Mittwoch31. Dezember 2025

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Lust zu lesen„Die Lichter von Budapest“ von Oliver Diggelmann: Leichtes Spiel

Lust zu lesen / „Die Lichter von Budapest“ von Oliver Diggelmann: Leichtes Spiel
Oliver Diggelmann Foto: Franck Brüderli

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Szenen einer Ehe im Quadrat, mit und ohne Trauschein. Anatol und Sarah ziehen wegen ihrer Arbeit nach Budapest – der Stadt, „in der Denkmäler noch etwas mehr lügen als anderswo“ – und schließen sie enger mit Sarahs Kollege Colin und dessen Ehefrau Anna zusammen.

Beide Paare wirken ökonomisch betrachtet wie Spiegelbilder, nur dass in einem Fall Sarah diejenige ist, die das Geld nach Hause bringt und Anatol sich eher wie ein Anhängsel fühlt, auf das gut und gerne auch verzichtet werden könnte. Die internationale Kanzlei Dillon und Dillon hat in Ungarn eine Zweigstelle eröffnet, Sarah und Colin sollen dort die Geschäfte mit ihrer Expertise in Sachen europäisches Vergaberecht voranbringen.

Dass es sich dabei weniger um Geschäfte als vielmehr um Machenschaften handelt, bei denen es darum geht, EU-Gelder in die Kassen einer aufstrebenden rechtsgerichteten Partei umzulenken, lernt Anatol beim zufälligen Treffen mit einem Anwalt, für den man in der Budapester Dependance von Dillon und Dillon keine Verwendung mehr hat. Denn merke: „So kommen die Skandale in Ungarn ans Licht. Abgesägte Komplizen, verhinderte Trittbrettfahrer, rachsüchtige Geliebte. Unsere wichtigsten Zuträger!“, meint Starjournalist Borsody, an den sich Anatol wendet, als würde das tatsächlich so funktionieren, wie uns Hollywood-Filme weismachen wollen.

In der Natur des Menschen

Die Realität sieht anders aus. Und man muss dem Schweizer Autor Oliver Diggelmann hoch anrechnen, dass er in seinem Roman „Die Lichter von Budapest“ das nepotistische System, das Viktor Orban in Ungarn etabliert hat, nicht so darstellt, als wäre es ganz plötzlich, wie aus heiterem Himmel sozusagen, auf die Erde gefallen. Vielmehr baute es auf bereits vorhandene Strukturen auf und perfektionierte nur das Wechselspiel zwischen Zuckerbrot und Peitsche bzw. zwischen Anerkennung und Erpressung, in dem sich mittlerweile das ganze Land verzehrt. Wer nicht mitmachen will oder kann, wird aussortiert (wenn er nicht längst schon das Land verlassen hat). Und natürlich ist das, was in dem Roman beschrieben wird, keineswegs nur auf Ungarn unter Orban zutreffend, sondern kann als Blaupause für Gesellschaften geradezu allgemein gültig angesehen werden, in denen freie Wirtschaft mit möglichst wenig staatlichen Einschränkungen propagiert wird. Denn offenbar liegt es in der Natur des Menschen, zu betrügen, wenn man ihn lässt. Infolgedessen sollte man es ihm nicht allzu leicht machen.

Info

Oliver Diggelmann: „Die Lichter von Budapest“
Kröner Verlag/Edition Klöpfer, Stuttgart 2023
180 S., 22,00 Euro