Seit einigen Tagen versetzt ein auf diesen vermeintlich harmlosen Namen hörendes Kleinstlebewesen halb Europa – vor allem unsere deutschen Nachbarn – in Angst und Schrecken. Und irgendwie erinnert die ganze Situation an die berühmte Schweinegrippe vergangener Tage bzw. an das ganze politische, wirtschaftliche und mediale Tamtam um die Schweinegrippe herum. Nur dass es sich im EHEC-Fall um ein Bakterium handelt, das sich üblicherweise im Verdauungstrakt diverser Wiederkäuer, nun aber aus bisher unerklärlichen Gründen auch an anderen Orten tummelt, und im anderen Fall um ein Virus.
" class="infobox_img" />Tom Wenandy
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Einen klassischen Impfstoff, den man mit dem richtigen Marketing bzw. dem richtigen Lobbyismus mit Milliardengewinn an den Mann bringen kann, kann es so in diesem Fall nicht geben. Anders als bei der Schweinegrippe scheint im vorliegenden Fall ein taktischer „Coup monté“ der Pharmaindustrie entsprechend unwahrscheinlich. Aber das nur am Rande.
Die dringendste Frage, die sich im Fall von EHEC stellt, ist wie bei anderen „Seuchenmeldungen“ auch, ob EHEC wirklich die Bedrohung darstellt, als die verschiedene Medien sie uns zu verkaufen versuchen. Objektiv bzw. bei der derzeitigen Erkenntnislage betrachtet kann die Antwort nur „Nein“ lauten.
Dramatisch und auch nicht
Denn was ist bisher eigentlich passiert?
Ausgehend von Norddeutschland haben sich bislang (Stand: 31. Mai) europaweit um die 2.000 Menschen – die meisten davon in der Bundesrepublik – mit dem Erreger infiziert, in etwa 500 Fällen (je nach Quelle schwanken die Zahlen) sind Komplikationen in Form eines hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) aufgetreten. In bislang 16 Fällen (15 in Deutschland, einer in Schweden) führte dieses zum Tode des Erkrankten. Klingt dramatisch und ist es für die Betroffenen und deren Angehörigen sicherlich auch. Wenn man aber weiß, dass in „normalen“ Jahren rund 1.000 Menschen alleine in Deutschland an einer EHEC-Infektion erkranken, dass bis zu jede fünfte Infektion schwer verläuft und dass es in bis zu zehn Prozent zu zum Teil tödlichen Komplikationen kommt, dann relativiert dies die erstgenannten Zahlen.
Fakt ist aber auch, dass es derzeit eben mehr Fälle als bisher gibt und ein Großteil der Fälle innerhalb kurzer Zeit auftraten. Neu ist auch, dass vorwiegend Frauen betroffen sind. Insofern ist es gut, aber auch vor allem nur normal, dass Wissenschaftler und Gesundheitsbehörden die Situation untersuchen und die Entwicklung genauestens im Auge behalten.
Dem gegenüber stehen aber unangemessene Aussagen (von verschiedenen Medien, aber auch einigen „Experten“), so dass die Verhältnismäßigkeit zwischen real existierenden Risiken und entsprechend berechtigter Aufklärung und ungerechtfertigter Panikmache nicht mehr gewährleistet ist.
Erleichtert wird dieser Umstand noch dadurch, dass in der heutigen, schnelllebigen Zeit der normale Bürger immer mehr zu einem „Schwarz-Weiß“-Denken tendiert und zunehmend unfähig ist, die verschiedenen, wohl existierenden themenbezogenen Schattierungen zu erkennen. Im vorliegenden EHEC-Fall, aber leider auch in vielen anderen Bereichen des täglichen (auch politischen) Lebens werden Details oder minder spektakuläre Tatsachen gerne einmal (mehr oder weniger wissentlich) ignoriert.
Was im Zusammenhang mit EHEC nichts anderes bedeutet, als dass in einer auf (materiellem) Erfolg und damit eng verbunden Schönheit und Gesundheit aufbauenden Gesellschaft gerne vergessen wird, dass der Mensch sich nicht in einem isolierten Umfeld bewegt, sondern in einem permanenten Austausch mit seiner (nicht keimfreien) Umwelt steht. In anderen Worten: Trotz aller medizinischen und technischen Fortschritte und trotz eines hochkomplexen Immunsystems wird es immer Krankheiten geben, die dem Menschen – mal mehr, mal weniger – zusetzen. Dies mag fatalistisch, vielleicht auch simplistisch klingen und einem gefallen oder auch nicht. Es ist aber so.
De Maart
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