Jeder Versuch, das neue Album von De Läb ohne Porno-Unterton einzuleiten, ist zum Scheitern verdammt. Dabei hat „Kale Bauer“ gar nichts mit Samenergüssen zu tun. Es ist vielmehr geistreicher Hip-Hop aus dem Minett, „rit an d’Gesit“.
Die Show
„De Läb“ stellen heute Abend in der Rockhal ihr neues Album „Kale Bauer“ vor. Einlass ist um 20.00 Uhr, die Show beginnt um 20.30 Uhr. Der Eintritt kostet 10 Euro. Neben einer Läbbel Session mit Maka Mc, BC One, Edel Weis, Dj Funkstarr & Dj Headmasta sind der Beatboxer Slizzer und Camu aus Österreich dabei.
„10 Reasons You Should Eat More kale Bauer Nutrition“: Selbst die Google-Suchresultate machen einem die pornofreie Besprechung des neuen De-Läb-Albums nicht einfach.
Sperma und Witz
Umso mehr entpuppt sich die Titelwahl als Bollwerk Luxemburger Kultur. Die meisten Teenies und Jugendlichen dürften unter „Kale Bauer“ lediglich einen frierenden Farmer verstehen. Dass sich jedoch dahinter ein charmanter altluxemburgischer Ausdruck versteckt, dessen Bedeutung sich rund um Sperma dreht, verrät viel über den Witz und die Anziehungskraft von De Läb.
Während Wutbürger, die ihre eigene Muttersprache nicht einmal richtig beherrschen, soziale Medien zugiften, zeigt die Hip-Hop-Kombo mit ihren luxemburgischen Songtexten über Vielfalt, Wirren und Sonderheiten des Großherzogtums, dass Lëtzebuergesch kein Instrument für Nationalisten ist. Es steht in der Läb-Welt nicht für den Rückzug ins Nationale, sondern für eine Rückbesinnung auf mehr Toleranz.
Lëtzebuergesch modern und weltoffen
Wer De Läb live gesehen hat, versteht, wie ein positiver Bezug zur eigenen Sprache und Kultur hergestellt werden kann, ohne dabei in die Patriotenschublade zu greifen. Es entfaltet sich auch kein bitterer Nachgeschmack von altbackener World Music.
„Kale Bauer“ wirkt demnach wie ein zweifaches Augenzwinkern: In Zeiten des Gangsta-Hochglanz-Raps könnte Sperma auf Luxemburgisch nicht unsexier klingen – und Lëtzebuergesch trotz Petitionshysterie nicht moderner und weltoffener.
„Wir wollen keine Moralapostel sein“
Das Album ist somit ein Sinnbild für die DNA des Hip-Hops aus dem Süden des Großherzogtums: „Et ass de Minett rit an d’Gesit“, lacht Corbi, der sich die zweideutige Anspielung nicht verkneifen kann. Seit Jahren thront er mit De Läb bissig, humorvoll und allürenfrei auf dem Luxemburger Hip-Hop-Olymp. Der „Zolwer Bouf“ hat gemeinsam mit david d. fluit und den Jungs aus der Band einen unverkennbaren Sound geschaffen.
Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die fünf an echter Musik festhalten und Corbi bereits während der Teeniejahre seine Begeisterung für Sampling entdeckte. All dies hört und spürt man auch auf „Kale Bauer“: Samples auf internationalem Niveau, teilweise schön vertrackt, aber zugänglich und geschmeidige Flows. De Läb sind echte Musiker, keine Möchtegern-Rapper. Und genauso echt ist ihre Begeisterung für den Süden.
„Ons Heemecht, Minett“
Alleine „Ons Heemecht, Minett“ hat so viele Anspielungen auf aktuelle und vergangene Minetter Institutionen, dass einem echten Minettsdapp beim Zuhören ein Dauergrinsen sicher ist. Mimmo, Quartier Italia, Villa Hadir, Why Not, Giedel, Grey-Träger, „geldgäile Lakshmi“ – De Läb verstehen es, alle Generationen anzusprechen.
Trotz guter Laune und Esprit verspürt man beim Hören der neuen Scheibe eine gewisse Nostalgie. „Ja, das stimmt. Der Minett hat sich verändert. Ab und zu erkenne ich ihn nicht wieder“, erzählt Corbi. So sei etwa die Café-Kultur am Aussterben. „Es bleiben noch der Pitcher, die Kulturfabrik und einige Cafés in Rümelingen. Das war es dann auch“, bedauert der MC.
Seitenhiebe und markige Sprüche
„Kale Bauer“ ist dennoch ein Album voller Lebensfreude, Kritik und endloser Seitenhiebe, die in markige Sprüche gepackt werden. Obschon die Band gnadenlos mit Luxemburgs Gesellschaft ins Gericht geht, gelingt es auch auf der dritten LP, politische Themen mit viel Fingerspitzengefühl zu streifen: „Wir wollen keine Moralapostel sein. Das wirkt aufgesetzt“, erklärt Corbi.
Genau dies gelingt De Läb auch seit dem ersten Album. Mit viel Selbstironie und -distanz werden mittlerweile die USA („De Monni Sam“), die Rap-Szene („E Pickel um Aarsch“, „Classic Material“) oder ganz einfach die Freiheit thematisiert:
„Dréck de Replayknapp,
a gënn dir de kale Bauer
Mir verkierpere Fräie Geescht esou wéi Flowerpower
Egal ob laang breet, séiss oder sauer
Eise Sound, dee schmaacht
souguer denger Schnauer“
(„Wuarm Gedanken“)
Ein besonderes Highlight auf dem Album ist das Feature der Hip-Hop-Ikone Craig G. Er schrieb unter anderem die Texte für die Freestyle-Szenen im Kultfilm „8 Mile“, der wegen seines Hauptdarstellers, dem Rapper Eminem, bis heute polarisiert. „Das ist etwas Besonderes für mich. Er war immer ein Vorbild für mich“, freut sich Corbi.
Selbst die Barbaren der Terrormiliz Islamischer Staat (IS, früher ISIS) werden, wenn auch nur im Titel, bei „Alles easis“ mit einem Augenzwinkern durch den Kakao gezogen. Das einmalige Video zum Track zeigt eine junge Frau, die, passend zu den Lyrics, orientierungslos herumgeistert.
Corbi und „Ma sécher dat“
Eigentlich sollte die Rolle von Roger Dahm gespielt werden. Bekannt wurde dieser Zeitgenosse vor allem wegen einer Doku, die ihn mit Zitaten wie „Ma sécher dat“ und „Do hunn ech schonn en Humpen erageknuppt“ zu spätem Ruhm verhalf.
Allerdings fand Dahms Ehefrau die Idee mit dem Video nicht so prickelnd. „Er war begeistert und direkt dabei. Seine Frau drohte ihm aber, sich scheiden zu lassen, sollte er mitmachen. Das war ein einziges Hin und Her“, erzählt ein amüsierter Corbi. Am Ende haben sie die Zusammenarbeit ruhen lassen. Dabei hätte die Ehefrau sich nur an den Lyrics orientieren müssen:
„An du frees, wat dann lass? Ma am fong ass alles easis.“
Hier das Video zu „Alles easis“
De Maart

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