Verschiebungen

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Ein halbes Jahr Trump hat die Welt verändert.

Das politische Amerika geht in die Sommerpause. Nach den ersten sechs Monaten Trump-Präsidentschaft ist nicht nur Amerika ein anderes. Wenn sich die Weltmacht verändert, verschiebt das die globale Machtbalance.

Trump verfehlt seine Politik daheim so sehr, dass es auf die Rolle der USA in der Welt durchschlägt. Jüngstes Beispiel sind die Sanktionen gegen Russland, die der US-Kongress derart breit beschlossen hat, dass der Präsident ihnen nicht einmal mit einem Veto beikommen kann. Trump ist innenpolitisch schachmatt gesetzt. Für Moskau kommt der Schritt einer Eskalation gleich. Die Reaktion kam prompt. Von rund 1.000 diplomatischen US-Vertretern in Russland sollen binnen einem Monat 755 das Land verlassen. Eine stattliche Zahl, die zeigt, wie ernst das Zerwürfnis ist.

Der jüngste Tiefpunkt in den Beziehungen zwischen Washington und Moskau reiht sich in eine bereits Jahre andauernde Entwicklung ein. Die große außenpolitische Gewieftheit von Putins Russland ist, die Schwächen des ehemaligen Welt- und Ideologiegegenpols auszunutzen.

Die USA befinden sich seit der Irak-Invasion im Jahr 2003 im diplomatischen Niedergang; unter Trump haben allerdings Tempo und Unappetitlichkeit in irrsinniger Weise zugelegt. Unter diesem US-Präsidenten ist das Abnorme zum Normalen geworden. Folglich ist auch in der Welt nichts mehr normal, insofern die Norm die Ordnung seit dem Ende des Kalten Krieges ist, in der sich besonders Russland zum Statisten degradiert sah, der sich gefälligst dem Willen aus Washington zu beugen habe. Aus dieser Rolle hat sich Moskau herausmanövriert. Auch auf die harte Tour. Das weiß die Welt spätestens seit Syrien.

Ein Machtvakuum besteht nie lange. Wo die USA an Einfluss nachgeben, übernehmen andere. Das gilt für Russland, das gilt für China – und das gilt für beide zusammen. Jüngster Nachweis über deren verfestigtes Bündnis sind die Militärmanöver von Russlands Marine in der vergangenen Woche. Russische Kriegsschiffe übten da gemeinsam mit chinesischen – in der Ostsee.

Amerikas schwindende Rolle in der Weltpolitik zeigt sich auch an anderer Stelle. Pjöngjang provozierte am Freitag mit einem Raketentest, der sogar die Einwohner Chicagos nervös machen dürfte, so weit soll die Feuerkraft von Kim Jong-un mittlerweile reichen. Länder wie Nordkorea oder auch der Iran lassen sich nicht mehr beeindrucken von Washingtons Drohgebärden. Anders gesagt: Trumps Amerika schüchtert nicht einmal mehr Regionalmächte und Bizarro-Regime ein.

Die Welt dezentralisiert sich, wird multipolarer, je mehr der Einfluss der Weltmacht USA schwindet. Stabiler wird sie damit nicht. Das zeigt nicht zuletzt die explosive Situation in weiten Teilen des Nahen Ostens und Nordafrikas. Wenn die USA sich nicht mehr für die Welt interessieren, muss Europa dies umso mehr tun. Auch indem es sich von jenem löst, der ihm mehr als 70 Jahre wirtschaftlich wie kulturell den Stempel aufdrückte. Denn für die meisten Europäer dürften weder das russische noch das chinesische Gesellschaftsmodell erstrebenswerte Ziele sein. Genauso wenig, wie es Trumps Amerika ist.

Marius
1. August 2017 - 20.49

Schon wieder unternimmt die linke Presse den Versuch, die USA am Phänomen Trump auszurichten und zu bewerten. Welch ein Irrtum! Die von ihnen vertretene Ansicht über Amerikas schwindende Rolle in der Weltpolitik, basiert auf den gängigen linken Klischees, wie sie derzeit in Europa kolportiert werden. Wie ich die USA kenne, wird keine amerikanische Regierung es zulassen, von einem verrückten Koreaner mit Atomwaffen bedroht zu werden. Darauf können sie Gift nehmen. Europa schaut zur Zeit auf ein Trümmerfeld von utopischen politischen Projekten, wie jenes der EU, die alle zum Scheitern verurteilt sind. Der Kommunismus als auch der Nationalsozialismus wurden als Ergebnis wissenschaftlicher Erkenntnisse propagiert, welche sich als reine Pseudowissenschaft selbst disqualifizierten. Diese Probleme hatten die USA in ihrer 230 jährigen Geschichte nicht. Die amerikanische Strategie wurde vor langer Zeit entwickelt und für lange Zeit geplant, daher sind die USA immer noch die wahre Supermacht in allen Dingen, aber nicht die Weltpolizei. Die beiden Begriffe sind nicht deckungsgleich, das sollten sie schon mal zur Kenntnis nehmen für die kommenden Dezennien. Würde man sie eines Tages vor die Wahl stellen, wo sie leben möchten, bin ich mir sicher, dass ihr Entscheid weder Russland noch China lauten dürfte. Oder ?