Dienstag4. November 2025

Demaart De Maart

Spuren der Vergangenheit

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Einstige Geliebte werden zu Fremden, Gefühlsverwirrungen, Verhaltensstörungen und körperliche Unselbstständigkeit bestimmen und erschweren den Alltag. Emile Hengen

Betroffene verlieren jeglichen Bezug zur Gegenwart, vergessen zunächst jüngste Ereignisse, verlieren dann das vergangene Jahr und kurze Zeit darauf sind dann auch frühere Jahrzehnte aus ihrem Gedächtnis gestrichen. Die unaufhaltsame Regression des Bewusstseins vollzieht sich schleichend, im Anfangsstadium nahezu unbemerkt.

TRACES DE MÉMOIRE

o Wo?
Galerie Terre Rouge, Kulturfabrik, 116, rue de Luxembourg, L-4221 Esch-sur-Alzette

o Wann?
Bis zum 15. April, Mo.-So.: 15.00-19.00 Uhr

o Kontakt:
55 44 93-1

o Internet:
www.kulturfabrik.lu
www.alzheimer.lu 

Allein in Luxemburg leiden mehr als 5.000 Menschen an dieser neuro-degenerativen Erkrankung. Hoffnung im Kampf gegen die heimtückische Alzheimer-Demenz besteht nicht. Doch wissenschaftliche Erkenntnisse nehmen zu: Eine frühzeitige Diagnose und entsprechende Behandlung vermag Symptome lindern und das Fortschreiten der Krankheit verzögern.
„Das Gefühl der Liebe, der Zuneigung, der Geborgenheit und des Vertrauens sind für Erkrankte unentbehrlich“, erklärt die luxemburgische Fotografin Véronique Kolber. Sie weiß, wovon sie spricht. Im vergangenen Jahr starb ihr Großvater, der an Alzheimer erkrankt war, auf tragische Art und Weise. „Ihm ist diese Ausstellung, die dank der „Association Luxembourg Alzheimer“ zustande kam, gewidmet. Ich wollte ihm ein Denkmal setzen!“, führt Véronique fort.
Ein Teil ihrer fotografischen Arbeit, die noch bis zum 15. April in der Galerie „Terre Rouge“ ausgestellt ist, trägt den Titel „Absences“. Sie zeigt das Wohnzimmer ihres Großvaters, kurz nach dessen Tod: leergeräumt, entpersonalisiert. Lediglich vereinzelte, verblasste Schattierungen an den Wänden, wo einst Bilderrahmen am Nagel hingen, erinnern an sein bewegtes Leben.
„Traces de mémoire“ ist der Versuch einer Kunstausstellung, die zwei Künstler – Théid Johanns und Véronique Kolber – vereint, das Leben sowie die Gefühle eines an Alzheimer erkrankten Menschen zu erfassen und dem Betrachter einen tiefgründigen Einblick in eine auf tragische Art und Weise verschwindende Welt zu gewähren; eine Welt in der Erinnerungen unverhofft aufblitzen, um wenige Augenblicke später für alle Ewigkeit zu verschwinden.
Juni 2007: Der luxemburgische Künstler Théid Johanns begibt sich in die Alzheimer-Tagesstätte „Gënzegold“ in Dahl, setzt Patienten eine Kamera auf und begleitet sie durch ihren Alltag. In seiner 13-minütigen Videoinstallation, die an keinem spurlos vorbeigeht, konfrontiert er die Betrachter schonungslos mit der Leidensgeschichte von zwei an Altersdemenz erkrankten Menschen, die tagaus, tagein vergessen, verwechseln und irren.

Poetisch-sinnliche Bildersprache

Véronique Kolber hingegen behandelt das Thema mit einer gewissen poetisch-sinnlichen Bildersprache. Bei ihrer zweiten Bilderserie „Apparitions“ handelt es sich um nostalgische Schwarz-Weiß-Fotografien aus längst vergessenen Zeiten, die einst ihr Großvater schoss.
Die abgebildeten Motive hat sie anschließend nachinszeniert, ein zweites Mal abgelichtet und beide Versionen mittels des „Layer“-Verfahrens übereinandergelegt. „Mit meiner Arbeit mag ich die Vergangenheit mit der Gegenwart verschmelzen und Erinnerungen an geliebte Menschen wach halten. Denn nichts in dieser Welt ist schlimmer, als jemanden zu verlieren, den man bedingungslos geliebt hat.“
Diese Ansicht teilen wir wohl alle…