Dienstag23. Dezember 2025

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Alain spannt den BogenEine musikalische Reise der besonderen Art: Gast Waltzing führt durch „What a Wonderful World“

Alain spannt den Bogen / Eine musikalische Reise der besonderen Art: Gast Waltzing führt durch „What a Wonderful World“
Höhepunkt des Abends: Ausnahmesängerin Morgane Ji (l.) mit Dirigent Gast Waltzing Foto: Eric Engel

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Ein Jahres-Highlight im Programm der Philharmonie: Gast Waltzing und das Luxembourg Philharmonic spielen populäre Klassik. Furios, mitreißend und stimmungsvoll – und mit einzigartigen Solo-Gästen.

Wenn Gast Waltzing das Luxembourg Philharmonic dirigiert, dann erlebt man immer einen ganz besonderen Abend mit einem nicht alltäglichen Programm. Ich jedenfalls freue mich jedes Jahr auf dieses Crossover-Konzert, das auch 2025 wieder einmal ein hochkarätiges Niveau bot.

Der Saal war voll und das ist wohl der beste Beweis dafür, dass diese „Pops“-Kultur, die ja ursprünglich aus den USA stammt, auch bei uns angekommen ist. Selbst in England ist die sogenannte „Last Night of the Proms“ mit populärer Klassik und patriotischen Werken Kult und findet in einer sehr gelösten Atmosphäre mit farbiger Kleidung, lustigen Hütchen, Tröten und Fähnchen statt. Und wer kennt in Amerika nicht die beliebten Konzerte der Boston Pops, der New York Pops, Philly Pops oder Cincinnati Pops? Diese gibt es immerhin schon seit den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts. Gast Waltzing legt bei seinen Programmen mit dem Luxembourg Philharmonic jedenfalls sehr viel Wert auf Qualität, gute Arrangements und erstklassige Gastmusiker. In diesem Jahr konnte das Publikum an einer musikalischen Reise teilnehmen, die durch verschiedene Länder und Kontinente führte und zeigte, dass die musikalische Sprache universell ist und keine Grenzen kennt. Gerade heute, wo wir in einer schwierigen Zeit der Kriege, des Rassismus und der Ausgrenzung leben, tut ein solches Konzert gut.

Undefinierbare Vermischung, einzigartige Musik

Waltzing hatte für „What a Wonderful World“ dann auch vier Solo-Musiker eingeladen. Den Gitarristen David Laborier, den Bandoneon-Virtuosen Daniel Gruselle, den Flötisten Etienne Plasman vom Luxembourg Philharmonic und die einzigartige Sängerin Morgane Ji von der Île de la Réunion. Das Programm begann mit einem mitreißenden Opener aus Irland, nämlich „The Lord of the Dance“ von Ronan Hardiman, der vor allem für seine Soundtracks zu den verschiedenen Tanzshows wie „Lord of the Dance“, „Feet of Flames“ oder „Celtic Tiger“ bekannt ist. Danach führte uns die musikalische Reise nach Frankreich, wo das Luxembourg Philharmonic nach dem furiosen Einstand nun ein sehr stimmungsvolles „Autumn Leaves“ oder „Les Feuilles mortes“ von Joseph Kosma anstimmte, ein Lied von 1945, das zu den großen Klassikern des Jazz-Songs gehört und von Sängern wie u.a. Bing Crosby, Nat King Cole, Doris Day, Frank Sinatra oder Edith Piaf interpretiert wurde.

Gast Waltzings mitreißende Eigenkomposition „Black Rhumba“ führte uns dann nach Afrika. Johnny Richards war ein US-amerikanischer Jazzarrangeur, der insbesondere für Stan Kenton und sein Orchester gearbeitet hat, aber auch für Dizzie Gillespie und Sarah Vaughn. Von ihm hörten wir „La suerte de los tontos“. Waltzing und das Luxembourg Philharmonic fühlten sich in jedem Bereich pudelwohl und der herrliche Klang des Orchesters ließ das Publikum an einem ebenso schönen wie mitreißenden Konzert teilhaben. Nach Chuck Mangiones „Children of Sanchez“ widmete sich Daniel Gruselle zwei Stücken von Astor Piazzolla, „Oblivion“ und „Libertango“. „Ebony Queen“ hat Waltzing als musikalisches Intermezzo für seine Konzerte mit Angélique Kidjo geschrieben und beweist damit, wie auch mit „Black Rhumba“, welch hervorragender Komponist er ist.

Exzellenter Begleiter, ausgewogene Interpretation: Gast Waltzing und das Luxembourg Philharmonic
Exzellenter Begleiter, ausgewogene Interpretation: Gast Waltzing und das Luxembourg Philharmonic Foto: Eric Engel

Der Höhepunkt des Abends waren aber dann die vier Songs, die die Ausnahmesängerin Morgane Ji vortrug: „Woman Soldier“, „Time Bomb“ und „Tell me who I am“ von Eric Lapleau und in den Arrangements von David Laborier, der auch hier mitspielte, sowie Morgane Jis Eigenkomposition „Loving Machine“ in der Bearbeitung von Waltzing selbst. Jis Lieder leben von einer quasi undefinierbaren Vermischung verschiedener Stile; man hört Chanson, Elektro, World und Jazz heraus, aber die Musik selbst bleibt einzigartig. Wohl auch wegen ihrer unwahrscheinlich interessanten Stimme. Morgane Ji kann man nicht beschreiben, man muss sie gehört haben.

Gast Waltzing liebt Ennio Morricone und so verwundert es auch nicht, dass er einen Filmtitel des 2020 verstorbenen Komponisten mit in dieses Programm genommen hat. Es ist Etienne Plasman, der scheidende Soloflötist des Orchesters, der „Gabriel’s Oboe“ auf der Flöte interpretieren darf. Und das tat er auf eine unwahrscheinlich expressive Weise, so dass dieses ergreifende Stück – für mich eines der schönsten und traurigsten der ganzen Filmmusik – sicherlich zum emotionalsten Moment des Konzerts wurde. Am Schluss wurde Plasman dann auch zu Recht lautstark bejubelt. Das offiziell letzte Stück des Konzerts führte uns nach Mexiko. Arturo Marquez ist ein Komponist symphonischer Werke, bei denen er meist versucht, mexikanische, aber auch kubanische Volksmusik in einem symphonischen Klang zu verarbeiten. Sein Werk „Danzon Nr. 2“ wurde vor allem durch den Dirigenten Gustavo Dudamel bekannt, der dieses Stück immer wieder auf seinen Tourneen mit dem Simon Bolivar Youth Orchestra spielte. „Danzon Nr. 2“ ist dann auch ein hervorragend komponiertes Stück, das sich nicht nur auf plakative Effekte verlässt. Auch hier zeigte sich das Luxembourg Philharmonic noch einmal von seiner besten Seite und ließ „Danzon Nr. 2“ in einer wunderbaren Klangpalette erklingen.

Man muss auch den Dirigenten Gast Waltzing loben, der an diesem Abend nicht nur ein exzellenter Begleiter war, sondern alle Werke ohne Ausnahme ausgewogen, klanglich subtil und rhythmisch präzise zu interpretieren wusste. Die Standing Ovations waren verdient, so dass man sich jetzt „endlich“ auf Louis Armstrongs „What a Wonderful World“ als Zugabe freuen konnte. Laborier und Gruselle spielten mit, Morgane Ji bot eine sehr individuelle Gesangsinterpretation an, die unter die Haut ging, und Gast Waltzing ließ es sich am Ende nicht nehmen, hier dann doch noch zur Trompete zu greifen. Satchmo oblige.