Mittwoch31. Dezember 2025

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Lyrikband „Ich bin am Leben“Yirgalem Fisseha Mebrahtu verarbeitet ihr Leiden in einem eritreischen Gefängnis

Lyrikband „Ich bin am Leben“ / Yirgalem Fisseha Mebrahtu verarbeitet ihr Leiden in einem eritreischen Gefängnis
Die heute in ­München lebende ­Lyrikerin ­Yirgalem ­Fisseha ­Mebrahtu wurde im eritreischen Militärgefängnis Mai Serwa gefoltert Foto: Maximilian Gödecke

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Der Lyrikband „Ich bin am Leben“ ist trotz seines düsteren Entstehungskontextes ein Buch, das Hoffnung vermittelt. Genau richtig in Zeiten wie diesen.

Die Durstigen, die sich in einer von Kriegen und Konflikten erschütterten Welt nach Frieden sehnen, dürften sich von Yirgalem Fisseha Mebrahtus Gedichten wie von einer frischen Wasserquelle angezogen fühlen. „Senke nicht den Blick, weite deine Brust / sollte der heutige Tag verloren sein, / so wird der morgige doch dir gehören“, schreibt die eritreische Journalistin und Lyrikerin in dem programmatischen Gedicht „Erhobenen Hauptes“, mit dem ihr Band „Ich bin am Leben“ beginnt. Die zweisprachige Ausgabe – die Texte können auf Tigrinisch und Deutsch gelesen werden – versammelt zu einem Großteil Gedichte, die Yirgalem Fisseha Mebrahtu während und nach ihrer sechsjährigen Haft im Militärgefängnis Mai Serwa geschrieben hat.

Dort wurde sie verhört und gefoltert. 2018 konnte sie nach Uganda fliehen. Heute lebt sie in München. Bis 2021 nahm sie als Stipendiatin bei dem Writers-in-Exile-Programm des PEN Deutschland teil. Ihre Gedichte zeugen – das wird bei der Lektüre deutlich – von der bewundernswerten Unbeugsamkeit ihrer Verfasserin, die in einer kämpferischen Haltung und dem Glauben an eine bessere, ruhigere Zukunft gründet. „Das Vergangene ist vergangen / und das Verzehrte ist verzehrt. / Lass nicht nach in deiner Anstrengung, / mag es dir glücken oder nicht / es kann doch gelingen, mit jedem Versuch ein wenig mehr.“

Die Sehnsucht nach der Heimat

Yirgalem Fisseha Mebrahtu spricht auch von dem Schmerz, den jene fühlen, die vertrieben wurden oder nicht mehr erwünscht sind in ihrem Heimatland, die Repressalien und Gewalt zu befürchten haben: „Mein Bruder, Sohn Eritreas, ist nicht in seinem Land, / meine Schwester, Tochter Eritreas, ist nicht in ihrem Land, / hier und da, wo auch immer sie hingehen / stoßen sie auf ihr Schicksal.“ In dem Gedicht „Scherz und Verzweiflung“ erzählt die Autorin von einer Begegnung mit einem jungen Mann, der sie zu ihrer Heimat befragt und sie aufgewühlt, weil von Trauer über die Situation in ihrem Land ergriffen, zurücklässt. „Was ist mit eurer Selbstständigkeit, eurer Kultur, / Eurer Geschichte – welche Farbe hat sie?“, fragt der junge Mann sie, woraufhin sie nur stammelnd zu einem Scherz fähig ist, wobei, das verrät der letzte Vers, ihr die Tränen in die Augen schießen.

Bei Gedichten wie „Die Enge“, in denen die Autorin ihrer Schwermut Ausdruck verleiht, fühlt man sich aufgrund ihrer Prägnanz an Texte von Walter Kempowski erinnert, der in seinem Gedichtband „Langmut“ ebenfalls die traumatische Erfahrung einer Haft literarisch verarbeitete. Dann wieder obsiegt bei Yirgalem Fisseha Mebrahtu die Zuversicht, das Vertrauen darauf, dass Krisen bewältigt werden können: „Mag geschehen, was geschieht, mag sich ereignen, was sich ereignet. / Ziehe dein Qnat [ein schalartiges Tuch] stramm und du triumphierst.“ Für Menschen, die nach Worten des Trostes und der Ermutigung suchen, wird die Lektüre von „Ich bin am Leben“ sicherlich eine Wohltat sein.

fraulein smilla
8. November 2023 - 23.36

Wuerde Mich mal intressieren ob Fisseha Mebrathu ihre Gedichte selbst uebersetzt hat . Als eine Weiise Niederlaenderin die Gedichte der schwarzen US Poetin Amanda Gorman uebersetzen sollte , schlug der Wokewahnsinn wieder zu ,der bestimmte dass nur schwarze Frauen Gedichte von schwarzen Frauen uebersetzen duerfen .