Donnerstag13. November 2025

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KunsteckeZeitgenössische Kunst als „lebender Organismus“

Kunstecke / Zeitgenössische Kunst als „lebender Organismus“
Henri Matisse, „Grand nu couché (nu rose)“, 1935, Öl auf Leinwand, 66,4x93,3 cm – The Baltimore Museum of Art: The Cone Collection, gegründet von Dr. Claribel Cone und Miss Etta Cone, Baltimore, Maryland (BMA 1950.258), © Succession Henri Matisse/2023, ProLitteris, Zürich Foto: The Baltimore Museum of Art: The Cone Collection/Mitro Hood

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Bis Jahresende gibt es in Luxemburg noch einige sehenswerte Ausstellungen, doch setzen wir unseren Blick über die Grenzen und darüber hinaus ins Kunstjahr 2024 fort. Nach dem Klee-Zentrum in Bern und dem Centre Pompidou Metz schauen wir heute, was es im Ausstellungsprogramm 2024 der Fondation Beyeler in Riehen/Basel gibt.

Das schmucke Museum nahe Basel ist immer für Überraschungen gut, so auch nächstes Jahr. Sicher, die große Henri-Matisse-Ausstellung im Herbst steht wohl im Mittelpunkt, doch weil für ART-Basel-Besucher im Juni stets ein Abstecher nach Riehen geplant ist, wollen wir die Sommerausstellung vom 19. Mai bis 11. August in den Vordergrund stellen, wird doch in dieser Zeit die gesamte Anlage der Stiftung in eine „experimentelle Präsentation zeitgenössischer Kunst“ umgewandelt.

Ein ehemaliger Museumsdirektor aus Luxemburg hat die „Fondation Beyeler“ uns gegenüber einmal als sein „Lieblingsmuseum“ bezeichnet. Wer die Fondation besonders im Frühjahr besucht hat, weiß um die feine, fast intime Atmosphäre und kennt die Qualität der Sammlung sowie der Gastexpos. In Anspielung an die Matisse-Schau erinnert die Fondation denn auch in ihrer Vorschau 2024 an die Mega-Ausstellung „Paul Gauguin“ (2015), die „Monet-Schau“ (2017) oder die Präsentation „Der junge Picasso – Blaue und Rosa Pferde“ (2019). Der Blick auf das Werk von Matisse soll „eine Einladung zur Reise“ sein. Die Expo läuft vom 22. September 2024 bis 26. Januar 2025. In diesen Zeitraum fällt auch der Geburtstag von Henri Matisse. Er wurde am 31.12.1869 geboren und verstarb am 3.11.1954. Es ist, so die Fondation, die erste Henri-Matisse-Retrospektive im deutschsprachigen Raum seit fast 20 Jahren. Sein Werk hat Geschichte geschrieben, Künstlergenerationen beeinflusst und gilt bis heute als „Befreiung der Farbe vom Motiv und der Vereinfachung der Formen“. Damit hat Matisse „die Malerei auf eine neue Grundlage gestellt und dabei eine bis dahin unbekannte Leichtigkeit in die Kunst gebracht“. Ihm ist in der Stadt Nice ein eigenes Museum gewidmet.

Matisse – „Einladung zur Reise“

Mit über 70 Hauptwerken, sowohl von europäischen wie amerikanischen Museen und Privatsammlern zur Verfügung gestellt, will diese Ausstellung die Entwicklung und Vielfalt im wegweisenden Schaffen des Künstlers ausloten. Die Werke umspannen die gesamte Schaffensperiode des Malers bis hin zu seinen „legendären Scherenschnitten des Spätherbstes der 1940er- und 1950er-Jahre“. Die Schau lehnt sich an das Gedicht „Einladung zur Reise“ von Charles Baudelaire an, finden sich doch in einigen Werken von Matisse deutliche Referenzen an besagte Lyrik. Es ist darüber hinaus bekannt, dass der Künstler zahlreiche Reisen, die ihn inspirierten, unternommen hat. Henri Matisse ist ein markanter Vertreter der Moderne. Diese Expo darf in keiner Agenda fehlen.

