Montag22. Dezember 2025

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„Materia Movens“ und „Rats and Ritual“Ratten, Skulpturen und skurrile Figuren in Luxemburger Galerien

„Materia Movens“ und „Rats and Ritual“ / Ratten, Skulpturen und skurrile Figuren in Luxemburger Galerien
Die Künstler Eric Dickes (l.) und Wouter Van Der Vlugt (r.) stellen ihre Skulpturen in der Galerie Sixthfloor aus Foto: Marc Lépine (Sixthfloor)

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So starr die Figuren des Atelier Van Lieshout in der Galerie Nosbaum Reding in Luxemburg-Stadt wirken, so schwungvoll und mobil geben sich Objekte und Skulpturen von Eric Dickes und Wouter Van Der Vlugt bei Sixthfloor in Koerich. Ein kritischer Blick auf diese unterschiedlichen Ausstellungen, die nur noch für kurze Zeit zu besichtigen sind.

Mit der Expo „Atelier Van Lieshout“ hat die Galerie Nosbaum Reding Werke eines Künstlers nach Luxemburg geholt, die vor zwei Jahren in einem spektakulär aufgemachten Rundgang durch die Hauptstadt mit spannenden Werken die Luxart im öffentlichen urbanen Raum ergänzten. Heuer ist Van Lieshout zwar auch bei der LUGA draußen im Stadtpark vertreten, doch der Schwerpunkt dieses 1995 von Joep van Lieshout gegründeten Studios liegt diesmal auf der Präsentation der Expo „Rats and Rituals“ in den Räumlichkeiten der Galerie. Atelier Van Lieshout ist international bekannt, die Luxemburger Galerie hat mit dieser 26 Objekte und Zeichnungen umfassenden Schau eine zwar eindrucksvolle, aber skurrile Ausstellung aufgebaut. Diese zeigt eine eher morbide Seite der Van-Lieshout-Kunst.

Ratten als Kunstwerk: „Rats and Rituals“ in der Galerie Nosbaum Reding
Ratten als Kunstwerk: „Rats and Rituals“ in der Galerie Nosbaum Reding Photo: Louis Weber/Nosbaum Reding 

Das Thema Ratten und Rituale dekliniert sich in gestandenen Skulpturen mit Einbindung von Nachbildungen der schwarzen Biester oder aber in Wasserfarben-Malereien der meist filigranen, jedoch nicht weniger speziellen Art. Hier geht es um Körperdarstellungen wie auch um ganz besondere Assoziationen, die alle wohl weniger bildlich als vielmehr sinnlich anzugehen sind. Ob in Bronze oder Aluminium gegossen, der sitzende Raubvogel oder die hängenden Hundekörper sind gestalterisch perfekt umgesetzt, werfen allerdings genau wie das Ensemble „Rider of the Apocalypse“ oder „Happy Mutant Lamp“ Fragen auf. Atelier Van Lieshout sagt zum Sujet „Ratten“, diese würden oft als „gefährlich“ dargestellt, hier habe man eine andere Perspektive aufzeigen wollen: „the rat as a resilient creature“. Ironisch betrachtet solle diese Expo zu einer Art Nabelschau werden: „While humanity perishes in the apocalypse, Rat Van Lieshout will survive.“ Er ist nicht der erste Künstler, der die schwarze Ratte in seinen Werken aufgegriffen hat. Die Expo in der Galerie Nosbaum Reding ist noch bis zum 21. Juni 2025 geöffnet.

„Assemblages“ von Eric Dickes

Bietet das Atelier Sixthfloor regelmäßig außenstehenden Künstlern seine Plattform an, so zeigen noch bis zum 15. Juni ein Bildhauer des Hauses und ein eingeladener Gast ihre Werke unter dem Motto „Materia Movens“, was so viel bedeutet wie die Materie in Bewegung gehalten. Eric Dickes, Jahrgang 1965, aus Esch/Alzette stammend, hat neben seiner beruflichen Karriere seit Anfang der Neunzigerjahre auch einen künstlerisch-handwerklichen Weg beschritten, der hierzulande nicht allzu geläufig ist. Mit Blick auf sein großes Vorbild Jean Tinguely, der mit seinen riesigen beweglichen Maschinen weltweiten Ruf errungen hat (in Basel wird ein eigens Tinguely-Museum unterhalten), hat Eric Dickes im Laufe der Jahre ebenfalls bewegliche Skulpturen ganz spezieller Faktur geschaffen.

