Mittwoch5. November 2025

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Bibi und seine Claqueure

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Jedes Mal, wenn der geliebte Führer wieder ein Wort gesprochen hatte, das in güldenen Lettern Eingang in die Geschichtsbücher finden würde, standen die Abgeordneten auf wie ein Mann und eine Frau und klatschten begeistert Beifall.

Keiner unter ihnen, der es gewagt hätte, aus der einigen Front der Claqueure auszuscheren. Nicht weniger als 26 Mal huldigten die Volksvertreter dem Rhetor, einem Born der Erleuchtung und geistigen Erquickung fürwahr.

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Nein, es geht hier nicht die Rede von den Parlamenten in Pjöngjang oder Damaskus, sondern vielmehr von der Unterwürfigkeit, mit der die Abgeordneten des amerikanischen Kongresses – also die vereinten Crews von Repräsentantenhaus und Kongress – am Dienstag dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu Lob hudelten.

Dabei hatte der Likud-Politiker in seiner Rede angekündigt, dass Israel wie gehabt das Völkerrecht mit Füßen zu treten beabsichtige und den Palästinensern ihr Recht auf einen wirklich souveränen Staat auch weiterhin vorzuenthalten gedenke. Seine Tiraden waren einmal mehr eine Schande für die zivilisierte Welt, und doch konnten sich die amerikanischen Abgeordneten kaum noch einkriegen vor Begeisterung.

In einer Kolumne in der israelischen Tageszeitung Ha’aretz hieß es, dass der Kongress ihm wohl selbst dann noch Standing Ovations dargebracht hätte, wenn er auf Hebräisch aus dem Telefonbuch vorgelesen hätte.

Das devote Ritual, im Rahmen dessen Repräsentanten und Senatoren dem jeweiligen israelischen Premier alle Jahre wieder ihre Reverenz erweisen, hat etwas zutiefst Würdeloses und Peinliches an sich.

Weshalb so servil?

Weshalb denn aber so viel Servilität?

Nun, ganz einfach: Ein amerikanischer Deputierter kann mit der bedingungslosen Parteinahme zugunsten von Israel zwar nur wenig gewinnen, mit einer auch nur vorsichtigen Unterstützung der palästinensischen Anliegen riskiert er aber schnell, alles zu verlieren.

Zu gewinnen gibt es für ihn deshalb nur wenig, weil sich seine Wahlkreis-Konkurrenten mit einiger Sicherheit ebenfalls bedingungslos für Israel ins Zeug legen. Wer sich dagegen untersteht, für die legitimen Rechte der Palästinenser einzutreten, der muss damit rechnen, dass die von AIPAC angeführte Israel-Lobby zur Strafe mit mächtigen Mitteln seine Gegner sponsert. Und zwar mit dem eindeutigen Ziel, den Frevler abzuschießen.

Wer von der von AIPAC definierten „Party Line“ abzuweichen wagt, setzt also seine politische Zukunft aufs Spiel. Und welcher US-Abgeordnete möchte die schon ohne Not riskieren?

In der Tat ist es dem typischen „Congressman“ nämlich schnurzpiepegal, ob etwa ein paar Millionen Moslems in einem gottverlassenen Küstenstreifen zwischen Ägypten und Israel ihren eigenen Dreck fressen müssen. Gar nicht egal ist ihm dagegen sein eigenes Parlamentsmandat, und das möchte er nicht wegen irgendwelcher aufmüpfiger Muselmanen in Rauch aufgehen sehen.

Und so kommt es, dass in der Weltmacht Number One oft ausgesprochen lokalpolitische Erwägungen in Fragen von weltpolitischer Bedeutung den Ausschlag geben.

Diese Sorte von Kurzsichtigkeit hat den USA schon einmal schweren Schaden zugefügt: Während des sowjetischen Afghanistan-Krieges glaubten die amerikanischen Politiker, sich gegenseitig als Kommunistenfresser überbieten zu müssen, um beim Wähler punkten zu können. Dies verhinderte die Aufnahme von Verhandlungen mit den Sowjets, selbst nachdem diese ihre Bereitschaft dazu signalisiert hatten.

Schließlich hatten sich die Amerikaner selbst in eine Ecke gepinselt und mussten daraufhin bis zum bitteren Ende jene islamistischen Nattern an ihrem Busen nähren, die sie bis heute mit unerbittlichem Hass verfolgen.

Was vielen Amerikanern jedoch nicht einleuchten will: Auch ein rechtsradikal regiertes Israel ist für die USA längst kein „Asset“ mehr, sondern langfristig gesehen eine zunehmend schwer zu berechnende „Liability“.