Wer nicht bis Herbst warten möchte, um nach Riehen zu pilgern, kann dies bereits vom 21. Januar bis 21. April tun. Die Stiftung widmet dem kanadischen Fotografen Jeff Wall dann eine umfassende Einzelausstellung. Walls ganz spezielle Foto-Welt haben wir vor Jahren am Rande der ART Basel im „Schaulager“ der Museumsstadt erlebt, auch haben einige seiner Arbeiten bereits den Weg ins Mudam in Luxemburg gefunden, sodass diese sicherlich faszinierende Schau für Kunstfreunde aus dem Großherzogtum weniger anziehend sein dürfte. Für Begeisterte des kunstvollen Lichtbildes, das bei Wall teilweise in Lichtkasten ganz plastisch präsentiert wird, bleibt ein Besuch sicher ein Erlebnis.

Zeitgenössisches im  Sommer

Besucher der bedeutendsten Kunstmesse der Welt, „ART Basel“, sollten sich im Juni auf die Performances von 20 bekannten Künstlern freuen, da diese gemeinsam eine außergewöhnliche Präsentation zeitgenössischer Kunst auf dem gesamten Gelände der Fondation Beyeler gestalten werden. Das Angebot geht über die bildende Kunst an sich hinaus und berührt auch Dichtung, Musik, Philosophie, Design und Architektur. Mitwirkende an dieser außergewöhnlichen Schau sind Michael Armitage, Federico Campagna, Ian Cheng, Marlene Dumas, Frida Escobedo, Peter Fischli (der permanent in Riehen vertreten ist), Cyprien Gaillard mit Victor Man, Dominique Gonzalez-Foerster, Wade Guyton, Carsten Höller mit Adam Haar Hornwitz, Pierre Hugue, Arthur Jafa, Koo Jeong A., Dozie Kanu, Gildo Meireles, Fujiko Nakaya, Precious Okoyomon, Philippe Parreno, Tino Sehgal, Rirkritt Tiravanija, Ramdane Touhami und Adrian Villar Rojas.

Kenner der aktuellen Kunstszene haben einige klangvolle Namen auf dieser Liste entdeckt, doch es geht bei dieser Realisation weniger um den einzelnen Beitrag als um die Darstellung zeitgenössischer Kunst, die sich als wandelnden „lebenden Organismus“ versteht. Die Liste der beteiligten Künstler wird laufend ergänzt. Verbindungen zwischen den Werken werden hergestellt, betroffene Künstler wie auch Objekte aus der hauseigenen Sammlung der Stiftung werden in diese konzeptuelle Arbeit einbezogen. In der Tat werden sowohl existierende Arbeiten angepasst und erweitert als auch neue geschaffen. Eine ganze Reihe an neuen Werken werden sozusagen in situ, also vor Ort verwirklicht. An der Grundausrichtung der Ausstellung hat ein Team um Precious Okoyomon, Philippe Parreno, Hans Ulrich Obrist, Künstlerischer Leiter der Serpentine Galleries London, sowie auch Sam Keller, Mona Mekouar und Isabela Mora von der Fondation Beyeler mitgewirkt.

Das Programm der Fondation Beyeler 2024 entspricht demzufolge einmal mehr der Philosophie des Hauses, das über eine bedeutende Sammlung mit Werken der klassischen Moderne sowie der Gegenwartskunst verfügt und diese im kommenden Jahr neben den anvisierten Gastausstellungen themenweise der Öffentlichkeit zugänglich macht. Die Fondation Beyeler scheut keine Mühe, um immer wieder „hochkarätige Ausstellungen“ zu präsentieren. Im Jahr 2024 wird sich aufgrund der Programmierung erweisen, wie gelungen sich der Museumsbau von Renzo Piano und die üppige Parkanlage ergänzen.  

Info

Fondation Beyeler, Baselstrasse 77, CH-4124 Riehen
www.fondationbeyeler.ch