Freitag24. Oktober 2025

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Auf dem falschen Weg

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Fast wünschten wir, Luxemburg hätte, wie Deutschland, seine Bild-Zeitung.

Millionen Deutschen sprangen gestern die Balkenlettern des Boulevardblattes ins Auge: „Das neue deutsche Wirtschaftswunder! Keiner kommt so gut aus der Krise wie wir! Die Welt staunt über uns!“

Man darf davon ausgehen, dass Frau Merkel nicht unfroh über diese Titelei war. Die 2,2% BIP-Wachstum im zweiten Quartal lässt die Kanzlerin sich gerne gutschreiben, ebenso wie die Aussicht auf fast 3% für das ganze Jahr. Und es gäbe gegenwärtig mehr Arbeitsplätze in der Republik als bei der Wiedervereinigung! Bravo! Es lebe die CDU-CSU!

Solche Erfolgsmeldungen werden beim Nachbarn zielstrebig gefördert. Sie stärken die Wirtschaft, weil sie Vertrauen schaffen. Vertrauen in eine erfolgreiche politische Strategie, die der Krise ein Ende bereitet. Man ist sich, laut Spiegel, in Deutschland darüber einig, dass nun die Arbeitnehmer dran sein sollen, nach Jahren der Zurückhaltung. Spürbare Lohnerhöhungen wären möglich.

Tja, wenn Bild die Luxemburger Zahlen wüsste … Dann müssten alle bisherigen Superlative überboten werden, etwa so:
„Weniger als 2% Budgetdefizit in 2010, bei einem BIP-Wachstum von über 3%! Mehr Arbeitsplätze als je zuvor! Höchsterlöse in vielen Sektoren! Kein Zwang mehr zu einem harten Sparkurs! Das Universum staunt über Luxemburg!“

An diesem aktuellen Beispiel der politischen Darstellungskunst möchten wir verdeutlichen, wie die Menschen, wie die Wähler, heutzutage manipuliert werden.
In Deutschland soll sich, das ist eine CDU-CSU-Stallorder, Optimismus verbreiteten, nach Plan, via Medien.
In Luxemburg ist die Stallorder der CSV eine andere.

Es darf im Volke nicht der Gedanke keimen, der Ressortchef für Finanzen und Budget hätte die Lage falsch eingeschätzt, weil er dazu neigte, die negativsten Prognosen zu übernehmen, welche ja am Ursprung der Luxemburger Austeritätspolitik stehen. Ein CSV-Politiker in diesem Rang irrt nicht mehr. Er ist unfehlbar, schon allein deshalb, weil seine Gefährten ihn zum Nachfolger des Chefs erkoren haben.

Weil sich daraus ergibt, dass aus Sicht der CSV kein politischer Spielraum für die Rücknahme falscher Entscheidungen besteht, werden die in Luxemburg gemessenen Leistungen, die, toutes proportions gardées, weit über denen aller evoluierten EU-Länder liegen – Deutschland, Frankreich, Belgien inklusive – miesgeredet, als Zufallsprodukte dargestellt oder vom Chef der Zentralbank, dessen Amt Juncker kürzlich verlängern ließ, als eine nichtssagende Statistik abgetan.

Die von der CSV orchestrierte und von der LSAP leider mitgetragene Kampagne gegen jede positive Auslegung der wirtschaftlichen Groß- und Kleinwetterlage in Luxemburg hat natürlich zur Folge, dass alles nach dem ursprünglichen Plan verläuft. Die Regierung hat die Sturheit zum Prinzip erhoben. Sturheit als Ersatz für Konsequenz?

Demnächst: Index-Stresstest

Konsequent handelte die politische Führung des Landes, wenn sie, aufgrund der jetzt vorliegenden Berechnungen des Statec (es ist letztlich die bei weitem verlässlichste Quelle), ein aggiornamento machte.

Aber dazu fehlt ihr offenbar die Größe. Sie hat sich dem kleinen Gedanken des Aussitzens verschrieben.
Sogar die unsägliche Sache mit den Familienzulagen, welche Gift in den Herzen streut, will sie aussitzen, diese Koalition, die im Mainstream der EU-Konservativen schwimmt und sich in solcher Gesellschaft anscheinend wohlfühlt.

Mal sehen, ob die LSAP wenigstens den Index-Stresstest besteht, dem sie sich, so will es die gewaltige CSV, demnächst zu stellen hat.
Wetten, dass …

Alvin Sold
[email protected]