Dienstag23. Dezember 2025

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AlbumkritikenWie überzeugend die neuen Platten „Here We Go Crazy“ und „Critical Thinking sind“

Albumkritiken / Wie überzeugend die neuen Platten „Here We Go Crazy“ und „Critical Thinking sind“
Zwei neue Alben im Test: „Here We Go Crazy“ und „Critical Thinking“ Collage: Tageblatt

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Bei Bob Mould müssen Musikfans genau hinhören, die Manic Street Preachers gehen politische Themen an. Und wie schneiden die Platten im Hörtest ab? Zwei Kurzkritiken.

„Here We Go Crazy“

Rating: 8/10 Punkte
Rating: 8/10 Punkte Quelle: Granary Music/BMG Records

Mit 64 Jahren weiß Bob Mould noch positiv zu überraschen. Der Mann, der zwischen 1979 und 1988 Teil des Punkrock/Post-Hardcore-Trios Hüsker Dü war, hat sein 15. Soloalbum veröffentlicht. Auf „Here We Go Crazy“ (8 Punkte) geizt der US-Amerikaner, der lange in Berlin lebte und die letzten Jahre viel Zeit in der südkalifornischen Wüste verbracht hat, nicht mit eingängigen Melodien und Songs.

Mould hat unter eigener Regie mit Bassist Jason Narducy und Schlagzeuger Jon Wurster elf Songs eingespielt, die nicht nur wegen ihrer Gesamtdauer von 31 Minuten kurzweilig sind. Er ist ein erfahrener Songschreiber, dem es gelingt, keine monotone Fließbandarbeit abzuliefern. Seine prägnante Stimme, die Gitarrenriffs, die Melodien – Mould überlässt nichts dem Zufall, weshalb auf „Here We Go Crazy“ kein Lückenfüller zu finden ist. Er selbst sagt dazu: „Oberflächlich betrachtet handelt es sich hier um eine Reihe geradliniger Gitarrenpopsongs. Ich verfeinere meinen primären Sound und Stil durch Einfachheit, Kürze und Klarheit. Unter der Oberfläche gibt es einige gegensätzliche Themen: Kontrolle und Chaos, Hypervigilanz und Hilflosigkeit, Ungewissheit und bedingungslose Liebe.“ Er habe sich aufs Wesentliche konzentriert, wie er sagt, auf „die Energie, die Elektrizität“.

Wer nur oberflächlich hinhört, wird womöglich vieles übersehen und überhören, was sich in der Tiefe der Songs versteckt: etwa die Wut in „Fur Mink Augurs“, einem Song über Klaustrophobie. Im Titelstück geht es um Gegensätzliches: um Kontrolle und Chaos, um Natur und das hektische Dasein der Menschen. Der Folksong „Lost Or Stolen“ beschreibt die Abhängigkeit von Smartphones und die damit einhergehenden psychischen Auswirkungen. Um es mit Moulds Worten zu sagen: „Here We Go Crazy“ ist ein Album voller „sanfter Melodien und lyrischem Unbehagen“. Und in seiner Gesamtheit wunderschön.


„Critical Thinking“

Rating: 7/10 Punkte
Rating: 7/10 Punkte Quelle: Columbia

Die walisischen Musiker James Dean Bradfield, Sänger und Gitarrist, Nicky Wire, Bassist, Keyboarder und Sänger, und Schlagzeuger Sean Moore machen seit 1986 zusammen Musik. Sie lernten sich in der Schule kennen, gründeten Manic Street Preachers und hatten ihre kommerzielle Hochphase in den Neunzigern. Sie haben kontinuierlich weitere Alben veröffentlicht. „Critical Thinking“ ist das mittlerweile 15. des Trios.

Das erscheint genau 30 Jahre nach dem Verschwinden des einstigen vierten Bandmitglieds Richey Edwards, dessen Schicksal Anlass für Spekulationen bleibt. Beging er Suizid? Ist er einfach abgetaucht? Offiziell wurde er 2008 für tot erklärt. Seine verbliebenen Bandkollegen schafften es irgendwie, den Verlust zu überwinden und weiterzumachen.

Zu „Critical Thinking“: Einer der Ohrwürmer ist „Decline And Fall“. Der Song erinnere sie an Abba und Ultravox, erklärten sie in einem Interview mit BBC 6 Music. Ehrlicherweise kann man auch in „Brushstrokes Of Reunion“ Abba heraushören. Und auch wenn Manic Street Preachers seit längerem glattpoliertere Songs schreiben, ist der poppig anmutende Titelsong allein wegen Bradfields Sprechgesang ein ungewöhnlicher Auftakt für dieses politische Album.

Wenn sie andere Themen anschneiden, erinnern sie in „Dear Stephen“ an den jungen Steven Patrick Morrissey. Der war Frontmann der Smiths, die Wire in den Achtzigern vergötterte. Heute ist Morrissey leider zu einer äußerst streitbaren Figur mit nationalistischen Ansichten mutiert. In dem Song heißt es: „Dear Stephen, please come back to us / I believe in repentance and forgiveness / It’s so easy to hate, it takes guts to be kind / To paraphrase one of your heartbreak lines.“ Letztlich kommen auch hier politische Themen durch die Hintertür ins Spiel.