Infos

„Materia Movens“, Eric Dickes & Wouter Van Der Vlugt, Le Sixthfloor, Koerich, 14-18 Uhr, noch bis zum 15. Juni (sixthfloor.lu)

„Rats and Rituals“, Atelier Van Lieshout, Nosbaum Reding, Luxemburg, noch bis zum 21. Juni (nosbaumreding.com)

Wohl ist die Dimension dieser Kreationen bescheidener als die des Schweizer Meisters, doch sind sie ganz raffiniert und recht gut ausgetüftelt. Dickes gibt sich nicht immer bei seinen „Assemblages“ ganz streng, geht manche Arbeiten mit Humor und Ironie an, macht aus einer Kuckucksuhr ein Werk, das allein schon durch seinen Titel zum Schmunzeln anregt. Hauptsache, es werden Autos oder andere Objekte in Bewegung gesetzt, recht unterschiedliches Material auf seine Fähigkeit zur Mobilität überprüft und so entstehen Werke, die eine Persiflage auf eine „Eloge de la vitesse“ oder symbolisch einen „Highway“ hergeben. Der Künstler sammelt Material, denkt sich bewegbare oder auch mal starre Werke aus, setzt diese auf feine Art unter Einbindung von Mechanismen, die eben Mobilität erzeugen, zusammen. Neben seinen „Mobiles“ der mechanischen Art, zeigt er auch Umgestaltungen, etwa ein Flugzeug in Delfin-Statur oder ein gehfähiges Auto, um von eigenartigen Kamelen nicht zu reden. Eric Dickes hat im Laufe der Jahre größere und kleinere Objekte, thematisch abwechslungsreiche Werke sowohl für drinnen als auch für den freien Raum draußen geschaffen und sich seine Originalität bewahrt.

Holzkugelobjekte von Wouter Van Der Vlugt

Wouter Van Der Vlugt wurde 1970 in Luxemburg geboren und bildet mit seinem Bruder, dem Maler Joachim, ein aufgewecktes und anregendes Künstlerduo. Hat er vor zehn Jahren die Holzskulptur für sich entdeckt, so betätigte er sich neben dieser rein künstlerischen Tätigkeit auch als Designer von Möbeln. Er ist seit 2001 in seinem Atelier auf Neimillen-Koerich bei Sixthfloor aktiv.

Der Künstler hat sich über unsere Grenzen hinaus einen Namen gemacht, gewann diverse Preise und überzeugte durch seine handwerkliche Kunst mehrmals bei der Biennale „Mains de maîtres“. Seine Holzskulpturen, die er neben Arbeiten aus anderen Werkstoffen (etwa Glasfiber) fertigt, zeichnen sich durch tiefe Einblicke in die Strukturen des Materials aus, er bringt die Maserung im Holz zum Schwingen, bearbeitet sein Rohmaterial auch mit Säge und anderen Schneidewerkzeugen, den Feinschliff jedoch besorgt er mit Hilfsmitteln, die ihm nicht nur erlauben, das Holz aufzubohren. Vielmehr geht es ihm darum, offene, luftige Werke zu schaffen, wobei die Zwischen- oder Hohlräume und Volumen mit ihren flechtartigen Holzkonturen sich sowohl die Waage halten als auch dem einen oder anderen Element die Oberhand lassen.

Bei der aktuellen Expo zeigt er Arbeiten aus der „Blossom“-Reihe wie auch der „Singularity“- oder der „Etreinte“-Serie. Materialmäßig wählt er mal Kirsche, dann wieder Nussbaum, heimische Buche oder andere Hölzer aus, je nach Konsistenz und Beschaffenheit, um den meist in horizontaler Lage als organisches Gebilde ausgelegten Skulpturen ihren Mehrwert zu verleihen. Die nun ausgewählten Arbeiten sind alle kugelförmig angelegt und schweifen kompakt, aber kontrolliert in den Raum aus. Eine Ausnahme bildet die „Tubes“-Skulptur, die sich liegend und flach gezogen darbietet.

Bewegung in der Beschaffenheit, Schwung im Gestaltungsgestus und maschinell erzeugte Mobilität in dafür konzipierten Objekten ergänzen sich in dieser Ausstellung. Mit den unterschiedlich genutzten und zusammengesetzten Materialien der „künstlichen“ beweglichen Objekte und den sorgsam ausgewählten Holzskulpturen präsentiert sich „Materia Movens“ als faszinierende Ausstellung, die es nur noch bis zum 15. Juni in den Sixthfloor-Ateliers (3, Neimillen, Koerich) zu sehen gibt.