Kinowoche„Il pleut dans la maison“

Kinowoche / „Il pleut dans la maison“
Purdey (links) und Makenzy (rechts) in „Il pleut dans la maison“ Foto: Condor Distribution 

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Das Haus oder die Wohnung für sich selbst zu haben, sturmfrei zu haben, ist für Kinder oft der ultimative Kick. „Il pleut dans la maison“ der belgischen Filmemacherin Paloma Sermon-Daï zeigt in ihrem Spielfilmdebüt die Kehrseite dieser Fantasie. Sie geht dabei mit einem Geschwisterpaar durch den belgischen Sommer und bewegt sich filmisch auf einem Pfad, den ein anderes Brüderpaar aus Belgien vor ihr schon längst kartographiert hat: die Dardennes.

Nicht Jean-Pierre und Luc aus Lüttich, sondern Purdey und Makenzy aus einem nicht weiter definierten belgischen Ort sind die zentralen Figuren ihres ersten Spielfilms – 2020 präsentierte sie den sehr persönlichen Dokumentarfilm „Petit samedi“ –, die diese Fantasie leben. Leben müssen. Weil die Mutter der zwei pubertierenden Jugendlichen – gespielt von Louise Manteau, letztens in der Mutterrolle in Jacques Molitors „Kommunioun“ gesehen – immer wieder und unangekündigt einen polnischen Abgang macht. Wohl oder übel lernen die beiden Geschwister, alleine klarzukommen. Die fast volljährige Purdey beginnt einen Studentenjob beim Putzdienst der naheliegenden Ferienwohnungen, während ihr Bruder Fahrräder am Badesee mitgehen lässt. Die beiden träumen natürlich von einem anderen Leben, aber die sommerliche Hitze macht den Geschwistern das Leben nicht einfach. Und trotz Hochsommer regnet es regelmäßig, wie es der Filmtitel unmissverständlich ausdrückt, in ihr Haus rein.

Den Titel dieses ersten Films kann man sowohl wortwörtlich als auch umgangssprachlich verstehen. Paloma Sermon-Daï zeichnet das Porträt einer belgischen Gesellschaftsschicht, für die bei den Wallonen die Dardennes bisher das Monopol zu haben schienen. Das ändert sich mit diesem kleinen, bescheidenen Film, der „Il pleut dans la maison“ ist. Der Realismus, der Sermon-Daï sehr wichtig zu sein scheint – sodass „Il pleut …“ fast dokumentarische Züge erhält, während die dokumentarische Arbeit in „Petit samedi“ von der Bildsprache her manchmal etwas von einem Film hatte –, wird hier vollends ausgelotet. Der Sommer und seine Hitze, die über dem Film und den Figuren hängen, zwingen dem Film ihren Rhythmus auf, sodass man sich noch so vielen glühenden Straßen und Regentropfen dann doch wünscht, Purdey und Makenzy würden ihrer Tristesse entkommen. Zwei Figuren übrigens, die in ihrer Natürlichkeit unschlagbar sind. Vor allem die junge Spielerin hinter Purdey ist in diesem Kontext hervorzuheben. Alleine ihr Blick sagt oft mehr als die eh schon wenigen Worte der Figur.