11. Dezember 2025 - 7.09 Uhr
Akt.: 11. Dezember 2025 - 7.19 Uhr
LeserforumEuropa am Rand der multipolaren Welt
Die geopolitischen Entwicklungen der letzten Tage zeigen eine Verschiebung, die Europa nicht länger ignorieren kann. In Moskau traf sich der US-Sondergesandte Steve Witkoff mit Wladimir Putin und Chinas Außenminister – ohne die Europäische Union und ohne die Ukraine. Während die wichtigsten globalen Akteure direkt über Krieg und Frieden sprechen, bleibt Europa außen vor.
Gleichzeitig fehlte beim NATO-Außenministertreffen ausgerechnet Amerikas oberster Diplomat: US-Außenminister Rubio blieb fern. Sein Platz blieb leer, vertreten wurde er nur durch einen Stellvertreter. Dieses Signal fällt genau in den Moment, in dem Washington bereits separate Gespräche mit Russland führt. Es ist kaum zu übersehen, dass die USA neue Wege sondieren – und Europa dabei immer weniger einbinden.
Damit bestätigt sich, was unabhängige Analysten wie Mearsheimer, Sachs, Lüders oder Baud seit Jahren erklären: Der Konflikt in der Ukraine ist das Ergebnis einer sicherheitspolitischen Eskalation, die durch die NATO-Erweiterung, gebrochene Abkommen und Instabilität in den mehrheitlich russischsprachigen Gebieten angeheizt wurde. Ob man Russlands Vorgehen unterstützt oder nicht – es folgt der Logik jeder Großmacht, die Militärbündnisse an ihrer Grenze als existenzielle Bedrohung wahrnimmt. Diese Grundregel gilt seit der Kuba-Krise und wurde vom Westen selbst bestätigt.
Die EU hingegen hat sicherheitspolitische Realitäten oft ausgeblendet und stattdessen an moralischen Erzählungen festgehalten, die keine strategische Grundlage haben. Heute zeigt sich die Folge: Europa hat keine eigenständige Sicherheitsarchitektur, keine klare außenpolitische Identität und verharrt in Abhängigkeit von den USA, selbst dann, wenn Washington eine neue Richtung einschlägt. Psychologisch betrachtet wirkt die EU wie ein Akteur, der seine eigene Ohnmacht nicht anerkennen will und deshalb an alten Gewissheiten festhält.
Doch die multipolare Welt entsteht – mit den USA, Russland und China als zentralen Entscheidern. Wenn Europa nicht völlig an geopolitischer Bedeutung verlieren will, bleibt nur eine einzige Option: außenpolitische Souveränität zurückzugewinnen und sich in diese neue Ordnung einzufügen. Dazu gehören ein realistischer sicherheitspolitischer Dialog mit Russland, eine energiepolitische Neuorientierung und der Aufbau einer europäischen Verteidigungslogik, die nicht länger von fremden Interessen abhängt.
Europa muss heute entscheiden, ob es Teil der neuen Weltordnung sein will – oder Randfigur bleibt, während andere über seine Zukunft entscheiden.
De Maart
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