11. Dezember 2025 - 10.38 Uhr
Alain spannt den BogenBenefiz-Event mit Nikola Meeuwsen und Klavierkonzert von Grigori Sokolov begeistern in der Luxemburger Philharmonie
Im bereits 49. Benefiz-Konzert des Luxemburg Philharmonic für SOS Villages d’enfants Monde konnte das zahlreich erschienene Publikum ein wirkliches Ausnahme-Konzert erleben. Solche Gala-Konzerte sind im Allgemeinen ja nicht immer Garant für erstklassige Interpretationen, aber diesmal konnte man sich über die hochkarätigen Interpretationen nur freuen.
Für dieses Gala-Konzert hatte man wieder den Gewinner des Concours Reine-Elisabeth 2025 eingeladen. Diesmal war es der holländische Pianist Nikola Meeuwsen. Und der begeisterte in jeder Hinsicht. Ein Blick auf die Liste der Reine-Elisabeth-Gewinner zeigt, dass kaum einer dieser Musiker der letzten 15 Jahre sich wirklich international durchsetzen konnte, und jene, die wir hier gehört hatten, waren ohne Zweifel sehr gut, aber ihnen fehlte in meinen Augen das gewisse Etwas. Und genau das besitzt der 23-jährige Nikola Meeuwsen, der sein phänomenales Talent in Prokofiews 2. Klavierkonzert unter Beweis stellte.
Zwei unterschiedliche Höhenflüge mit Meeuwsen und Sokolov
Hier ging kein auf reine Virtuosität getrimmter Pianist zu Werke, hier erlebte man einen vollendeten Interpreten, der der Musik in jedem Moment gerecht wurde und sie intuitiv richtig interpretierte. Sicher gab es virtuose Momente, aber diese waren wohldosiert, sodass genug Raum für Feinschliff, Farben und Nuancen blieb. Exzellent das Zusammenspiel mit dem Luxembourg Philharmonic, das unter der Leitung von Riccardo Minasi zu Höchstform auflief. Minasis zügiges, aber sehr solistenfreundliches Dirigat ließ Meeuwsen den Vortritt und somit genug Raum, sein tolles Spiel zu entwickeln.

Für den verdienten Applaus bedankte sich Nikola Meeuwsen mit einer wundervoll interpretierten Bagatelle von Ludwig van Beethoven und schlug damit eine Brücke zum zweiten Konzertteil. Minasi ist ja ein Dirigent, der von der historischen Aufführungspraxis herkommt, und so wunderte es nicht, dass er Beethovens 6. Symphonie Pastorale ziemlich schnell und mit vielen harten Akzenten nahm, ohne aber dabei den musikalischen Fluss und die wunderbaren Farbstimmungen dieser Natursymphonie zu stören. Mit dem rasanten Kopfsatz wurde das Konzept Minasis schnell deutlich; klassische Präzision, reduziertes Vibrato und ein eigener Duktus bestimmten die Entwicklung dieser Symphonie, die von den Musikern des Luxembourg Philharmonic mit viel Spielfreude interpretiert wurde.
Das Gewitter, oft zu spektakulär von den Dirigenten inszeniert, blieb auch hier aktzentreich, aber trotzdem homogen in das musikalische Geschehen und einen natürlichen Atem eingebettet. Die Erstklassigkeit dieser beiden Interpretationen ließ die Drittklassigkeit des störungsfreudigen Publikums wenigstens etwas vergessen. Beim nächsten Benefiz-Konzert könnte man vielleicht in der Begrüßungsrede nur ganz kurz darauf hinweisen, dass zwischen den Sätzen (oder für manche besser zu verstehen: Liedern) nicht geklatscht wird. Und dass man am Schluss des Werkes nicht zu zischen braucht, wenn dann endlich einmal an richtiger Stelle applaudiert wird.
Eine Legende am Klavier
Alle Jahre wieder kehrt er am Jahresende in die Philharmonie zurück, um seinem treuen Publikum jedes Mal ein einmaliges Konzerterlebnis zu schenken. Kaum ein anderer Pianist ist so begehrt und beliebt wie Grigori Sokolov, obwohl der russische Pianist in seinen Konzerten keinen wirklichen Kontakt zum Publikum besitzt. Sokolov kommt, verneigt sich und spielt. Zwischen den einzelnen Werken macht er keine Pause, jede Konzerthälfte wird also bis zum Schluss durchgespielt. Am vergangenen Sonntag gastierte der Meister mit Werken von Ludwig van Beethoven und Johannes Brahms im restlos ausverkauften großen Saal der Philharmonie Luxemburg. Erstaunlicherweise gab es, im Gegensatz zu seinen vorherigen Konzerten, viele Störer im Publikum, die zwischenklatschten oder hemmungslos und meistens sehr laut husteten, dies natürlich hauptsächlich an den langsamen und leisen Stellen. Sokolov scheint aber während seines Spiels in seiner eigenen musikalischen Welt zu leben und ließ sich von dem unangenehmen Lärm nicht stören.

Das Programm, das er mitgebracht hatte, war schon anspruchsvoll. Beethovens frühe Klaviersonate Nr. 4 ist kein Werk, das man auf die leichte Schulter nehmen kann. Diese „Grande Sonate“ aus dem Jahre 1797 ist viersätzig und sollte bis zur Hammerklaviersonate op. 106 die einzige Sonate derartiger Ausmaße bleiben. Grigori Sokolov war sich des Charakters dieser Sonate wohl bewusst, spielte das Werk aber ohne großes Gehabe. Wie immer vertraut der Pianist ausschließlich auf die Musik, sodass man sich bei ihm erst gar nicht um „Interpretation“ kümmern muss. Sokolovs Spiel, und das macht wohl sein Genie aus, scheint in jedem Moment unaufdringlich, ehrlich, faszinierend und vor allem hundertprozentig richtig. Ein Pianist, der ganz hinter die Musik zurücktritt. Und das tat dann auch den Sechs Bagatellen op. 126 von 1824 sehr gut. Sokolov zeigte durch seine einmalige Kunst, welch großartige Miniaturen diese Werke doch sind.
Hochkonzentriert, wohldosiert und sehr expressiv vermitteln sie das Wesentliche. Und diese Vermittlung gelang Sokolov aufs Exempel. Mit den Vier Balladen op. 10 und den zwei Rhapsodien op. 79 von Johannes Brahms betrat Sokolov dann eine ganz andere Welt.
Nach der klassischen Strenge Beethovens stand nun wohldosierte Expressivität im Mittelpunkt. Sokolov konnte auf geniale Weise diese oft feinen Emotionen mit einem durchaus dramatischen, narrativen Charakter kombinieren, dadurch blieben auch hier keine musikalischen Wünsche offen. Wie gesagt, Sokolov ist kein Musiker der großen Gesten oder des feinen Zaubers, er ist ein Pianist, der in jedem Moment den Kern und das Wesen der Musik erkennt und es seinem Publikum nahebringt. Dass das selbst bei komplexen Programmen funktioniert, das zeigte die Reaktion des Publikums an diesem Abend. Standing Ovations und rauschender Applaus für die lebende Legende Sokolov, und für das Publikum gab es fünf Mazurken von Chopin und einen Satz aus der G-Dur-Suite von Rameau obendrauf.
De Maart
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