Mittwoch31. Dezember 2025

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KinoZuckersüß, aber wo steppt der Bär?

Kino / Zuckersüß, aber wo steppt der Bär?
Timothée Chalamet (l.) als Willy Wonka und Hugh Grant als Oompa Loompa in einer Szene des Films „Wonka“ Foto: Warner Bros. Picture/dpa

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Wenn man einen der besten Familienfilme aller Zeiten inszeniert hat, ist es natürlich kein leichtes, vielleicht sogar ein unmögliches Unterfangen, mit dem Folgefilm diese Latte noch höher zu legen. Kommt „Wonka“ auch nur ansatzweise an die Größe und die Herrlichkeit von „Paddington 2“ heran? Nein.

Seien wir aber auch so ehrlich und merken an, dass es im 21. Jahrhundert bisweilen keine zwei Handvoll Filme gab, die „Paddington 2“ das Wasser reichen konnten. Und nein: Der Autor dieser Zeilen ist einmal nicht in den Sumpf des ironischen Unernstes gefallen.

„Wonka“ ist ein Prequel zu Roald Dahls Geschichte um Charlie Bucket, den exzentrischen Chocolatier Willy Wonka, Oompa Loompas und goldene Tickets. Bis auf Charlie sind alle Elemente aus der Buchvorlage vorhanden. Paul Kings Film ist jedoch kein Prequel zu den beiden Verfilmungen von „Charlie and the Chocolate Factory“ – weder von Tim Burtons Verfilmung noch dem 70er-Jahre-Klassiker mit Gene Wilder als Wonka.

Nach sieben langen Jahren auf See, um die exotischsten Zutaten für seine verrückten Schokoladenkreationen zu sammeln, landet Willy Wonka in einer nicht weiter benannten europäischen Küstenstadt, um dort in den sagenumwobenen Galeries Gourmands seinen Schokoladenladen zu eröffnen. Einfacher gesagt als getan. Das Schokoladenkartell um ihn herum macht ihm das Leben schwer, er wird Opfer von Kleingedrucktem und ein kleiner Oompa Loompa, der Hugh Grant sehr ähnlich ist, klaut jede Nacht seine gemachte Schokolade. Aber Willy ist nicht allein.

Wenn irgendjemand das völlig unnötige Prequel zu einer universell geliebten Roahl-Dahl-Geschichte verfilmen könnte, dann wäre es Paul King, der Regisseur der Paddington-Filme. Wobei, Wes Anderson beschenkte uns erst vor wenigen Monaten mit gleich vier köstlichen Verfilmungen von Dahl-Kurzgeschichten, die es bei Netflix zu sehen gibt. Paul Kings zuckersüßer Sinn für world building findet in diesem hoch budgetierten Familienfilm eine willkommene Arbeitsfläche. Mit sehr viel Liebe zum Detail amüsiert sich der Regisseur, eine Welt zu erschaffen, die sogar einem diabetischen Charles Dickens Freude bereiten könnte. „Wonka“ ist unzynische Familienunterhaltung, wie es sie fast nicht mehr gibt. Ganz überraschend sind dann sogar die Musical-Nummern, mit denen der Film aufwartet und die in keinem Trailer vorab angekündigt wurden. Die Texte hinter diesen Songs stammten von The-Divine-Comedy-Liederschreiber und Indie-Gott Neil Hannon. Timothée Chalamet gets the job done, die großen Lieblinge im Casting sind aber woanders anzutreffen. Allen voran Hugh Grant, der mit nur wenigen Auftritten und ohne großes Theater den Film an sich reißt.

Ob man jetzt Kapitalismuskritik in diesem Film herauslesen will oder nicht, liegt natürlich im Auge des Betrachters. Weitaus wichtiger ist, ob ein gewisser Restbestand an Roahl Dahl in „Wonka“ wiederzufinden ist. Der Autor war die letzten Monate wieder in Verruf geraten wegen seiner antisemitischen, rassistischen und post-kolonialen Tendenzen. Die post-koloniale Konnotation im Hinblick auf die Oompa Loompas wurde jetzt in „Wonka“ ganz einfach umgangen. Was Paul Kings Films jedoch fehlt – und das liegt in der Natur seines Schaffens –, ist die verspielte Bösartigkeit, die sich in Roald Dahls Schreiben versteckte. Unabhängig vom Ergebnis wusste Tim Burton zuletzt mit dieser umzugehen und Wes Anderson sowieso. Nichtsdestotrotz inszeniert Paul King einen kurzweiligen, wenn auch komplett harmlosen Film, der wohl kaum im cinephilen Langzeitgedächtnis hängen bleiben wird, wie etwa … ja, „Paddington 2“. Die große Frage bleibt jetzt nur noch: Was wird jetzt bloß aus „Paddington 3“, wenn Paul King nicht mehr im Regiestuhl sitzt?

„Wonka“ von Paul King; mit u.a. Timothée Chalamet, Calah Lane, Olivia Colma und Hugh Grant, zu sehen in den Kinepolis-Multiplex-Kinos sowie in den Regionalkinos von Cinextdoor und Caramba.