Anlässlich unseres diesjährigen Besuches im ZPK am Rande des Berner Stadtkerns, konnten wir uns von der dualistischen Programmphilosophie überzeugen. Zum einen gibt es Gastausstellungen, parallel dazu jeweils einen Einblick in den „Kosmos Klee“, wie es heißt. Die Kunst des Malers wird in all ihren Facetten vorgestellt, aber auch in Relation zu eingeladenen zeitgenössischen Künstlern gestellt. Nächstes Jahr wird der ägyptische Künstler Hamed Abdalla (1917-1985) anhand seiner Auseinandersetzung mit der europäischen Moderne, insbesondere Paul Klee, ausführlich dargestellt. In der sich immer erneuernden FOKUS-Reihe geht es um den Einfluss von Paul Klee auf die Architektur sowie eine ausgiebige Analyse der Zeitschriften der Avantgarde.
Im Frühling, wenn auch in der Schweiz wieder die Bäume ihre Blüten treiben, steht die britische Künstlerin Sarah Morris, 1967 in England geboren und heute in New York lebend, im Mittelpunkt. Sie ist sowohl als Malerin wie als Filmemacherin aktiv und stellt in ihren Werken, wie die Pressenotiz des Zentrums formuliert, „Fragen zu Modernität und Macht“ – ein Thema, das gerne künstlerisch aufgearbeitet wird, erlaubt es doch, tief in diverse uns umfassend beherrschende Systeme einzudringen, etwa wie unsere Städte gebaut sind und/oder sich die „Architektur“ der Großkonzerne über verschiedene Ebenen hinweg entwickelt. Angesichts der Grundwandlung der Schwerpunkte in unseren Gesellschaften reicht das Interesse von der Organisation der Mobilität bis hin zur „digitalen Infrastruktur“, die morgen und übermorgen wohl sicherlich dominante Machtfaktoren sein werden. Insgesamt 15 Filme illustrieren diese Elemente mit interessantem Einblick in die „Dynamik von globalen Metropolen wie Los Angeles oder Beijing“. Die Filmeinheiten „verschmelzen mit der Malerei zu einer künstlerischen Einheit“. Start dieser Expo mit dem Titel „All Systems Fail“ wird am 28. März 2024 sein.
Brasilien als Spiegelbild der Moderne
Im Herbst ist Brasilien unter dem Titel „Brasil! Brasil! Aufbruch in die Moderne“ zu Gast im ZPK. Es ist das Ergebnis einer umfangreichen Recherche in der Kunstgeschichte des flächenmäßig größten Landes in Lateinamerika, ein Land, das durch seine Wälder, seinen Fußball, seinen Karneval, seine weißen Strände und eine bewegte politische Szene bekannt ist, zahlreiche Touristen anzieht und ein nicht zu übersehendes Wahrzeichen hoch oben auf dem Zuckerhut sein Eigen nennt. Wie aber steht es mit der bildenden Kunst? Man habe in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach einem eigenen modernen künstlerischen Ausdruck gesucht, sagen Experten. Der Blick nach Europa machte, parallel zu „afrobrasilianischen Kulturen“, aus Paul Klee eine wichtige „Referenz“. Unterschiedliche Befindlichkeiten sind selbstredend da, sodass Brückenschläge zur europäischen Moderne stets mit einer gewissen Distanz zu betrachten sind.
Wie stets in der Kunst, haben auch die brasilianischen Kreativen nicht alle den gleichen Weg gesucht, ihre „Bildsprachen“ entfalteten sich vielseitig. Die Ausstellung gewährt nun einen Einblick in das Schaffen von zehn Künstlern, mit gleichzeitiger Erinnerung an gesellschaftliche Entwicklungen und prägende Momente im kulturellen Feld des angepeilten Zeitraums. Die Auswahl reicht von Tarsila do Amaral (1886-1973) über Vincente do Rego Monteiro (1899-1970) bis zu Geraldo de Barros (1923-1988). Es ist also kein Einstieg in die heutige Kulturszene, vielmehr eine Spurensuche im Brasilien des Aufbruchs. Eröffnung der Schau ist am 6. September 2024.

Foto: Emmanuel Littot © Artist’s Estate
Eingangs haben wir auf die FOKUS-Ausstellungen hingewiesen. Doch gilt es zu präzisieren, dass der Blick auf das Werk von Hamed Abdalla, der als Pionier der ägyptischen Moderne gilt, zum ersten Mal in einer Solo-Expo in der Schweiz möglich sein wird. Der Künstler, der ab den 1950er Jahren in Europa lebte, setzte sich intensiv mit Paul Klee auseinander und war ein Adept der Hurufiyya-Bewegung, die neue „künstlerische“ Möglichkeiten aus dem arabischen Alphabet zu entwickeln versuchte. Er verband Abstraktion mit menschlichen Formen. Die Expo läuft vom 27.1. bis zum 26.5.2024.
Zweite Ausstellung dieser Reihe ist „Architektur mit Klee. Von Mies van der Rohe bis Lisbeth Sachs“ (1.6.-13.10.2024). Die Architektur ist ein eher klassisches Segment in der Arbeit von Paul Klee. Sein Einfluss auf zahlreiche Architekten ist bekannt. Einige waren Sammler seiner Arbeiten, Carlo Scarpa inszenierte gar 1948 die Klee-Ausstellung im Rahmen der Biennale in Venedig. Viele Architekten studierten auch seine Schriften, wobei die Ausstellung jetzt vor allem auf das Werk von Lisbeth Sachs eingehen wird.
Spannend wird am Ende das dritte FOKUS-Kapitel im kommenden Jahr, dies mit einem Schlaglicht auf die „Zeitschriften der Avantgarde“. Diese Präsentation beginnt am 19. Oktober und reicht bis Februar 2025. Es ist ein interessanter Rückblick auf eine Zeit, in der viel gewagt, neu erfunden und resolut vertreten wurde. Im „Zeitalter“ der Avantgarden entstanden Zeitschriften, gar Streitschriften, die heute als „einzigartige kunsthistorische Quellen“ zu werten sind, setzten diese doch auch „Maßstäbe in der Geschichte des Design“. Die Zeitschrift gilt als wichtiges Medium „der künstlerischen Moderne“. Dies soll gewürdigt werden. Möge eine ähnliche Initiative auch einmal Luxemburger Zeitschriften der Avantgarde unter die Lupe nehmen!
De Maart
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