Mittwoch5. November 2025

Demaart De Maart

PhilharmonieDas Phänomen des Klangs

Philharmonie / Das Phänomen des Klangs
Zweimal Mozart mit dem Mahler Chamber Orchestra und Mitsuko Ushida als Solistin Fotos: Philharmonie/Sébastien Grébille

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Klangbalance und eine gute Klangmischung sind essenziell für das Gelingen eines Konzertes. In den beiden Konzerten mit Mitsuko Ushida und dem Mahler Chamber Orchestra sowie dem Luxembourg Philharmonic unter Hans-Christoph Rademann konnte man erleben, wie schnell das schiefgehen kann, aber auch, wie wunderbar die Musik selbst von diesem Phänomen profitieren kann.

Auch in ihrem diesjährigen Gastspiel mit zwei Mozart-Klavierkonzerten konnte die sonst geniale Pianistin Mitsuko Ushida nur enttäuschen. Auf dem Programm standen die beiden Konzerte Nr. 18 KV 456 und Nr. 21 KV 467 – ja, das mit dem berühmten Schmuse-Andante. Seien wir ehrlich, das Klavierkonzert Nr. 18 gehört nicht zu Mozarts besten. Jedenfalls vermochte Ushida in keinem Moment, das Werk interessant zu gestalten. Sie hatte die schlechte Idee, den Steinway-Flügel komplett zu öffnen und ihn quasi direkt ins Orchester zu stellen. Das geht in einem kleinen Saal, aber nicht in einem riesigen Saal wie dem der Philharmonie. Somit blieben die Noten dünn, besaßen weder Substanz noch Relief noch Farbe. Ushida, die zudem als Dirigentin mit inkohärenten und hyperexpressiven Bewegungen mehr ruderte als dirigierte, gelang dann auch nicht, Klavier und Orchester auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Der Klang wollte und wollte sich nicht vermischen, das Orchester spielte unter Ushidas Leitung manieriert und viel zu kompakt.

Mitsuko Ushida: eine tolle Pianistin – aber das Dirigieren sollte sie bleiben lassen
Mitsuko Ushida: eine tolle Pianistin – aber das Dirigieren sollte sie bleiben lassen

Das Gleiche lässt sich auch über das Klavierkonzert Nr. 21 sagen. Sogar das an sich wunderbare Andante zerfiel unter einer akademischen Leitung und einem fehlenden Sinn für Proportionen und Klangsinnlichkeit. Mitsuko Ushidas Klavierspiel selbst ist immer noch beachtlich und wunderbar im Ausdruck. Aber das Dirigieren sollte sie doch bitte lassen.

Wenigstens mit dem kurzen Concerto grosso B-Dur op. 3/2 von Georg Friedrich Händel, das zwischen den beiden Konzerten gespielt wurde, konnte sich das Mahler Chamber Orchestra dann wenigstens etwas zurückkaufen. Hier hatte nun der Konzertmeister José Maria Blumenschein die Leitung übernommen und plötzlich wurde die Musik spannend und dynamisch, sie atmete und entwickelte sich in einem wunderbaren Klang. Allerdings war das knapp zwölf Minuten dauernde Werk zu wenig, um die enttäuschenden Interpretationen der beiden Mozart-Konzerte wettzumachen.

Spannend und dynamisch dargeboten: Händels Concerto Grosso B-Dur op. 3/2
Spannend und dynamisch dargeboten: Händels Concerto Grosso B-Dur op. 3/2

Rademanns markanter Brahms

Welche Klangmagie dann zwei Abende später, wo das Deutsche Requiem von Johannes Brahms gespielt wurde! Dies mit dem Luxembourg Philharmonic und der Gaechinger Cantorey. Dirigiert wurde das Ganze von Hans-Christoph Rademann, dem Leiter des Orchesters und Chores der Gaechinger Cantorey und direkter Nachfolger des legendären Helmut Rilling. Mit seinen Ensembles nimmt Rademann zurzeit einen Kantaten-Zyklus von Bach auf, der von erlesenster Qualität ist.

