Montag10. November 2025

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KunsteckeDie Villa Vauban würdigt den Künstler Jean-Pierre Beckius mit einer besonderen Retrospektive 

Kunstecke / Die Villa Vauban würdigt den Künstler Jean-Pierre Beckius mit einer besonderen Retrospektive 
Seine Reisen nach Frankreich, wie zum Mont-Saint-Michel, inspirierten Jean-Pierre Beckius Copyright: Collection privée

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Am 4. August 2024 wäre der Maler Jean-Pierre Beckius 125 Jahre alt geworden. Nachlassverwalter und Enkelkinder wollten dieses Datum nicht unerwähnt verstreichen lassen, also starteten sie eine Suchaktion nach verstreuten Werken des Künstlers. Es meldeten sich zahlreiche Privatbesitzer von Bildern aus mehreren Ländern, sodass die Idee einer Jubiläumsausstellung Gestalt annahm. Heraus kam die nun in der Villa Vauban gezeigte Hommage „Jean-Pierre Beckius (1899-1946) – Impressions d’ici et d’ailleurs“.

In Erwartung einer zu erscheinenden Monografie und angesichts der permanent ergänzten Website beckius.art sowie seines umfangreichen Oeuvres, wollten die Kuratorin der Expo, Gabriele D. Grawe, sowie die Nachlassverwalter keine Retrospektive zu Jean-Pierre Beckius im eigentlichen Sinne auf die Beine stellen: Vielmehr ging es ihnen darum, den viel gereisten Künstler auf diversen Etappen sowohl geografisch als auch künstlerisch zu begleiten.

Reisen und Familie

Jean-Pierre Beckius, am 4. August 1899 in Mertert geboren und am 11. Dezember 1946 in der gleichen Moselortschaft verstorben, hat zwischen 1914 und 1918 an der Handwerkerschule in Luxemburg studiert. 1919 ging er nach Paris zur „Ecole nationale supérieure des Beaux-Arts“ wo er bis 1926 blieb. Hier lernte er den französischen Impressionisten Jean-Baptiste Corot kennen, einen Künstler, der ihn beeindruckte und dessen Werk ihn beeinflusste.

Reiselustig, wie er war, weilte er zwischen 1928 und 1930 in Rom, später in Neapel, kehrte nach Luxemburg zurück, um Gabrielle Becker zu heiraten. Sie machten ihre Hochzeitsreise in die Niederlande, doch Beckius nutzte diesen Aufenthalt, um die holländischen Künstler zu studieren und selbst viel zu malen. Er verarbeitete mit Zeichenblock und Staffelei seine Eindrücke in Amsterdam, später, an der sagenhaften Meeresküste, malte er Porträts von Seeleuten und schuf auf diese Weise ein seinem damaligen Umfeld genehmes Werk, das in der aktuellen Expo mit 16 Bildern gewürdigt wird. Erst 1924 kehrte Beckius samt Ehefrau nach Luxemburg zurück. Er war Vater von sechs Kindern, die zwischen 1935 und 1946 geboren wurden. Im Sammelband „Signatures“ werden Léonie (Jahrgang 1938) und Triny (Jahrgang 1942), beide künstlerisch aktiv, erwähnt. In der gleichen Publikation wird Jean-Pierre Beckius als CAL-Mitglied und Grand-Duc-Adolphe-Preisträger 1922 ausgewiesen. Er lebte als unabhängiger Künstler, verdiente seinen Lebensunterhalt vom Verkauf seiner Bilder und verstarb allzu früh im Alter von 47 Jahren in seinem Heimatort.

In seinen letzten Lebensjahren musste er die erdrückende Besatzungs- und Kriegszeit im Großherzogtum erleben, dies jedoch stets gemeinsam mit seiner Frau Gabrielle, auch Gaby genannt, im Kreise seiner Familie. Beckius war ein zurückhaltender Mensch, liebte seine Familie, schätzte die Manier, seiner Kunst nachzugehen und sie ohne Firlefanz nach außen zu zeigen. Er pflegte, so wie seine Kunst, auch seine Freundschaften auf diskrete Weise, u.a. mit seinem einstigen Fürsprecher und Förderer Pierre Frieden (ehemaliger Ministerpräsident) sowie Dr. Leo Lommel und anderen Kunstkennern.

Malerische Eindrücke und Porträts

Als künstlerische Zusammenstellung einzelner Reiseziele sowie gemäß seinen Motiv-Vorlieben konzipiert, gliedert sich die Expo „Impressions d’ici et d’ailleurs“ in mehrere Kapitel. Beckius im Selbstporträt von 1916, 1927 und 1936 sind drei Bilder, die man neben einer Mosellandschaft gleich zum Auftakt der Schau entdecken kann. Es folgen Porträts von Familienmitgliedern sowohl aus frühen als auch späten Jahren, wobei der Maler nichts verschönern mochte, sondern möglichst realitätsnah, jedoch durch seine Sichtweise die ihm nahestehenden Personen erfasste. Beeindruckend auch einige gezeichnete Studien von Babys sowie die hingebungsvollen Ansichten seiner Frau Gaby sowohl im Weizenfeld (1931) als vor allem im Bild „L’ange Gabrielle, Laerensmillen“ (ohne Datum). Man sieht auf diesem in Öl gemalten Bild seine Frau, die nachdenklich aus dem Hausinnern nach außen in die Natur blickt. Das Werk gehört zu der Serie der Fensterbilder, die im Übrigen im Katalog alle auf die Ortsgegebenheit „Laerensmillen“ veranschlagt werden, so auch ein für diese Zeit (1924) gewagtes, in passenden dunklen Farben gemaltes „Grenier“ Motiv.

