Alvin Sold
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Wie sonst wäre die Indifferenz (Entschuldigung, aber das Wort ist präziser als Gleichgültigkeit, Null-Interesse, Geht-mich-nichts-an) der meisten gegenüber Vorgängen, die unannehmbar sein müssten, zu erklären?
Ist es nicht unannehmbar, dass die Europäische Union, die viel gelobte, jetzt 23 Millionen Arbeitslose zählt, 3 Millionen mehr als vor 12 Monaten? Warum wird dieser sozialen Katastrophe nicht dieselbe Bedeutung zugemessen wie der Bankenkrise vor anderthalb Jahren? Wer entschied, die von Finanzgauklern verursachten Mega-Verluste könnten eine systemische Krise provozieren und müssten deshalb schnell von der Allgemeinheit gedeckt werden, mit Steuergeldern?
Auf das Risiko hin, dass die Staaten sich verschuldeten und, wie Luxemburg heute, dem kleinen Mann, hauptsächlich ihm, letzten Endes, Opfer abzuverlangen hätten, via Lohnstopp, Taxen- und Steuererhöhungen bei gleichzeitiger Senkung der sozialen Transfers?
Keiner stellte in Europa die eigentlich fällige Frage: Gibt es eine Alternative zur gegenwärtigen, politisch freien, globalen Marktwirtschaft, deren oberstes Ziel die Maximierung der Profite von Großaktionären ist und nicht, wie man fordern könnte, eine sozial gerechte Umverteilung des erarbeiteten Mehrwertes?
Natürlich gibt es sie, die Alternative. Sie besteht in der politischen Zielvorgabe für die Wirtschaft.
Eine Vorgabe, die keine andere sein kann als die Unterordnung der privaten Interessen. Vorrang vor dem Gewinn des Einzelnen hat immer die soziale Entwicklung der Gemeinschaft!
Wer macht uns diese grundsätzliche Aussage falsch? Sollte die Gesellschaft aller sich nicht mehr gegen die Milliardäre wehren, welche den Spielraum ausnützen, den unerfahrene oder korrupte Politiker ihnen gaben? Sollte die Gesellschaft aller sich nicht mehr wehren, weil der Kampf aussichtslos wäre, denn die Berlusconis aller Gattungen hätten ja letztlich die Macht über die meinungsbildenden Medien?
Leben wir schon in der Amorphie?
In einer Zeit, die in die Geschichte eingehen würde als die Ära der simplen Kenntnisnahme formidabler Fehlentwicklungen, ohne wirklichen, d.h. wirksamen Protest?
Ein anderes Beispiel, das die Amorphie der westlichen Gesellschaft gegenwärtig offenbart, ist ihre Bereitschaft, die Verbrechen katholischer und anderer christlicher Priester nicht den Kirchen, sondern einzelnen Personen anzulasten. Man mag den bequemen Gedanken, das System, hier das katholische, sei an sich gut; ein paar von ihrem Sexualtrieb überforderte Junggesellen wären halt in Kauf zu nehmen.
Wieso treten nur Einzelne, innerhalb und außerhalb der Catholica, gegen die alten Mären an, zu denen der unnatürliche Zölibat der katholischen Gottesdiener gehört? Hat die Geschichtswissenschaft nicht längst bewiesen, dass die anormale Priester- und Nonnenenthaltsamkeit nicht von oder wegen Jesu verordnet wurde, sondern wegen der Erbschaften?
Wie sonst wären Rom und die Bistümer an ihren unermesslichen Besitz gekommen? Der Pfarrer, die Schwester, vermachen ihren Besitz der Ekklesia, weil sie keine leiblichen Nachkommen haben dürfen!
Wer sonst?
Den Preis für diese perverse Art der Bereicherung während eines Jahrtausends und mehr bezahlten und bezahlen u.a. junge, wehrlose Kinder.
Aber so was geht durch, in der Amorphie-Ära.
Morgen wird Ostern gefeiert, wie immer, und übermorgen die Kommunion, dieses zum Geschenk-, Kleider- und Genießerfest verkommene Ding, das vom aufrechten Klerus in seiner heutigen Form denunziert gehörte.
Muss, ausgerechnet, ein Atheist den Kirchenleuten so was sagen, zu Ostern?
Gegenfrage: Wer sonst täte es?
De Maart
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