicht auszumachen.

Über die obligate Oppositionskritik an der Regierungsarbeit bzw. einige vage Alternativvorschläge kommen die Grünen nämlich nicht hinaus. Dies ist aber insofern nachvollziehbar, als Bausch & Co. es sich mit der CSV nicht vermiesen und sobald wie möglich die LSAP als Juniorpartner ablösen wollen.
Weil die Piraten womöglich eher im Wählerwald von „déi gréng“ (als in dem der DP) wildern könnten und weil der „Fukushima-Effekt“ langsam, aber sicher zu verblassen scheint (siehe Deutschland), ist eine gewisse Grundnervosität in den Reihen der ursprünglichen Umweltpartei durchaus verständlich.

Vielleicht ist diese Nervosität auch unbegründet. Denn mehr noch als die aktuelle (grün-blaue) ADR-Opposition (und mehr als die deutsche Schwesterpartei) zeichnen sich die hiesigen Piraten durch ihre programmatische Leere aus. Auf die Frage, wofür die Piraten eigentlich stehen (von der unkontrollierten, allumfassenden Internet-Freiheit einmal abgesehen), weiß niemand so recht eine Antwort. Auch die Piraten selbst scheinbar nicht. Wobei es sicherlich nicht ganz einfach ist, in einer Partei, die aus einem Sammelbecken an enttäuschten, um nicht zu sagen frustrierten Ex-Mitgliedern von „traditionellen“ Parteien besteht, eine gemeinsame politische Linie zu finden.

Sich selbst einfach als ultra-liberal und „weder links noch rechts“ zu beschreiben bzw. eine Polizei-Razzia medientechnisch wenn auch ziemlich gekonnt auszuschlachten, reicht – hoffentlich – aber nicht oder wenn, dann nur zeitlich begrenzt aus, für einen gewissen Zuspruch vom zumeist jungen Wahlvolk.

Die Piraten sind also in einer gewissen Bringschuld. Gelingt es ihnen aber, diese zu erfüllen, dann zittern einige in einer gewissen Lethargie dahindämmernde Parteien wohl nicht umsonst.