Die Apartheid lebt

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Israel will also den bis dato verfeindeten Palästinenser-Fraktionen bei Strafe verbieten, sich miteinander zu versöhnen. US-Außenminister John Kerry, der einer der ganz wenigen US-Diplomatiechefs ist, die nicht durch die Israel-Lobby erpressbar sind, hat daraufhin gewarnt, dass der Judenstaat riskiert, zum Apartheid-Staat zu werden.

Nun, wer einmal in den besetzten Gebieten war, der weiß, dass Israel längst ein Apartheid-Staat ist. Das hat schon vor Jahren Erzbischof Desmond Tutu, einer der respektiertesten Veteranen des Kampfes gegen die Apartheid, unmissverständlich festgestellt.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

In der Tat gibt es im Westjordanland z.B. gut ausgebaute Straßen für die „Weißen“, welche die „Schwarze“ nicht benutzen dürfen. Letzteren sind Verkehrswege vorbehalten, die, wie man sich denken kann, in der Qualität weit unter dem liegen, was für die „Weißen“ reserviert ist.

Zudem macht es – genau wie damals in Südafrika – einen himmelweiten Unterschied, ob man als „Weißer“ an einem Checkpoint seinen Ausweis zeigen muss, und danach in der Regel schnellstens und unbehelligt passieren darf, oder aber ob man als „Schwarze“ an einem solchen Checkpoint stundenlang in der brütenden Hitze stehen gelassen wird (bis z.B. mitgeführte Lebensmittel verdorben sind), nur um als Dreingabe schikanöse und demütigende Leibesvisitationen über sich ergehen lassen zu müssen.

Systematische Demütigung

Den Palästinensern gegenüber ist die systematische Demütigung ohnehin eine israelische Spezialität. Letzten Endes kommt es auch einer Entmündigung und Erniedrigung gleich, wenn die Israelis der Regierung in Ramallah unter Strafandrohung vorschreiben wollen, mit wem diese Umgang pflegen darf und mit wem nicht. Aber, wird man jetzt sagen, die Hamas, die im Gaza-Streifen das Sagen hat, das sind ganz böse Kerle, mit denen macht sich kein anständiger Mensch gemein. Da ist was dran, denn die Hamas möchte immer noch am liebsten alle Juden Israels zurück ins Meer treiben. Und doch steckt in dem Vorwurf, wenn er vom offiziellen Israel geäußert wird, ein gerüttelt Maß an Hypokrisie.

Wenn nämlich ein israelischer Politiker, der predigt, dass die Westbank palästinenserrein zu machen sei, nur genug Stimmen bekommt, darf er als ehrenhafter Abgeordneter in der Knesset sitzen. Mit Lieberman hat Israel einen Außenminister, der nichts lieber tut als der Welt seinen Hass und seine Geringschätzung aller (auch und gerade der israelischen) Araber kundzutun.

Und schließlich: Was soll die Autonomieregierung in der Westbank auch anderes tun als mit der Hamas zu sprechen? Ein anderer Gesprächspartner ist dort nun mal nicht vorhanden. Die Fatah weiß es am besten, denn sie wurde schließlich von den Islamisten ohne Federlesens aus Gaza hinausgeschmissen.

Aber die Gazaouis sind nun mal auch Palästinenser und niemand kann von der PLO unter Präsident Abbas verlangen, dass sie die Einwohner Gazas ihrem Schicksal überlässt, bloß weil die Radikalen, die dort gewaltsam die Macht an sich gerissen haben, der israelischen Regierung zuwider sind.