Knapp drei Jahre jünger als Priscilla Presley ist der Staat Israel. Und als sich die Presleys 1973 scheiden ließen, hatte der israelische Staat ganz andere Sorgen. Am 6. Oktober starteten ägyptische und syrische Streitkräfte einen Überraschungsangriff auf israelisches Territorium – die Syrer im Norden auf den Golan-Höhen und die Ägypter im Süden auf dem Sinai. Während dem Sechstagekrieg hatte Isreal sechs Jahre zuvor auch diese beiden Territorien erobert. Der Jom-Kippur-Krieg, der Anfang Oktober 73 begann, sollte jedoch keine sechs, sondern 20 Tage andauern. Und am Ende sollen zwischen Zehn- und Siebzehntausend Menschen dabei den Tod gefunden haben. „Golda“ von Guy Nattiv ist weniger ein Biopic der bis dato einzigen Premierministerin Israels als der Versuch einer Rekonstruktion des Jom-Kippur-Krieges auf Seiten der israelischen Regierung und militärischen Entscheider. Mit an der Spitze und im Mittelpunkt des Films, Golda Meir.
Anflüge von Humanismus
Guy Nattivs Film hält sich penibelst genau an Abschriften von offiziellen Sitzungen, Tondokumente und Videomaterial und präsentiert sich wie ein theatralisch-textlastiges und mit Fachjargon durchzogenes Kammerspiel fernab der Front. Auf Melodrama wird weitestgehend verzichtet, auch wenn Nattiv und Drehbuch-Koautor Nicholas Martin gelegentliche Ausflüge hinter die Fassade ihrer kompromisslosen Hauptprotagonistin wagen. Einerseits wird sie wegen Lymphdrüsenkrebs behandelt – das Resultat ihres kettenrauchenden Lebensstils –, andererseits werden ihre Kontakte zu den wenigen Frauen in ihrem Umfeld, wie ihrer persönlichen Assistentin, einer Sekretärin und ihrer Haushälterin (in einer der besten Szenen des Films mit Henry Kissinger) hervorgehoben. Alles in allem bleibt „Golda“ aber irgendwie Malen nach Zahlen, wenn auch Helen Mirren trotz Prothesen und zentimeterschwerem Make-up eine saubere Leistung abgibt.
Die Siebziger legitimieren, als eine der wenigen Epochen, das ästhetische „Stilmittel“ unendlicher Rauchschwaden und Zigarettenstummel in braunen, grauen Büroräumen. Ansonsten wirken die wenigen experimentellen Montage- und Soundmomente wie Bemühungen, mit der Theatralik zu brechen, die dem Dispositiv innewohnt. Das Drehbuch alleine kommt jedoch nicht ansatzweise dem Bemühen eines historischen Theaterstückes wie z.B. „Copenhagen“ oder „Democracy“ aus der Feder von Michael Frayn an. Das kann daran liegen, dass wichtige Figureninformationen, die bei Frayn akribisch in die Geschichten verflochten wurden, im Film, vielleicht ganz bewusst, übersprungen werden. Golda Meir war eine nationalistische, zionistische Hardlinerin. Nicht ohne Grund wurde sie als „Iron Lady“ der israelischen Politik bekannt. Wenigstens gibt der Film am Ende schriftlich zu verstehen, dass Golda Meir innerhalb Israels eine kontroverse Figur war.
„Golda“ von Guy Nattiv, zu sehen im Ciné Utopia
De Maart
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