Sonntag28. Dezember 2025

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BuchtippsJudith Mackrell: „Frauen an der Front – Kriegsreporterinnen im Zweiten Weltkrieg“

Buchtipps / Judith Mackrell: „Frauen an der Front – Kriegsreporterinnen im Zweiten Weltkrieg“
Die Autorin Judith Mackrell lebt zurzeit in London und wurde unter anderem mit ihren Artikeln für den „Guardian“ bekannt Foto: Joachim Mueller-Ruchholtz

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Manchmal, so brutal das auch klingen mag, bringt Krieg sowohl Unheil als auch Chancen mit sich – etwa für Journalistinnen, wie man anhand des Zweiten Weltkrieges verdeutlichen kann. Der bot Journalistinnen nämlich die Möglichkeit, die „Klatschspalten hinter sich zu lassen“ und in Bereiche vorzudringen, die bis dahin Männern vorbehalten waren: Reportagen, Berichterstattung, Interviews, Kommentare zu zeitgeschichtlich relevanten Themen. 

Zwar gab es Kriegskorrespondentinnen schon lange vor dem Zweiten Weltkrieg, aber nicht in der Maße, in dem sie dort zum Einsatz kamen: Gegen Kriegsende waren 250 akkreditierte weibliche Reporter auf alliierter Seite im Fronteinsatz. Waren die Texte anfangs streng auf Themen wie Truppenversorgung oder den Alltag von Krankenschwestern in Lazaretten reduziert, weiteten sich die Bereiche in Windeseile aus. Denn für die Berichterstattung eines weltweiten Krieges standen zu wenige Reporter zur Verfügung und man war auf die Journalistinnen angewiesen. Und deren Arbeit überzeugte, wie wir dem großartigen Buch „Frauen an die Front“ von Judith Mackrell entnehmen dürfen.

Parallelen zum Ukraine-Krieg

Ihre Erzählung beginnt mit dem spanischen Bürgerkrieg, der als Generalprobe der Faschisten und Nazis für den Zweiten Weltkrieg gespenstische Parallelen zum Krieg von Russland in der Ukraine aufweist. Das Ende ist bekannt. Franco überrannte die Stellungen der Republikaner, eine Junta wurde auf den Gräbern von zigtausend Widerstandskämpfern errichtet. Nach dem Fall Spaniens kam Hitlers Annexion des Sudetenlandes dran, danach gab es kein Halten mehr.

Selbstredend steht die Frage im Raum, ob Reporterinnen anders über den Krieg berichteten als ihre männlichen Counterparts. Dazu ein Beispiel: Lee Miller fragte in ihren berühmten Frontberichten für die „Vogue“, was die Deutschen eigentlich von ihren Nachbarn wollten, denn sie hätten ja schon alles – gute Wohnungen, eine funktionierende Infrastruktur, ausreichend Essen; ein schönes Land voller unzufriedener Einwohner, die nach immer mehr gierten. Zu solch grundsätzlichen bzw. pragmatischen Betrachtungen zum Krieg sind selbstverständlich auch Männer imstande, doch der entscheidende Punkt ist: Diese Fragen finden sich nahezu ausschließlich in den Texten weiblicher Reporter wieder.

 Foto: Insel-Verlag

Infos

Judith Mackrell: „Frauen an der Front: Kriegsreporterinnen im Zweiten Weltkrieg“
Insel-Verlag, Berlin 2023
541 S., 28,00 Euro

Hottua Robert
29. Mai 2024 - 10.37

Auch an der rassenhygienischen (Heimat)front standen Frauen ihren Mann. Die "Spiegel" Journalistin Yvonne SCHYMURA beschreibt einige Episoden in ihrem Artikel vom 09.03.2016 "Morden im Namen der Wissenschaft. Verbrechen durch NS-Ärzte". In unvorstellbar grausamen Experimenten töteten und quälten Ärzte im "Dritten Reich" unter dem Deckmantel der Forschung. Medizinische Institute leugneten ihre dunkle Vergangenheit - über viele Jahrzehnte. (…) Da war etwa Wilhelm BEIGLBÖCK, der einen ehrenvollen Auftrag zu erfüllen glaubte. Er wollte die Überlebenschancen deutscher Flieger verbessern, die nach einem Abschuß im Meer trieben. Die meisten von ihnen verdursteten, ehe man sie fand. Für seine "Meerwasserexperimente" holte BEIGLBÖCK vierzig "Zigeuner" von Buchenwald nach Dachau. In mehreren Versuchsreihen zwang er sie, Meerwasser zu trinken, pur, geschmacklich verfälscht oder entsalzt. (…) Innerhalb weniger Tage krümmten sich die Opfer vor Krämpfen. Sie flehten um Wasser. HÖLLENREINER, einer der Versuchsteilnehmer, sagte beim Nürnberger Ärzteprozess aus: "Wir waren verrückt vor Durst und Hunger, aber der Arzt hatte kein Mitleid mit uns, er war eiskalt." BEIGLBÖCK hingegen behauptete vor Gericht, die Probanden hätten sich freiwillig gemeldet. Außerdem habe er auf Befehl gehandelt. Das Gericht verurteilte ihn zu 15 Jahren Haft. Seiner Karriere tat das Urteil keinen Abbruch: Nach der vorzeitigen Entlassung 1951 arbeitete er wieder als Arzt und leitete die Abteilung für Innere Medizin im Krankenhaus von Buxtehude. (…) Im Frauen-KZ Ravensbrück verabreichte Lagerärztin Herta OBERHEUSER Kranken und Missliebigen tödliche Injektionen. Vor Gericht erklärte sie, sie hätte den Todgeweihten nur das Ende erleichtern wollen. Ihr ehemaliger Vorgesetzter, Karl GEBHARDT, für den sie selektiert, anästhesiert und gequält hatte, bekräftigte: OBERHEUSER habe sich stets edelmütig und mit viel Güte um die Kranken gekümmert. Krank wurden diese allerdings nur, weil man ihnen die Beine zertrümmert und die Wunden mit Staphylokokken und Streptokokken infiziert hatte. Für OBERHEUSER ein großer Karriereschritt. Nirgendwo sonst konnte man im Deutschen Reich als Frau in der Chirurgie arbeiten. Für ihre Opfer waren die Eingriffe eine unendliche Tortur. Morphium gab es nicht, nur Schmerzen. Kaum waren die Wunden vernarbt, operierte man sie wieder, ein zweites, drittes, sechstes Mal. Viele starben an Tetanus, Gasbrand, Sepsis und Blutverlust. Hertha OBERHEUSER sei "nicht böse" gewesen, sagte eine der Überlebenden im Nürnberger Ärzteprozess aus, sondern brutal - und begierig, es ihren monströsen Vorgesetzten gleichzutun. Später arbeitete OBERHEUSER als Kinderärztin. (...) Vor Gericht beteuerten NS-Ärzte immer wieder ihre Unschuld, schoben die Verantwortung für ihre Verbrechen dem Regime zu. Uneigennützig sei ihre Forschung gewesen, nur dem Fortschritt verpflichtet.
•Hippokrates in der Hölle. Die Verbrechen der KZ-Ärzte.
Autor: Michel CYMES. MfG, Robert Hottua