Freitag31. Oktober 2025

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KinoIm Ring mit sich selbst: „The Smashing Machine“ mit Emily Blunt und Dwayne Johnson

Kino / Im Ring mit sich selbst: „The Smashing Machine“ mit Emily Blunt und Dwayne Johnson
Die britische Schauspielerin Emily Blunt und der US-Schauspieler Dwayne Johnson bei der Premiere von „The Smashing Machine“ in Beverly Hills Foto: AFP/Valerie Macon

Benny Safdies „The Smashing Machine“ erzählt die Geschichte des US-amerikanischen Kämpfers Mark Kerr, der in den späten 1990er-Jahren zu einem der ersten Stars der Mixed-Martial-Arts-Szene wurde.

In den Jahren, bevor der Wrestling-Sport durch die UFC kommerzialisiert und professionalisiert wurde, war Mark Kerr eine Ausnahmefigur – ehrgeizig, diszipliniert, von unstillbarem Willen, zugleich abhängig von Schmerzmitteln und gefangen in einem System aus körperlicher Ausbeutung und öffentlicher Bewunderung. Regisseur Benny Safdie konzentriert sich in „The Smashing Machine“ auf die kurze Spanne von 1997 bis 2000, die Zeit zwischen Aufstieg und Zusammenbruch, und verdichtet daraus das Porträt eines Mannes, der sich selbst allmählich entgleitet.

Sportfilm mal anders

Dwayne Johnson spielt Kerr mit einer überraschenden, fast introvertierten Präzision. Seine physische Präsenz bleibt einnehmend, doch sie wird hier nicht zelebriert, sondern befragt. In den ruhigen Momenten – wenn er schweigend in den Trainingsraum blickt, wenn der Körper nach dem Kampf versagt – zeigt sich eine Verletzlichkeit, die Johnsons bisherige Rollen kaum erkennen ließen. Schon früh wird klar, dass die Gewalt im Ring – wie im Sportfilm üblich (siehe Tageblatt vom 15.3.2024) – nur eine Fortsetzung der inneren Konflikte ist: Kerr kämpft gegen die Angst, gegen Abhängigkeit, gegen das eigene Bild als „unzerstörbare Maschine“.

Safdie verzichtet auf die üblichen dramaturgischen Kurven eines Sportfilms. Sein Zugang ist beobachtend, beinahe dokumentarisch. Er interessiert sich weniger für den sportlichen Erfolg als für das, was zwischen den Kämpfen liegt: Hotelzimmer, Trainingshallen, erschöpfte Gesichter. In dieser Konzentration auf das Innere des Athleten erinnert „The Smashing Machine“ an Darren Aronofskys „The Wrestler“ (2008). Beide Filme zeigen Männer, die in einer von Körperkult und Selbstausbeutung geprägten Welt nach Halt suchen. Mickey Rourkes Randy „The Ram“ Robinson wie Johnsons Mark Kerr sind Figuren, die in der Öffentlichkeit für ihre physische Stärke bewundert werden, privat aber an der eigenen Unreife scheitern. Aronofskys Film beginnt mit der Kamera auf einem gealterten Wrestler im Klassenzimmer eines Kindergarten –ein gebrochenes Dasein, das in kindlicher Bedürftigkeit stecken geblieben ist. Safdie greift dieses Motiv in anderer Form auf, wenn Kerr auf einem Rummelplatz schmollt, weil man ihn von einer Attraktion ausschließt: ein traurig-komisches Bild für das „Kind im Manne“.

Beziehungskiste 

Das Verhältnis zu Kerrs Lebenspartnerin (Emily Blunt) markiert dabei den empfindlichsten Punkt des Films. Blunt spielt eine Frau, die mit nüchterner Konsequenz die kindische Selbstbezogenheit des Kämpfers nicht länger erträgt. Sie wünscht sich Stabilität, einen verlässlichen Partner, während er unaufhörlich dem nächsten Adrenalinstoß hinterherjagt. In diesen Szenen deutet sich eine Kritik an der emotionalen Unreife des Helden an, doch Safdie bleibt dabei auffallend einseitig. Die weibliche Figur fungiert eher als Katalysator für die Krise des Mannes denn als eigenständiges Subjekt. Ihre Perspektive wird kaum entfaltet; sie erscheint als moralische Gegenspielerin, die das Kindliche bedroht. Das Frauenbild entpuppt sich als Projektionsfläche, Störmoment im Selbstentwurf des Mannes, weniger Mitträgerin einer gemeinsamen Geschichte.

Trotz dieser Verkürzung ist Safdies Blick auf Kerr insgesamt von Empathie geprägt. „The Smashing Machine“ ist weniger ein Sportfilm als vielmehr eine Erzählung über das Scheitern männlicher Identität in einer Welt, die Stärke mit Kontrolle verwechselt. Johnson verkörpert diese Ambivalenz: Sein Körper ist das Kapital, das ihn berühmt machte, und zugleich der Käfig, der ihn festhält.

Am Ende bleibt der Held nicht besiegt, sondern erschöpft – ein Mann, der weiterkämpft, ohne zu wissen, wofür. Safdie zeigt diesen Zustand nicht als Tragödie, sondern als Realität. Der Ring, in dem Mark Kerr seine Gegner besiegt, wird zur Metapher: ein geschlossener Raum, aus dem es kein Entkommen gibt.