Mittwoch5. November 2025

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Ende der Schonfrist

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Braucht ein kleines Land wie Luxemburg wirklich eine Universität? Diese Frage hat vor einem knappen Jahrzehnt das Land entzweit (wobei die Lager von Befürwortern und Gegnern nicht unbedingt gleich groß waren).

Ein (zumindest vorübergehendes) Ende hat dann 2003 die Politik per Gesetz mit der Gründung der Hochschule gesetzt. Ohne allerdings alle Kritiker von der infrage gestellten Notwendigkeit restlos überzeugen zu können. Damals jedenfalls nicht.

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Mittlerweile dürfte sich die Situation aber anders präsentieren. Zumindest prinzipiell. Denn knapp 5.000 Studenten, wovon rund die Hälfte aus dem Ausland stammt, mehr als 1.200 vergebene Diplome im akademischen Jahr 2009/2010 und fast 700 wissenschaftliche Publikationen im vergangenen Jahr, um nur diese Parameter zu nennen, sprechen eine klare Sprache: Bislang kann die Unternehmung „Universität Luxemburg“ zweifelsohne als gelungen angesehen werden. Bislang.

Denn mittlerweile stellt zwar (fast) niemand mehr die Existenz der Hochschule infrage, einfacher wird sie es bzw. ihre Verantwortlichen in Zukunft nicht haben. Die Universität ist den „Kinderschuhen entwachsen“, die „postnatale“ Schonfrist damit definitiv vorbei. Will heißen: Kritik an Missständen wird nicht mehr (oder nicht mehr nur) einfach mit dem Hinweis auf die Schwierigkeiten, die die Gründung einer universitären Einrichtung unweigerlich mit sich bringt, weggewischt werden können. Und auch wenn (oder vielleicht gerade weil) mit dem geplanten neuen Uni-Gesetz die Hochschule mehr Autonomie erhalten soll, wird sie stetig den Beweis erbringen müssen, dass sie kein Selbstzweck ist.

Gesellschaftliche Entwicklung

Eine Universität in Luxemburg (aber auch anderswo) macht nämlich nur dann Sinn, wenn sie über kurz oder lang einen Beitrag zur intellektuellen und demnach wirtschaftlichen, kulturellen, vor allem aber zur gesellschaftlichen Entwicklung leistet. Damit sie diese zugegebenermaßen nicht einfache Aufgabe aber auch möglichst effizient erfüllen kann, müssen diverse Voraussetzungen, angefangen bei den finanziellen, erfüllt sein. Unabdingbar ist aber gleichermaßen eine gewisse gesellschaftliche Akzeptanz. Vor allem in einem kleinen und allem Neuen verhältnismäßig skeptisch begegnenden – um nicht zu sagen konservativen – Land wie Luxemburg muss sich eine Universität entsprechend öffnen. Und immer wieder erklären. Erklären, was sie wie und warum tut. Dies scheinen die Verantwortlichen verstanden zu haben. Stichwort: Tag der offenen Tür oder Kinderuniversität. Die Befürchtungen, dass die Universität Luxemburg zu einem elitären und bürgerfernen Wissenstempel avancieren könnte, scheinen – bis dato jedenfalls – unbegründet.

Alles perfekt demnach? Nicht ganz. Denn so offen und partizipativ, wie sich die Universität nach außen hin gibt, präsentiert sie sich in Bezug auf ihre Entscheidungsprozesse nicht unbedingt. Die Richtung gibt nämlich bisher der externe „Conseil de gouvernance“ vor, Professoren oder Schüler haben kaum oder kein Mitspracherecht bezüglich der praktischen Hochschulausrichtung.

Zwar sei es der Uni Luxemburg nur durch diese Konstellation möglich gewesen, innerhalb kürzester Zeit zu dem zu werden, was sie ist, doch sei es nun aber an der Zeit, dass sich Professoren und Studenten aktiv in die Diskussionen und die strategischen Entscheidungen der Uni einmischten, urteilte in diesem Kontext bereits Anfang 2009 ein internationales Expertenteam anlässlich der ersten, gesetzlich vorgeschriebenen externen Bewertung der Hochschule.

Schlimmer als der angesprochene Missstand ist aber, dass dieser – wie Gewerkschaften und Personaldelegation befürchten– mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, mit dem die Uni mehr Autonomie erhalten soll, nicht behoben zu werden scheint.

Diskussionen sind vielleicht aufwendiger als sogenannte „Top-Down“-Entscheidungen, sie tragen aber unweigerlich zu einem besseren Verständnis und damit zu einer besseren Akzeptanz bei. Das sollte nicht nur der Universitätsleitung, sondern auch dem Gesetzgeber klar sein. Luxemburg kann, wie die positiven Ansätze belegen, mit seiner aus dem Nichts geschaffenen Universität Geschichte schreiben und über kurz über lang zweifelsohne bei den „Großen“ mitmischen. Aber nicht, indem sie Professoren oder Studenten entmündigt bzw. nur bedingt am Entscheidungsprozess teilhaben lässt.