Dienstag23. Dezember 2025

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KinoDarum fehlt es „Mickey 17“ mit Robert Pattinson im Doppelpack an Biss

Kino / Darum fehlt es „Mickey 17“ mit Robert Pattinson im Doppelpack an Biss
Robert Pattinson in einer Doppelrolle als Mickey 17 (r.) und Mickey 18 in einer Szene des Films „Mickey 17“ Foto: Warner Bros./dpa

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In „Mickey 17“ schickt der südkoreanische Regisseur Bong Joon-ho den Hollywoodstar Robert Pattinson ins All: In einer Mischung aus „Groundhog Day“ (1993) und „Edge of Tomorrow“ (2014) will Bong eine mainstreamfähige sozialistische Gesellschaftsallegorie formen, bleibt dabei aber hinter seinen Vorgängerfilmen zurück.

Seine sozialistische Haltung bestimmt Bong Joon-hoos Werk maßgeblich, man denke da nur an den international gepriesenen „Parasite“ (2019). Auch das Setting in „Snowpiercer“ (2011) war unmissverständlich als eine Metapher für das Ungleichgewicht der sozialen Verhältnisse angelegt und freilich kann man hinter diesen Erzählungen noch die Ausführungen von Karl Marx und Friedrich Engels erkennen, die im kommunistischen Manifest dargelegt werden: „Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaften ist die Geschichte von Klassenkämpfen.“ Den Klassenkampf schilderte Bong Joon-ho in Form der Allegorie, das allegorische Erzählen machte die Verhältnisse transparent – der Zug in „Snowpiercer“, die zweigeteilte Welt aus „oben“ und „unten“ in dem Luxusfamilienhaus in „Parasite“. Mit „Mickey 17“ versucht Boo nun, an diese Leitideen anzuknüpfen und mit den mainstreamfähigen Aspekten des Spektakels breiter zugänglich zu machen.

Die Science-Fiction-Komödie, basierend auf dem Roman des amerikanischen Autors Edward Ashton, setzt Mickey Barnes (Robert Pattinson) ins Zentrum des Geschehens, der sich für eine Weltraummission einschreibt, nur um auf der Erde einem Gläubiger zu entkommen, bei dem er Schulden hat. Mickey wird zum „Expendable“, der im Zuge der Weltraumkolonisation für besonders riskante Aufträge auf dem Planeten Niflheim, auf dem es von ungeheuerlichen Kreaturen nur so wimmelt, engagiert wird. In einer fernen Zukunft nämlich ermöglicht ein biologischer 3D-Drucker ein menschliches Replikat, das aus organischen Abfällen und den entsprechenden genetischen Informationen gewonnen wird. Das Zukunftsmodell bietet eine reproduktive Endlosschleife, die unschwer von der Ausbeutung des Menschen erzählt, eine Ausbeutung, die weit über den Tod hinausgeht. Kommt ein „Expendable“ ums Leben, kann er sofort neu „ausgedruckt“ werden. Seine Bewusstseins- und Erinnerungsdaten aus den Vorgängermodellen werden dabei einfach übertragen. Als jedoch versehentlich ein Klon von Mickey geschaffen wird, während dieser noch am Leben ist, hat das Experiment ungeahnte Folgen …

Parodie auf Trump und Musk

Nach „Snowpiercer“ und „Parasite“, zwei geistreichen Beiträgen zur gegenwärtigen Gesellschaftsanalyse, bleibt „Mickey 17“ in dieser Hinsicht erstaunlicherweise zitathaft. „Snowpiercer“ war ein mustergültiges Beispiel für gelungene Science-Fiction, ein Beispiel, das gekonnt darlegte, dass das Genre der Übernatürlichkeit besonders auf die Präsentation ausgelegt ist, weniger auf Kriterien der Plausibilität. Die Stringenz der Handlung, die Begrenzung auf die reinsten Formen des Innenraums, die Ausdrucksstärke des Dekors, der Requisiten und der Maske, all dies setzte Bong in seinem Film noch immersionsgerichtet ein, sodass der Zuschauer sich der Sogkraft der diegetischen Welt nicht mehr entziehen konnte. Die komödiantischen Aspekte nun übernimmt der südkoreanische Filmemacher aus „Groundhog Day“ (1993) und „Edge of Tomorrow“ (2014), formt sie ins Grotesk-Widerwärtige in der Figur des Kenneth Marshall. Er ist der egomanische Politiker, der die gesamte Operation leitet und Mark Ruffalos Darstellung dieses Oligarchen ist eine unmissverständliche Parodie auf Gestalten wie Donald Trump oder noch Elon Musk.

Die schauspielerische Interpretation gewinnt aber keine wahre Brisanz in der Nachahmung, denn die Wirklichkeit hat die Ebene der Parodie längst erreicht. „Mickey 17“ bietet spannende Prämissen – etwa die grenzenlose Ausbeutung der Arbeiterschaft, die Kommentare zur rechten Klimapolitik, die gegenwärtige antifeministische Familienpolitik der Vereinigten Staaten aus dem republikanischen Lager – indes: All dies bleibt thesenhaft, zu sehr fehlt es Bongs neuer Satire an Biss, an der Schärfe der Aussagen, die er zugunsten von CGI-Monstren aufgibt.