Penn verhilft US-Bürger zur Flucht aus La Paz

Penn verhilft US-Bürger zur Flucht aus La Paz

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Jacob Ostreicher sass 18 Monate in einem bolivianischen Gefängnis - ohne Anklage. Jetzt ist dem New Yorker die Flucht in die USA geglückt - mit Hilfe des Schauspielers Sean Penn.

Wie kam er aus dem Land, wer half ihm? Nach Gefängnis und Hausarrest in Bolivien ist dem Amerikaner Ostreicher die Flucht in die USA geglückt. Sicher scheint nur, dass der Schauspieler Sean Penn seine Hände mit im Spiel hatte.

Es klingt wie Stoff für ein Hollywood-Drehbuch – mit einem bekannten Schauspieler in einer der Hauptrollen. Ein Amerikaner sitzt im Gefängnis, in einem Land, das den USA nicht gerade freundlich gesonnen ist. Dann unter Hausarrest, gelingt ihm in einer Nacht-und Nebelaktion die Flucht zurück in die Heimat. Aber wo genau er sich aufhält, bleibt ein Rätsel, wie vieles andere bei dieser Geschichte.

Im Mittelpunkt steht der heute 54 Jahre alte New Yorker Geschäftsmann Jacob Ostreicher. Er kam am Montag in den USA an, nach einer Tortur, die vor zwei Jahren begann. Da wurde Ostreicher in Bolivien im Zuge von Ermittlungen festgenommen, die sich um Geldwäsche bei einem Reisanbau-Unternehmen drehten.

Der US-Bürger hatte sich mit einer Gruppe von Schweizer Investoren an dem Reis-Projekt beteiligt. Er verbrachte 18 Monate in einem bolivianischen Gefängnis, ohne jemals angeklagt zu sein. Wie er später der Nachrichtenagentur AP schilderte, versuchten Staatsanwälte in dieser Zeit, im Gegenzug zu seiner Freilassung Tausende Dollar aus ihm herauszupressen.

Gespannte Beziehungen zwischen den USA und Bolivien seit 2008

Die Beziehungen zwischen den USA und Bolivien sind seit 2008 gespannt, als Präsident Evo Morales den Washingtoner Botschafter aus dem Land verwies. So war es denn der prominente US-Schauspieler und Aktivist Sean Penn, an den sich Ostreicher in seiner Not wandte. Penn war häufig Gast des – inzwischen gestorbenen – Präsidenten von Venezuela, Hugo Chávez, und ein scharfer Kritiker der US-Außenpolitik. Das sind Qualitäten, die ihn bei Morales und anderen linksorientierten politischen Führern in Lateinamerika beliebt machen.

So reiste denn der Star im vergangenen Jahr nach La Paz und setzte sich direkt bei Morales für Ostreichers Freilassung ein. Der bolivianische Präsident ordnete daraufhin eine Untersuchung mit hochkarätigen Ermittlern an. Sie führte zur Entlarvung eines Ringes, der Geld von Menschen erpresste, die im Verdacht von Drogenverbrechen standen.

Es kam zu 15 Festnahmen, so auch von mehreren Staatsanwälten und dem Toprechtsberater des bolivianischen Innenministeriums. Dieser war wiederholt aus La Paz in die im östlichen Landesteil gelegene Stadt Santa Cruz geflogen, um bei gerichtlichen Anhörungen eine weitere Inhaftierung Ostreichers sicherzustellen.

Ostricher: „Ohne Sean Penn würde ich im Gefängnis sterben“

Im Dezember 2012 kam der New Yorker bei einer Anhörung, an der Penn teilnahm, aus dem Gefängnis von Palmasola frei, einer Haftanstalt mit gewalttätigen rivalisierenden Insassen. Aber er wurde unter Hausarrest gestellt, durfte das Land nicht verlassen.

Penn versprach, ihn nicht im Stich zu lassen. „Ohne Sean Penn wäre ich nur eine weitere Statistik in Bolivien und würde im Gefängnis sterben“, sagte Ostreicher der AP vor einem Jahr, nachdem zuvor Vorstösse von US-Diplomaten und Kongressmitgliedern für seine Freilassung gescheitert waren.

Wie er jetzt in die USA gelangte, wer ihm dabei half, darüber sickerte wenig durch. „Man wird es nie herausfinden“, sagt Peter Hakim vom Zentrum Inter-American Dialogue in Washington. Wenn die US-Regierung involviert gewesen sei, dann absolut verdeckt.

Ausreise via Peru

Dem bolivianischen Justizministerium zufolge flog Ostreicher von der peruanischen Hauptstadt Lima aus nach Peru. Sein Hausarrest sei zuvor gelockert worden. So habe Ostreicher, der aus einer jüdisch-orthodoxen Familie stammt, wiederholt Ausflüge nach La Paz unternommen, um von seinen Verwandten geschickte Pakete mit koscheren Nahrungsmitteln abzuholen. Es sei leicht gewesen, sich während einer dieser Reisen abzusetzen. Von La Paz ist die Grenze mit Peru per Auto in kurzer Zeit zu erreichen.

Penn sprach in einer E-Mail an AP lediglich von einer „humanitären Operation“, die gestartet worden sei, um den Amerikaner „von der korrupten Strafverfolgung und Gefangenschaft“ in Bolivien zu befreien. Ostreicher hatte angegeben, dass eine Kolumbianerin das Reis-Unternehmen geleitet, Gelder der Investoren abgezweigt und eine Affäre mit einem brasilianischen Drogenhändler gehabt habe.

Empörung in der bolivianischen Regierung

Vertreter der bolivianischen Regierung haben sich empört über Ostreichers Flucht geäussert und gewarnt, dass sie seine Auslieferung beantragen könnten. Aber Analysten halten es für äusserst unwahrscheinlich, dass es zu einer Rückkehr des Mannes nach Bolivien kommt. Sie weisen darauf hin, dass Ostreicher zur Aufdeckung eines Erpresser-Ringes beigetragen habe, der in die höheren Ebenen der Regierung gereicht habe. Angesichts der Medienaufmerksamkeit sei es nicht abwegig anzunehmen, dass die Regierung seine Flucht sogar stillschweigend gebilligt habe.

Hält sich Penn über den jetzigen Aufenthaltsort seines Schützlings bedeckt, ließ er immerhin wissen, dass sich Ostreicher in Sicherheit befinde – und dass es ihm gut geht.