„L’Ange“ von Jean-Pierre Beckius
„L’Ange“ von Jean-Pierre Beckius Foto: Dunja Weber/Copyright: Collection privée 

Frankreich (1919-1926), insgesamt 15 Bilder mit malerischen Schnappschüssen vom Mont-Saint-Michel, aus der Normandie bis Montmartre in Paris, ist hingegen eine faszinierende Reihe, die von 17 Eindrücken aus Italien (1928-1930), sowohl von historischen Ruinen in Rom, dem Vatikan-Garten als auch Neapel mit seinem Vulkan im Hintergrund und den schmucken Gassen der Altstadt abgelöst werden. Spannend ist eine Nachtsicht von 1929, wohl als Stimmungsbild ohne Hintergedanken konzipiert, und doch ist bekannt, dass im Entstehungsjahr bereits dunkle Wolken über Italien heranziehen. Seine italienischen Werke werden als Zeugnis seiner Kunst „der Suche nach Perspektiven und Blickachsen, die sich für die Umsetzung in ein formal reizvolles Bild eignen“, gesehen.

„Die Niederlande (1933-1934)“

Holland ist ein Land, das Beckius gut gefiel. Er verbrachte gleich zwei Jahre sowohl in der spannenden Grachten-Stadt Amsterdam als auch in dem von Dünen und Meer umgebenen Egmond aan Zee, einem Ort der ihm typische Motive, die er mit Sinn fürs Original, aber geprägt vom eigenen Befinden sowohl in mittleren als auch in länglich am Horizont entlang gezogenen Bildern festhielt. Die von ihm gewählte Farbpalette passte sich der „sandigen“ Strand-Stimmung, aber auch den geschichtsträchtigen Bauten und den dunklen Reflexionen der Grachten an. Das Rot der Tulpenfelder war ihm neben den eher bedrohlichen Wolken ein willkommener Farbtupfer auf seiner im Endeffekt künstlerisch angelegten Hochzeitsreise.

Zurück in Luxemburg (1934-1946), konzentrierte er sich auf grüne Landschaften, gediegene Moseltalromantik und Menschen in seinem Umfeld. Er lebte sowohl in seinem neu errichteten Haus mit Wohnräumen und Atelier als auch draußen in der Natur, die er als impressionistischer Maler gerne vor Ort erfasste. Leo Lommel, ein Freund der Familie, führte dies nach seinem Tode u.a. auf seine „angeborene Einfachheit und Schlichtheit“ zurück. Später fügt Edmond Georgen in seiner Biografie hinzu, die „deutsche Besatzung“ habe Beckius während dieser Zeit schwer belastet. Die nun aus dieser Schaffensperiode in der Villa Vauban präsentierten Bilder zeigen selbstredend seine stets praktizierte Maltechnik, seine Beobachtungsgabe sowie seine freie Motivwahl.

Luxemburg als Motiv

Erwähnen wir aus der Reihe der in Luxemburg – zu unterschiedlichen Zeiten – geschaffenen Werke nur einige für uns symptomatische Beispiele: „Moulin de Manternach en hiver (Laerensmillen)“ (1925), „Mémoire oubliée, Laerensmillen“ (1931), „L’élan“ (1924), „Entre les murs de la Laerensmillen“ (1940), „Couleurs d’automne, Luxembourg“ (ohne Datum) und „Au bord de la Syre“ (1940). Die zitierten Werke sind alle im Katalog abgebildet, ein Dokument, das sowohl die „Bildserien“ mit ihren Charakteristiken als auch die „Fensterbilder“, sozusagen sinnbildlich unter dem Motto „Fenster zur Welt“, und die „Kinderbildnisse“ in ihrer künstlerisch feinfühligen Dimension erläutert.

Die „Laerensmillen“ nach Beckius im Jahr 1924
Die „Laerensmillen“ nach Beckius im Jahr 1924 Foto: François Beckius/Copyright: Collection privée

Es wird auf eine detaillierte Biografie und ein Ausstellungsverzeichnis verzichtet, nicht jedoch auf die Angaben zur Herkunft der zahlreichen Anmerkungen, vor allem von Pierre Frieden, Gaston Mannes, Madeleine Frieden-Kinnen und dem Künstler selbst sowie die „Rückschau“ von Dr. Leo Lommel anlässlich der Retrospektive J.P. Beckius im Museum Fischmarkt (LW 1947) und die 1967 erschienenen „Monographies de l’art luxembourgeois: J.P. Beckius“ in der Reihe „Publication“ des Musée d’Histoire et d’Art Luxembourg“.

Jean-Pierre Beckius, der im Vorwort auch als „Nachimpressionist“ bezeichnet wird, den Konflikt der „Gegensätzlichkeit“ von „Maltechnik“ und „Bildmotiven“ pflegte, bewegte sich in einer recht „klassischen“ Wahl seiner „Sujets“, drückte den gesammelten Eindrücken jedoch einen ureigenen Stempel auf und schuf ein Gesamtwerk, das in die Luxemburger Kunstgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eingeht. Es ist, um es mit dem Titel der Dauerausstellung im Museum zu halten, ein Spaziergang durch die Kunst des Malers.

Infos

„Jean-Pierre Beckius (1899-1946) – Impressions d’ici et d’ailleurs“ in der Villa Vauban – Musées de la Ville de Luxembourg bis zum 1. Juni 2025.
Der Ausstellungskatalog mit rund 150 Seiten, Texten von Gabriele Diana Grawe und zahlreichen Fotos diverser Herkunft steht für 10 Euro zum Verkauf.