Neuer Film von Bertrand Mandico„Conann“, eine Zusammenarbeit mit „Les films fauves“

Neuer Film von Bertrand Mandico / „Conann“, eine Zusammenarbeit mit „Les films fauves“
 Foto: Les films fauves

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Ein amoralisches und gleichzeitig geschmackvolles Spektakel verspricht Höllenhund Rainer der alternden Titelheldin zu Beginn von Bertrand Mandicos neuem Spielfilm. Eine Zeitreise zurück und durch die verschiedensten Lebensetappen von Conann, die von Kindesbeinen an den steinernen – und vor allem eisernen – Weg zum Barbarentum gegangen ist. Die Reise geht von der Antike in die New Yorker Bronx der 1990er und dann ganz woanders wieder und immer wieder zurück in die Unterwelt. Was wohl Arnold Schwarzenegger dazu sagen würde?

Sechs Leben verstecken sich im Leben von Conann. Grund genug für Filmemacher Bertrand Mandico, sechs Schauspielerinnen in die Rolle schlüpfen zu lassen – sprich Claire Duburcq, Christa Théret, Sandra Parfait, Agata Buzek, Nathalie Richard und Françoise Brion. Wie der Zufall es eingerichtet zu haben will, wird in wenigen Tagen Quentin Dupieux tatsächlich wieder einmal mit einem Film im Kino zu sehen sein. Und auch in „Daaaaaalí!“ werden sechs Spieler den Surrealismus-Künstler verkörpern. Was die beiden Filmemacher aber sonst noch verbindet, sind ihre ganz eigensinnigen künstlerischen Handschriften, derer es im zeitgenössischen französischen Kino überraschend wenig gibt, wenn wir einmal ganz ehrlich sind.

Die junge Conann wird zu Beginn ihrer Lebensretrospektive Zeugin des Mordes an ihrer Mutter durch die Schwesternschaft von Barbarinnen, mit an ihrer Spitze Sanja La Rouge. Mandicos Heldin schwört blutige Rache, wird jedoch kurze Zeit später selbst umgenietet. Von ihrer selbst. Nur zehn Jahre älter. Diese neue Verkörperung findet sich jedoch in den Armen der rothaarigen Mörderin wieder und bezieht mit ihr eine kleine Wohnung in der New Yorker Bronx der neon-beleuchteten 1990er. Unabhängig von Location in der Weltgeschichte oder Verkörperung und Alter Conanns steht ihr dabei ein treuer, wenn auch auf den ersten Augenblick durchaus aggressiver Rainer zur Seite. Rainer steht vor allem auch dem Zuschauer zur Seite, ist ein Hybridwesen aus dem Höllenhund Kerberos und Rainer Werner Fassbinder und hat sich seinen Vornamen stolz auf die Lederjacke stechen gelassen. Bertrand Mandicos langjährige Kollaborateurin Elina Löwensohn versteckt sich hinter der Hundefratze, die Conann durch die Lebensetappen bringt.

„Coming of life“-Geschichte

Der gestählte Körper Arnold Schwarzeneggers war lange Zeit die Inkarnation des Barbaren Conan im Film von John Milius. Bertrand Mandico interessiert sich 40 Jahre später für die Barbarei à la féminin und zieht sie noch konsequenter durch den Pulp-Wolf, in dem „Conan, the Barbarian“ in den 1930ern und in der Vorstellung von Robert E. Howard entstanden ist. Fetischisierte und queere Trash-Ästhetik sind das A und O von Mandicos Art, Filme zu machen. Oder, um es anders auszudrücken: Naturalismus ist nicht Teil seiner künstlerischen Besessenheit. Frauenfiguren fernab von Stereotypen und Klischees kennzeichnen seinen kinematografischen Weg und Schauspielerin Elina Löwensohn ist maßgeblich daran beteiligt.

Conann ist vielleicht weniger eine „coming of age“ als eine „coming of life“-Geschichte, in der der Weg zur Barbarei der Schlüssel für ein erfülltes Leben ist und mit der die verpassten Chancen, die verloren gegangenen Begegnungen und Lieben und Leichen besser auszuhalten sind. Conann kann so gelesen werden, muss es aber nicht. Mandico subvertiert seit jeher Genre-Erwartungen und (pop)kulturelle Codes, derer er sich bedient. Hier liegt eine Klaus-Nomi-Platte bei Conann in der Bronx auf dem Sofa, gegen Ende wird Peter Greenaways „The Cook, The Thief, His Wife and Her Lover“ ganz frontal zitiert, dann erkennt man in einer Conann Charlotte Rampling aus Liliana Cavanis „Il portiere di notte“, dann haut griechische Mythologie auf Mad Max und natürlich ganz viel Glitzer und Schweiß und Blut. Es ist so aufgeladen, dass man vielem kaum folgen kann.

 Foto: Les films fauves

Natürlich ist der Pastiche-Faktor auf 11 hochgeschraubt, aber Mandico gelingt es, ein filmisches Universum zu erschaffen, welches ganz klar seines ist und in dem man trotz abstruser Geschöpfe und gewalttätiger, anrüchiger – die Distinktion ist oftmals nicht zu machen – Situationen eigentlich ganz gut viben könnte. Ohne notgedrungen MDMA schlucken zu müssen. Die Welt ist die Droge und Mandico mag seine Figuren und Protagonistinnen. Bertrand Mandico gibt einem fast schon nostalgischen Affekt für experimentelles Kino eine Plattform, die aus der Zeit und zeitlos zu sein scheint. Und experimentiert hat er mit u.a. der luxemburgischen Produktionsfirma „Les films fauves“ in den Studios des … ehemaligen Arbed-Geländes von Esch-Schifflingen. Mosaik-ähnlich ließ er seine Sets mit dem Interieur der Hallen zu einem werden und drehte Conann und seine filmischen Derivate, inklusive VR-Film vor Ort. Menschen, die mit Mandicos Werk bisweilen nichts anzufangen wussten, werden auch hier „d’Läpper hänke loossen“, aber Neuankömmlingen sei versprochen, dass trotz genereller Überforderung der Sinne eine Menge Spaß auf sie wartet.

Aktuell im Ciné Utopia und den Regionalkinos von Cinextdoor zu sehen.