Politische Lyrik „from the heart“

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„My music comes directly from the heart“ – kaum einem Musiker glaubt man diesen Satz mehr als Geoffrey Oryema. Sein Konzert im Rahmen des OMNI-Festivals (objets musicaux non identifiés) in der Abtei Neumünster bewies es. Janina Strötgen

„Er wird uns auf eine musikalische Reise mitnehmen“, verspricht Claude Frisoni, Direktor der Abtei Neumünster, am Donnerstagabend, als er nach dem Auftritt der Vorband „Papam Faya“ den eigentlichen Star des Abends ankündigt.
In der Tat, Geoffrey Oryema betritt mit blonden Rastas und schwarzem Batmanumhang die Bühne und entführt sein Publikum in ein musikalisches Universum ohne Grenzen: Seine ugandischen Wurzeln sind in seinen Liedern ebenso spürbar wie westliche Einflüsse. Er stellt sein neues Album „From the heart“, das im Herbst auf den Markt kommen wird, vor, hat aber auch ältere, melancholische Lieder im Repertoire. Afrikanische Rhythmen lösen E-Gitarren-Soli ab, fröhlicher Reggae folgt auf Protestsongs mit politischer Botschaft. Durch Kunststücke mit seiner Zunge entlockt Oryema seinen Stimmbändern einzigartige Töne, behutsame Songwriter-Lyrik hüllt er mal in rockige, mal in funkige, mal in weiche Melodien. Er singt über Liebe und Freundschaft, aber auch über Bomben und den Wunsch nach Frieden. „Y en a marre“, schreit er und erinnert an den Völkermord in Ruanda und an die unzähligen Flüchtlingslager überall auf der Welt. Dann wiederum besingt er die schöne Landschaft und die Wärme Ostafrikas.

Er wandert durch alle Stimmungen

Mit seinem variationsreichen Stimmtimbre wandert er durch alle Stimmungen, ohne jemals ins Kitschige abzurutschen. Er strahlt aus, dass er kennt, wovon er singt.
Nachdem sein Vater 1977 der brutalen Gewaltherrschaft des ugandischen Diktators Idi Amin zum Opfer fiel und ermordet wurde, flüchtete Oryema, damals 24-jährig, über Kenia nach Paris, wo er auch heute noch lebt. Seine von 1990 bis heute veröffentlichten Alben sind Ausdruck einer „ständigen Suche nach Identität zwischen afrikanischen Wurzeln und moderner Musik“, wie er sie selbst beschreibt.
Nach einer guten Stunde im Rampenlicht tritt Oryema dann zurück und ruft seinen Sohn, Schlagzeuger der Vorband „Papam Faya“, auf die Bühne. Die letzte halbe Stunde machen Vater und Sohn gemeinsam Musik, um sich dann von einem begeisterten Publikum, das sich mittlerweile von seinen Stühlen gelöst hat, zu verabschieden.
Doch Geoffrey Oryema kommt noch einmal zurück auf die Bühne, um seinem „good friend“ Claude Frisoni das wirklich letzte Lied zu widmen und zu versprechen, dass er wiederkommen wird, „très bientôt!“