Rademann kommt aus der historisch informierten Ecke und das merkte man auch dem Spiel unseres Orchesters an. Wenig Vibrato, harte Akzente, kerniger Korpus. Also kein Brahms zum Dahinschmelzen, sondern eine Aufführung, die von orchestraler Substanz und einem gesunden und markanten Klang lebte. Und schön zu hören, wie schnell sich unser Orchester nun auch diesem Interpretationsstil anpassen und dabei hochkarätig spielen kann. Großartig natürlich der Gesang der Gaechinger Cantorey, die sich in diesem Bereich als einer der wohl besten europäischen Chöre bewies. Rademann hatte seinen Chor bestens im Griff, der in jedem Moment klangschön und wunderbar homogen phrasiert und dabei äußerst präzise intoniert und singt. Besonders fiel natürlich auf, wie hervorragend der Dirigent es verstand, beide Ensembles zu einem Klang zusammenzufügen, und wie ihm dabei eine ergreifende Interpretation von Brahms’ Requiem voller Zartheit und Liebe, aber auch voller Klangwucht und Dramatik gelang.

Zwei exzellente Solisten krönten diese außergewöhnlich dichte Aufführung: Der Bariton Konstantin Krimmel begeisterte mit einem warm strömenden Gesang, während der helle und engelsgleiche Sopran von Katharina Konrardi an legendäre Größen wie Gundula Janowitz oder Lucia Popp erinnerte.

Beschwingte Strauß-Gala

Alle Jahre wieder spielen Kendlinger’s K&K Philharmoniker „ihren“ Strauß und wie in jedem Jahr ist der Saal gerammelt voll. Es ist wie ein verspätetes, aber durchaus willkommenes Neujahrskonzert, wenn das mit ukrainischen Musikern besetzte Orchester in Luxemburg gastiert. Auch diesmal hat man wieder eine Mammut-Tour vor sich. Unter drei verschiedenen Dirigenten gastieren die K&K Philharmoniker samt sechs Tänzern und Tänzerinnen in über 40 Städten. Und in diesem Jahr, wo wir den 200. Geburtstag von Johann Strauß (Sohn) feiern, war natürlich das ganze Programm auf die Musik des Walzerkönigs abgestimmt.

Wie jedes Jahr bei der Wiener Johann-Strauß-Konzertgala war auch diesmal der große Saal der Philharmonie bis auf den letzten Platz besetzt. Und das Publikum erlebte ein Orchester, das sich in Hochform befand und sich auch sichtlich verjüngt hatte. Viele junge Musiker und Musikerinnen spielten unter der Leitung ihres Chefdirigenten und Gründers Matthias Georg Kendlinger, der auf charmante Weise ebenfalls durchs Programm führte. In diesem abwechslungsreichen Gala-Konzert erklangen die Ouvertüren zu Waldmeister (von Johann Strauß II) und Leichte Kavallerie (von Franz von Suppé), bekannte und weniger bekannte Märsche, Polkas und Walzer, zudem die vergnügliche Künstler-Quadrille, mit ihren vielen musikalischen Zitaten, und der Csardas aus Strauß‘ einziger Oper Ritter Pasman.

Mit drei großzügigen Zugaben, bei denen der Walzer aller Walzer An der schönen blauen Donau und der Radetzki-Marsch nicht fehlen durften, bedankten sich Matthias Georg Kendlinger und seine locker und präzise aufspielenden K&K Philharmoniker für die Standing Ovations. Ein weiteres Konzert mit den K&K Philharmonikern findet am 2. Mai in der Philharmonie statt. Diesmal dann nicht mit der Musik der Strauß-Dynastie, sondern mit (Chor-)Werken von Giuseppe Verdi und Matthias Georg Kendlinger.